Roglic verliert die Tour an La Planche des Belles Filles

Pogacar tauscht das Weiße gegen das Gelbe Trikot

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Tadej Pogacar (UAE - Team Emirates) wird die 107. Tour de France gewinnen. | Foto: Cor Vos

19.09.2020  |  (rsn) - Tadej Pogacar (UAE - Team Emirates) hat das schier Unmögliche möglich gemacht und sich am vorletzten Tag der Tour de France ins Gelbe Trikot katapultiert. Im Zeitfahren der 20. Etappe hinauf zur La Planche des Belles Filles siegte der Slowene deutlich mit je 1:21 Minuten Vorsprung auf Tom Dumoulin (Jumbo - Visma) und Richie Porte (Trek – Segafredo) und verwandelte die 57 Sekunden Rückstand, die er in der Gesamtwertung gegenüber Primoz Roglic (Jumbo - Visma) hatte, in einen Vorsprung von 59 Sekunden auf seinen Landsmann.

“Ich realisiere es noch nicht. Es ist einfach unglaublich. Am Start war ich zufrieden mit meinem zweiten Platz. Ich habe heute Morgen mein weißes Fahrrad für morgen angeschaut und es war richtig schön. Jetzt werde ich sogar ein gelbes haben“, kommentierte Tour-Debütant Pogacar seinen Parforceritt über 36,2 Kilometer.

Bis zum zweiten Messpunkt und dem Beginn des Anstiegs zur La Planche des Belles Filles war die Welt für Roglic noch einigermaßen in Ordnung. Zwar hatte der ehemalige Skispringer zwar dort schon 36 Sekunden auf Pogacar verloren, doch mit einem soliden Finale hätte er sein Gelbes Trikot noch behaupten können. Doch es kam anders. Der 30-jährige ging im sagenumwobenen, bis zu 20 Prozent steilen Schlussanstieg hinauf auf 1.035 Meter regelrecht ein. Schon seit 2012 hatte der Berg in den Vogesen prominente Opfer gefordert, aber auch Tour-Helden geboren.

Roglic verliert an einem schwarzen Tag sein Gelbes Trikot

Nun verlor der Top-Favorit Roglic hier eine Tour de France, die er bisher so eindrucksvoll dominiert hatte. “Ich habe offensichtlich nicht genug gepusht. So ist es. Am Ende kann ich dennoch mit dem Resultat und dem Rennen, das wir gezeigt haben, zufrieden sein“, sagte der Jumbo-Visma-Kapitän, der im Ziel zunächst ebenso erschöpft wie enttäuscht auf dem Boden kauerte, ehe er dann aber zu Pogacar ging, um diesem zum Toursieg zu gratulieren. Der hätte nicht mehr mit einem solchen Ausgang gerechnet: “Roglic sah richtig gut aus während der ganzen Tour. Heute hatte er einen schlechten Tag. Ich habe es nicht geglaubt, bis ich im Ziel war und ich sah, dass ich das Rennen gewonnen hatte“, fügte Pogacar an.

Hinter den beiden Slowenen konnte sich Richie Porte (Trek - Segafredo) noch auf Rang drei der Gesamtwertung verbessern. Der 35-jährige Australier nutzte dabei seine wohl letzte Chance als Team-Kapitän in einer GrandTour. “Jetzt mit einer Podiumsplatzierung nach Hause zu fahren, ist absolut unglaublich. Ich werde ab jetzt immer dieses Foto an meiner Wand haben, wo ich mit zwei anderen großen Champions stehe. Ein Traum wurde war“, sagte Porte, dessen Rückstand auf das Gelbe Trikot 3:30 Minuten beträgt.

Der erst 21-jährige Pogacar ist der Abräumer der diesjährigen Tour de France: Mit seinem Sturmlauf hinauf zur Planche des Belles Filles feierte er nicht nur seinen dritten Etappensieg feiern, sondern wird sich neben der Gesamt- und Nachwuchs- auch noch die Bergwertung sichern. Auch die Sprintwertung ist so gut wie entschieden, denn Sam Bennett (Deceuninck - Quick – Step) liegt hier 55 Punkte vor Peter Sagan (Bora - hansgrohe), der erstmals in seiner Karriere nicht im Grünen Trikot Paris erreichen wird.

Wie erwartet spielten die deutschen Starter keine Rolle im Kampf um den vorletzten Etappensieg. Maximilian Schachmann (Bora - hansgrohe) war bei 3:59 Minuten Rückstand gegenüber Pogacar auf Platz 17 bester Deutscher.

So lief das Rennen:

Das abschließende Zeitfahren der 107. Tour de France hatte es in sich. Während sich auf den ersten 30 Kilometer noch die Spezialisten wohlfühlen durften, kamen danach an der Planche des Belles Filles die Kletterer zum Zug. 5,9 Kilometer bei im Schnitt 8,5 Prozent Steigung, mit Maximalwerten von 20 Prozent auf dem Schlusskilometer, brachten die noch 146 Fahrer am vorletzten Tag der Tour an ihre Grenzen.

Pünktlich um 13 Uhr eröffnete Roger Kluge (Lotto Soudal) den Kampf gegen die Uhr. Für die 36 Kilometer lange Strecke benötigte der Deutsche 1:04:25 Stunden. Die Führung des Berliners währte allerdings nicht lange: Kurz darauf unterbot Maxime Chevalier (B&B Hotels - Vital Concept), der jüngste aller Tourstarter, die Zeit des Deutschen um gleich 2:28 Minuten. Nils Politt (Israel Start - Up Nation) näherte sich anschließend als erster mit 1:00:59 Stunden knapp der Ein-Stunden-Marke.

Doch auch seine Führung hielt nur kurz: Rémi Cavagna (Deceuninck - Quick - Step), der einen Tag zuvor noch die halbe Etappe als Solist allein an der Spitze verbracht hatte, unterbot die Marke des Hürthers deutlich. Seine Zeit von 57:54 Minuten sicherte dem Französischen Zeitfahrmeister bis zu den Top-Favoriten den Platz im Hotseat.

Pinots Gänsehautfahrt durch Mélisey

Für Gänsehaut sorgte die Fahrt von Lokalmatador Thibaut Pinot (Groupama - FDJ). Die Route führte durch Mélisey, die Heimatstadt des Franzosen. Hunderte Fans standen an der Strecke Spalier und feuerten den 30-jährigen in extra für diesen Tag entworfenen Fan-Shirts an. Letztlich wurde Pinot, für den diese Tour enttäuschend verlief, mit 1:00:04 Stunden Neunzehnter.

Einen neuen Meilenstein im Kampf um den Etappensieg setzte Van Aert. Der Belgische Zeitfahrmeister unterbot die Zeit von Cavagna um 28 Sekunden, nachdem er an der ersten Zwischenzeit noch deutlich hinter dem Franzosen gelegen hatte. Doch sein Mannschaftskollege Dumoulin verbesserte mit einem starken Auftritt Van Aerts 57:26 Minuten um zehn Sekunden und setze sich an die Spitze der Tageswertung.

Carapaz verliert sein Bergtrikot gegen Pogacar

Den Kampf um das Gepunktete Trikot eröffnete Carapaz um 16.50 Uhr. Für ihn ging das Rennen allerdings erst am Fuße der La Planche des Belles Filles so richtig los. Die noch zu vergebenen zehn Bergpunkte wurden nämlich einzig nach den Zeiten im Schlussanstieg vergeben. Doch der Ecuadorianer war nicht stark genug: Während Carapaz als siebtschnellster den Berg erklomm und somit keine Punkte sammeln konnte, schnappte sich Pogacar quasi im Vorbeijagen die Maximalpunktzahl (zehn) somit auch noch die Bergwertung.

Das Duell um die Gesamtwertung hatte um 17.12 Uhr mit dem Start von Pogacar, dem zwei Minuten später Roglic folgte, begonnen. Der Träger des Weißen Trikots hatte einen Rückstand von 57 Sekunden aufzuholen. Auf den ersten 14,4 Kilometern verringerte er den bereits um 13 Sekunden. Bis zur zweiten Zeitnahme am Fuße der La Planche des Belles Filles büßte Roglic weitere 23 Sekunden auf seinen neun Jahre jüngeren Landsmann ein. Kurz darauf tauschten beide Fahrer am Beginn des Schlussanstiegs ihre Zeitfahrmaschinen gegen Straßenräder ein, wobei der Wechsel bei Pogacar reibungsloser vonstatten ging.

Das Meisterstück des Tadej Pogacar

Nun wurde es dramatisch: In der folgenden Steigung verlor der Mann in Gelb Sekunde um Sekunde. Schon 3,9 Kilometer vor dem Ziel lag Pogacar virtuell vorne und baute seinen Vorsprung gegen den verzweifelt kämpfenden Roglic immer weiter aus, bis auf schließlich unglaubliche 1:56 Minuten in der Tageswertung und 59 Sekunden im Gesamtklassement. Mit der Zeit von 55:55 Minuten pulverisierte Pogacar schließlich auch noch Dumoulins Bestmarke, der im Gegensatz zu den meisten der Favoriten mit seiner Zeitfahrmaschine den Berg in Angriff genommen hatte.

Auch in den Kampf um Platz drei kam noch ordentlich Bewegung: Lopez büßte vom ersten Kilometer Zeit ein und wurde schon 17,5 Kilometer vor dem Ziel vom zwei Minuten später gestarteten Porte eingeholt. Der Australier schnappte sich später neben dem dritten Platz in der Tageswertung auch den dritten Platz im Gesamtklassement und wird damit neben den beiden Slowenen am Sonntag in Paris auf dem Podium stehen.

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