Tagebuch von der Tour de la Guadeloupe

Aus unersichtlichen Gründen im Temporausch

Von Marcel Peschges

Foto zu dem Text "Aus unersichtlichen Gründen im Temporausch"
Marcel Peschges (Embrace The World) | Foto: Embrace The World

26.10.2021  |  (rsn) - Nachdem Julian Hellmann an den letzten beiden Tagen das Rennen aus der vorderen Perspektive schildern durfte, bin ich heute an der Reihe und kann aus verschiedensten Blickwinkeln berichten. Ich bin Marcel Peschges, bereits das dritte Mal bei der Tour de la Guadeloupe und berichte heute von der 3. Etappe.

Nach meinem Sturz auf der 1. Etappe ist eine Rippe rechts von der Wirbelsäure geprellt und das machte sich, ähnlich wie gestern, direkt am Start bemerkbar. Schnell befand ich mich im kleinsten Gang, um irgendwie die ersten Anstiege hinauf zu kommen. An Aufstehen oder über Kraft einen dicken Gang hinauf drücken war mit der Verletzung leider nicht zu denken. Glücklicherweise waren die Anstiege nie besonders lang, wodurch ich in den Abfahrten oder im Flachen aus der Begleitwagenkolonne heraus wieder aufschließen konnte.

Von den ersten 70 Kilometern kann ich leider nicht viel vom Rennverlauf an der Spitze berichten, allerdings war das Tempo meist moderat, und bis auf einige Attacken, bei denen meine Teamkollegen wachsam waren, wurde keine rennentscheidende Situation herbeigeführt.

Sebastian Beyer nutzte ein Flachstück, um Flaschen zu holen, was sich allerdings als ungünstig herausstellte, da sich das Feld gerade aus unersichtlichen Gründen im Temporausch befand. Beim Überreichen meiner Flasche versuchte er mir etwas mitzuteilen und gab mir eine Flasche mehr, als ich benötigte. Speziell im Flachen machte sich meine Verletzung kaum bemerkbar, wodurch ich meine Teamkollegen an der Spitze besuchen und die Flasche loswerden wollte. Heiko Homrighausen war der erste ETW-Fahrer, den ich nach Sebastian zu Gesicht bekam. Leider war Sebastian an ihn schon zwei Flaschen losgeworden.

Wenige Sekunden später kam ein einheimischer Fahrer an mir vorbeigeschossen, in dessen Windschatten ich mich begab, um weiter nach vorne zu fahren. Als wir mit Vollspeed an all meinen anderen Teamkollegen vorbeiflogen, war mir klar, dass der einheimische Fahrer nicht bloß im Feld nach vorne fahren, sondern eine Spitzengruppe ins Leben rufen wollte. Dies geschah dann auch, was mich anfangs noch erfreute, da die Gruppe zunächst klein und ohne Gefahr für Julians Gesamtwertungsplatz war.

Die Gruppe harmonierte aber nicht, wodurch einige Fahrer aufschließen konnten, die sich vorne in der Gesamtwertung befanden. Dass genau diese Fahrer die Tempoarbeit verweigerten ließ mich glauben, dass diese Gruppe wieder eingeholt werden würde und ich beschloss, eine frühe Flucht allein zu wagen. Die ersten 20 der noch restlichen 60 Kilometer verflogen dank Rückenwind und nur wenigen Höhenmetern wie im Fluge. Schnell war eine Minute zwischen mir und den Verfolgern und unser Teamauto konnte vorfahren.

(Teamchef) Micha Glowatzki versorgte mich neben Getränken mit den wichtigsten Renninfos, die leider nicht perfekt für uns waren. Der Abstand zum Hauptfeld war so groß geworden, dass wir in der Gesamtwertung einige Plätze verlieren würden und durch Gegenwind und einigen Anstiegen, bei denen ich ähnlich große Probleme wie bereits am Anfang der Etappe bekommen sollte, waren die Siegchancen verschwindet gering.

Ich versuchte mich so lang wie möglich vorne zu halten, wurde allerdings bereits 30 Kilometer vor Ziel eingeholt und an fast jeder Welle abgehängt. Bis zehn Kilometer vor Ziel schaffte ich es, im Flachen und bergab immer wieder den Anschluss herzustellen, musste dann aber endgültig die Gruppe ziehen lassen.

Mit Platz 12 durch mich und Platz 13 für Peter waren die Tagesergebnisse zu verkraften, der Zeitverlust in der Gesamtwertung schmerzte deutlich mehr. Morgen steht die erste richtige Bergetappe an und ich hoffe, dass der Heilungsprozess dank Chris, unserm Physio, ähnlich gut wie von gestern auf heute verläuft. Ansonsten wird für mich morgen ein noch einsamerer Tag.

Viele Grüße

Marcel

Mehr Informationen zu diesem Thema

31.10.2021Hitze und Luftfeuchtigkeit trafen mich im Ziel wie ein Schlag

(rsn) - Schönen Guten Morgen aus Guadeloupe! Zum letzten Mal darf ich, Peter Schermann,  berichten. Heute stand ein 10 km langes Bergzeitfahren im Roadbook, das bedeutete einen späten Start und au

31.10.2021Tour de la Guadeloupe: Homrighausen verteidigt zwölften Rang

(rsn) – In der Rubrik Ergebnisse liefern wir in kompakter Form und unmittelbar nach Zieleinlauf einen kurzen Überblick über die Ergebnisse der wichtigsten UCI-Rennen unterhalb der WorldTour. To

30.10.2021Nach drei Nächten endlich aus dem Krankenhaus befreit

(rsn) - Bonsoir aus Guadeloupe, zumindest meinerseits zum letzten Mal in 2021... Nachdem ich die drei Nächte nach meiner sturzbedingten Operation im Krankenhaus unter teils fragwürdigen Bedingunge

29.10.2021Tour de la Guadeloupe: Homrighausen wird Tagesvierter

(rsn) – In der Rubrik Ergebnisse liefern wir in kompakter Form und unmittelbar nach Zieleinlauf einen kurzen Überblick über die Ergebnisse der wichtigsten UCI-Rennen unterhalb der WorldTour.Tour d

29.10.2021Etwas zu viel Schwung für eine vernünftige Erholung

(rsn) - Nach einem sechsten Platz auf der 6. Etappe meldet sich erneut Heiko Homrighausen mit ein paar Sätzen aus Guadeloupe. Das heutige Höhenprofil, der Rennverlauf und das Ergebnis waren nahezu i

28.10.2021Auf und ab auf der “Flachetappe“

Die heutige Etappe war mit nur 1.600 hm auf 150 km und 8 Bergwertungen eine der sogenannten Flachetappen der Rundfahrt hier. Gleich von Beginn an ging es richtig zur Sache. Es bildeten sich immer wie

28.10.2021Tzortzakis zum Zweiten: Grieche feiert Ausreißersieg

(rsn) – In der Rubrik Ergebnisse liefern wir in kompakter Form und unmittelbar nach Zieleinlauf einen kurzen Überblick über die Ergebnisse der wichtigsten UCI-Rennen unterhalb der WorldTour.Tour d

27.10.2021Schon früh wurde wie bei einem Zieleinlauf gefahren

(rsn) - Nach der vierten Etappe meldet sich Heiko Homrighausen aus der karibischen Hitze. 137 km mit knapp 2700 hm erinnerten bei sonnigen 37°C fast an Urlaub. Wären da nicht so viele Fahrer, die e

27.10.2021Ausreißer-Erfolg auf Guadeloupe, Homrighausen Etappensechster

(rsn) - In der Rubrik Ergebnisse liefern wir in kompakter Form und unmittelbar nach Zieleinlauf einen kurzen Überblick über die Ergebnisse der wichtigsten UCI-Rennen unterhalb der WorldTour. Tour d

26.10.2021Führungswechsel bei der Tour de la Guadeloupe

(rsn) – In der Rubrik Ergebnisse liefern wir in kompakter Form und unmittelbar nach Zieleinlauf einen kurzen Überblick über die Ergebnisse der wichtigsten UCI-Rennen unterhalb der WorldTour. T

25.10.2021Hellmann macht an der ersten Bergankunft vier Positionen gut

(rsn) – In der Rubrik Ergebnisse liefern wir in kompakter Form und unmittelbar nach Zieleinlauf einen kurzen Überblick über die Ergebnisse der wichtigsten UCI-Rennen unterhalb der WorldTour.  

25.10.2021Es geht bergauf!

(rsn) - Heute stand auf der Karibikinsel Guadeloupe die 2. Etappe über rund 145 Kilometer mit Bergankunft auf dem Programm. Es konnte eigentlich nur besser als der Vortag werden. Gestartet wurde im Z

Weitere Radsportnachrichten

19.04.2024Die Strecke des vierten Monuments: Lüttich-Bastogne-Lüttich

(rsn) – Zum 110. Mal findet am Sonntag Lüttich-Bastogne-Lüttich (1.UWT) für die Männer statt – die Frauen bestreiten ´La Doyenne´ dagegen erst zum achten Mal. Die Strecke hat sich für beide

19.04.2024Die Aufgebote für das 110. Lüttich-Bastogne-Lüttich

(rsn) – Zum krönenden Abschluss der sogenannten steht am 21. April die 110. Ausgabe von Lüttich-Bastogne-Lüttich an. La Doyenne, wie das 1892 erstmals ausgetragene und damit älteste Eintagesrenn

19.04.2024Die Aufgebote für das 8. Lüttich-Bastogne-Lüttich der Frauen

(rsn) – Mit der 8. Ausgabe des Lüttich-Bastogne-Lüttich der Frauen endet die Ardennenwoche. Während das Männerrennen von Lüttich aus nach Süden zum Wendepunkt in Bastogne und von dort wieder z

19.04.2024Kehrt der Intergiro bei der Italien-Rundfahrt zurück?

(rsn) - Auf einigen der von der RCS veröffentlichen Profilen der Italien-Rundfahrt taucht der Intergiro zum ersten Mal seit 2005 wieder auf. Der Intergiro ist eine Sonderwertung, bei dem die Zeit all

19.04.2024Skjelmose erklärt seine Unterkühlung beim Flèche Wallonne

(rsn) - "Skjelmose wird hier gerade vom Rad getragen und ist vollkommen am Zittern. Komplett kalt. Komplett im Arsch", hieß es nach einem Augenzeugenbericht unseres Mannes vor Ort am Mittwoch in unse

19.04.2024Querfeldeinstar Kuypers steigt auf und gibt Debüt in Lüttich

(rsn) - In unserem ständig aktualisierten Transferticker informieren wir Sie regelmäßig über Personalien aus der Welt des Profiradsports. Ob es sich um Teamwechsel, Vertragsverlängerungen oder RÃ

19.04.2024Lüttich-Bastogne-Lüttich im Rückblick: Die letzten zehn Jahre

(rsn) – Lüttich-Bastogne-Lüttich bildet traditionell den krönenden Abschluss der Ardennenwoche. La Doyenne, das älteste Eintagesrennen der Welt, ist mit seinen kurzen, teils extrem steilen Anst

18.04.2024Radsport live im TV und im Ticker: Die Rennen des Tages

(rsn) – Welche Radrennen finden heute statt? Wo und wann kann man sie live im Fernsehen oder Stream verfolgen? Und wie geht´s zum Liveticker? In unserer Tagesvorschau informieren wir jeden Morgen

18.04.2024TotA-Sturz: Harper kommt mit leichter Gehirnerschütterung davon

(rsn) – Entwarnung für Chris Harper: Der Australier von Jayco – AlUla ist bei seinem Sturz rund 25 Kilometer vor dem Ziel der Königsetappe der Tour of the Alps ohne schlimmeren Verletzungen dav

18.04.2024Steinhauser: Giro-Test mit Prädikat sehr gut

(rsn) – Den Feinschliff für sein Grand-Tour-Debüt holt sich Georg Steinhauser (EF Education – EasyPost) derzeit bei der 47. Tour of the Alps (2.Pro). In wenigen Wochen geht es für den Allgäue

18.04.2024Belgrade Banjaluka: Ausreißer Albrecht zum Auftakt Zweiter

(rsn) – Zum Auftakt von Belgrade Banjaluka (2.2) hat das Team P&S Metalltechnik – Benotti einen starken Auftritt hingelegt. Auf der 140 Kilometer langen 1. Etappe zwischen Belgrad und Bijeljina b

18.04.2024Auf der Königsetappe macht Carr die schwachen Tage vergessen

(rsn) – Mit einem Soloritt über rund 30 Kilometer hat sich Simon Carr (EF Education – EasyPost) die Königsetappe der 47. Tour of the Alps (2.Pro) gesichert. Der 25-jährige Brite setzte sich üb

RADRENNEN HEUTE

    Radrennen Männer

  • Tour of the Alps (2.Pro, ITA)
  • Belgrade Banjaluka (2.2, BIH)