Deutsche Teams und Greipel überzeugen

Viva il Giro d´Italia - so spannend war die Tour seit Jahren nicht

Von Joachim Logisch

Foto zu dem Text "Viva il Giro d´Italia - so spannend war die Tour seit Jahren nicht"
Giro-Sieger Tom Dumoulin (Sunweb) mit der Siegestrophäe | Foto: Cor Vos

29.05.2017  |  (rsn) - Vive le Tour de France - die Frankreich-Rundfahrt ist im Radsport das Maß der Dinge. Doch der Giro d'Italia hat mächtig aufgeholt und in Punkto Spannung der Frankreich-Rundfahrt wenigstens bei seiner 100. Auflage den Rang angelaufen. Viva il Giro d'Italia!

Klar, mit Chris Froome (Sky), Alberto Contador (Trek-Segafredo), Richie Porte (BMC) und Alejandro Valverde (Movistar) fehlten einige ganz große Namen, aber die Spannung, die Girogewinner Tom Dumoulin von deutschen Sunweb-Team, Nairo Quintana (Movistar), Vincenzo Nibali (Bahrain-Merdia) und Thibaut Pinot (FDJ) besonders in der letzten Woche erzeugten, war in Frankreich seit vielen Jahren nicht mehr zu spüren. Das Quartett an der Spitze der Gesamtwertung war vor dem abschließenden Zeitfahren durch weniger als eine Minute voneinander getrennt.

Keiner der Vier ließ sich unterwegs von einem Computer steuern. Und programmgemäß beendete auch keiner von ihnen sein Rennen!

Quintana, der Zweitplatzierte in Mailand, nahm, wann immer er eine Möglichkeit sah, sein Herz in die Hände und griff an. Doch ausgerechnet während der 19. Etappe nach Piancavallo , "die er sich im Kalender markiert" hatte, um sich ein Polster vor dem abschließenden Zeitfahren zu sichern, war er, nach eigenen Worten angeschlagen. "Ich hatte etwas Fieber und fühlte mich vor dem Start ein bisschen krank. Ich konnte an diesem entscheidenden Tag keine 100 Prozent geben, was aber nötig gewesen wäre. Man kann sagen, dass ich den Giro an diesem Tag verloren habe", begründete Quintana, warum es aus seiner Sicht für den Sieg nicht reichte. Allerdings war der Kolumbianer auch in den Tagen davor nicht in der Lage gewesen, Dumoulin entscheidend zu distanzieren.

Dafür, dass die sich die Spannung in der Schlusswoche mit jedem Tag steigern konnte, hatte der am Ende siegreiche Niederländer mit seinem erzwungen Ausflug aufs "Stille Örtchen" in einer Wiese während der 16. Etappe selbst gesorgt. Dumoulin verlor 2:18 Minuten auf Vincenzo Nibali, der am Dienstag in Bormio den ersten italienischen Etappensieg dieses Giros feierte.

"Ich hatte mit 'Scheißen in den Wald' Geschichte geschrieben und nun auf einem guten Weg auch noch mal", witzelte Dumoulin nach seinem Triumph. Er gab aber auch zu: "Ich hatte nicht erwartet, diesen Giro zu gewinnen. Vielleicht in Zukunft einmal mit viel Glück oder was auch immer. Ich wäre  mit einem Platz unter den besten Zehn zufrieden gewesen. Nun bin ich absolut glücklich."

Nibali, der Drittplatzierte der Gesamtwertung, hielt sich nie zurück, wenn er Chancen sah, Dumoulin anzugreifen, den er mit Recht, als den Mann ansah, den es zu schlagen galt. Seine Motto war "der Sieg oder nichts"!

Selbst ein Platz auf dem Podium reizte den Titelverteidiger nicht. Seine Weigerung, sich auf der 18. Etappe an der Verfolgung von Pinot und Ilnur Zakarin (Katusha-Alpecin) zu beteiligen - Nibali hoffte, Dumoulin würde in der Verfolgung der Ausreißer viel Kraft verlieren - ließ die beiden eigentlich schon Abgeschlagenen wieder rund eine Minute näher an das Spitzentrio heranrücken und führte zu einem handfesten Disput zwischen ihm und Dumoulin. Nibali giftete: "Dumoulin wird für das bezahlen, was er gesagt hat".

Nach dieser Etappe lag Thibaut Pinot, der immer stärker wurde, nur noch 1:36 Minuten hinter dem Rosa Trikot zurück, das Dumoulin seit seinem Zeitfahrsieg auf der 10. Etappe trug. Sogar Zakarin hatte am Freitag mit 1:58 Rückstand wieder Chancen, einen der begehrten Podiumsplätze zu ergattern.

Einen Tag verpassten es Nibali und Quintana, der sich ja krank gefühlt hatte, in Piancavallo, den Niederländer entscheidend zu distanzieren. Dumoulin verlor zwar sein Rosa Trikot an Quintana, und fiel auf Rang vier noch hinter Nibali und Pinot zurück. Aber er konnte nach tapferer Gegenwehr, unterstützt von Bob Jungels (Quick-Step Floors), der um des Weiße Trikot das besten Jungprofis kämpfte, den Zeitverlust mit nur 15 Sekunden in Grenzen zu halten.

Dias war die Ausgangsposition für die Rückeroberung des Rosa Trikots am letzten Tag im Zeitfahren von Monza nach Mailand.

Auch aus deutscher Sicht war der 100. Giro ein echtes Highlight. Mit Sunweb gewann zum ersten Mal seit 1997 (Jan Ullrich die Tour de France) wieder ein deutsches Team eine Grand Tour.

Bora-hansgrohe, das zweite deutsche WorldTour-Team, sicherte sich durch den Österreicher Lukas Pöstlberger gleich die 1.Etappe und Rosa für einen Tag, das ihm am Tag darauf André Greipel (Lotto-Soudal) mit seinem Etappensieg in Tortoli wieder abknöpfte. Auch auf der 3. Etappe von Tortoli nach Cagliari wechselte die Gesamtführung an Etappensieger Fernando Gaviria (Quick-Step Floors), der noch weitere dreimal erfolgreich war und in Cagliari vor Rüdiger Seelig (Bora-hansgrohe) siegte.

Auch am nächsten Tag war der Kolumbianer erfolgreich. Sam Bennett (Bora-hansgrohe), André Greipel und Phil Bauhaus (Sunweb) belegten die Platze drei bis fünf. Insgesamt gewann Sunweb mit Dumoulin zwei Etappen und die Gesamtwertung. Bora-hansgrohe steuerte fünf Podiumsplatzierungen (viermal Bennett) zur starken deutschen Bilanz bei.

Viva il Giro d'Italia!

 

Weiteres Foto - mit Klick vergrößernWeiteres Foto - mit Klick vergrößernWeiteres Foto - mit Klick vergrößernWeiteres Foto - mit Klick vergrößernWeiteres Foto - mit Klick vergrößern

Mehr Informationen zu diesem Thema

02.12.2017Dumoulin will ein zweites “shit-gate“ vermeiden

(rsn) - Noch steht nicht fest, ob Tom Dumoulin im kommenden Jahr beim Giro d’Italia zur Titelverteidigung antreten wird. Sollte es dazu kommen, möchte der Niederländer auf jeden Fall Szenen wie be

01.06.2017Giro-Sieger Dumoulin in seiner Heimatstadt Maastricht geehrt

(rsn) - Tom Dumoulin ist am Mittwoch in Maastricht von Tausenden von Radsportfans gefeiert worden. Der Gewinner des diesjährigen Giro d’Italia präsentierte sein Rosa Trikot und die Trofeo Senza Fi

30.05.2017Gazetta: Nibali verzichtet zugunsten der Vuelta auf die Tour

(rsn) - Vincenzo Nibali (Bahrain-Merida) wird auf die Tour de France verzichten und stattdessen die Vuelta a España zu seinem nächsten große Ziel in diesem Jahr machen. Das meldete die Gazzetta de

30.05.2017Lastet auf dem Giro ein Triple-Fluch?

(rsn) - Nachdem Vincenzo Nibali am vergangenen Wochenende dabei gescheitert ist, seinen dritten Gesamtsieg beim Giro d’Italia einzufahren, drängt sich der Eindruck auf, dass ein Triple-Fluch auf de

29.05.2017Giro-Sieger Dumoulin rückt auf Rang drei der WorldTour-Rangliste vor

(rsn) - Mit seinem Gesamtsieg beim Giro d’Italia, wo er zudem noch zwei Etappenerfolge feiern konnte, hat sich Tom Dumoulin (Sunweb) vom 27. auf den dritten Platz der WorldTour-Einzelwertung verbess

29.05.2017Quintana bekam nicht das, was er wollte

(rsn) - "You can’t always get what you want“ lautet der Titel einer der berühmtesten Songs der Rockgeschichte. Das Stück von den Rolling Stones könnte Nairo Quintana - so er die "Stones" überh

29.05.2017Dumoulin: “Irgendwann will ich die Tour gewinnen“

Mailand (dpa) - Kaum war Tom Dumoulin in Mailand als erster niederländischer Sieger beim Giro d`Italia gekrönt, folgten auch schon die Fragen zur Tour de France. "Das Nächste sind ein Bier und Barb

29.05.2017Gaviria: "Diese Erfolge waren außerhalb meiner Fantasie"

(rsn) - Bereits beim letztjährigen Giro d´Italia lieferte die Quick-Step Floors-Mannschaft eine beeindruckende Vorstellung ab. Durch Marcel Kittel, Gianluca Brambilla und Matteo Trentin gewann das b

29.05.2017Van Emden brachte auch Dumoulins Übersetzung an ihre Grenze

(rsn) - Natürlich stand Tom Dumoulin (Sunweb) nach dem Giro-Abschlusszeitfahren in Mailand im Mittelpunkt der medialen Aufmerksamkeit. Schließlich hatte der 26-Jährige gerade seine erste Grand Tour

29.05.2017Nibali: "Ich habe mehr von mir selbst erwartet"

(rsn) - Zum großen Giro-Finale in Mailand konnte Vincenzo Nibali (Bahrain-Merida) die Hoffnungen der italienischen Fans auf seinen dritten Giro-Triumph nach 2013 und 2016 nicht erfüllen. Der 32-jäh

28.05.2017Platz 16 beim Giro - Pömer sagt Konrad eine große Zukunft voraus

(rsn) - Mit einem weiteren Top-Ten-Ergebnis hat das deutsche Bora-hansgrohe-Team den 100. Giro d’Italia beendet. Jan Barta landete im abschließenden Zeitfahren von Monza nach Mailand auf dem sechst

28.05.2017Highlight-Video der 21. Etappe des Giro d´Italia

(rsn) - Tom Dumoulin (Sunweb) hat am letzten Tag des 100. Giro d’Italia Nairo Quintana (Movistar) noch aus dem Rosa Trikot gefahren und sich erstmals in seiner Karriere den Gesamtsieg bei einer Gran

Weitere Radsportnachrichten

05.05.2024Eine erste Chance für die Sprinter

(rsn / ProCycling) – Nachdem sie sich zwei Tage lang "aufwärmen" konnten, ist es nun für die schnellen Männer des Pelotons Zeit, ihren Job zu verrichten. Bevor sie jedoch ihren ultimativen Zielsp

05.05.2024Radsport live im TV und im Ticker: Die Rennen des Tages

(rsn) – Welche Radrennen finden heute statt? Wo und wann kann man sie live im Fernsehen oder Stream verfolgen? Und wo geht´s zum Live-Ticker? In unserer Tagesvorschau informieren wir jeden Morgen

05.05.2024Pogacar auf den Spuren Pantanis

(rsn) - 1999 hatte Marco Pantani am Fuße des Anstiegs zur Kapelle nach Oropa einen Defekt. Die Kette fiel ihm herunter. Es dauerte, bis ein Materialwagen bei ihm war. Fahrer um Fahrer zog derweil an

05.05.2024Nur ein Defekt bremste Martinez hinauf nach Oropa

(rsn) – Gut fünf Kilometer vor dem Ziel der 2. Etappe am Santuario di Oropa gab es Grund zur Beunruhigung beim Team Bora – hansgrohe. Am Ende des Tages aber sah man nichts als strahlende Gesichte

05.05.2024Martinez: “Das Resultat ist großartig für unsere Moral“

(rsn) – Mit einem Tag “Verspätung“ hat Tadej Pogacar am Sonntag bei der ersten Bergankunft den erwarteten Etappensieg am Auftaktwochenende des 107. Giro d’Italia eingefahren. Am Santuario di

05.05.2024Highlight-Video der 2. Etappe des Giro d´Italia

(rsn) – Zum Auftakt des 107. Giro d’Italia (2.UWT) musste sich Tadej Pogacar (UAE Team Emirates) noch mit Rang drei begnügen. An der ersten Bergankunft jedoch gab es für den Top-Favoriten kein H

05.05.2024Pogacar stürmt in Oropa trotz Sturz ins Rosa Trikot

(rsn) – Marco Pantani triumphierte 1999 an der Wallfahrtskirche Santuario di Oropa dank einer historischen Aufholjagd, nachdem er am Fuße des Anstiegs durch einen Defekt gestoppt worden war. 25 Jah

05.05.2024De Lie in der Bretagne auch durch zwei Plattfüße nicht zu stoppen

(rsn) – Nach Platz zwei im Vorjahr hat sich Arnaud De Lie (Lotto – Dstny) die 41. Ausgabe von Tro Bro Léon (1.Pro) gesichert. Der 22-jährige Belgier entschied in der Bretagne das über 203,6 Kil

05.05.2024Vollering nutzt Rückenwind-Passage zum Vuelta-Triumph

(rsn) – Mit einem weiteren überragenden Auftritt hat Demi Vollering (SD Worx – Protime) die 10. Vuelta Femenina (2.UWT) souverän für sich entschieden. Die 27-jährige Niederländerin schüttelt

05.05.2024Liste der ausgeschiedenen Fahrer / 2. Etappe

(rsn) - 176 Profis aus 22 Teams sind am 4. Mai zum 107. Giro d’Italia (2.UWT) angetreten, darunter auch zwölf Deutsche, vier Österreicher, zwei Schweizer und ein Luxemburger. Hier listen wir a

05.05.2024Pogacar: ”Die Post wird abgehen”

(rsn) – Der Auftakt zum 107. Giro d’Italia ist atypisch. Einen Tag nach der schweren 1. Etappe, auf der bereits einige Favoriten Federn gelassen haben, steht bereits die erste Bergankunft auf dem

05.05.2024Narvaez sorgt für die nächsten rosa Träume in Ecuador

(rsn) – Fünf Jahre ist es her, dass Richard Carapaz das Radsportland Ecuador mit seinem sensationellen Gesamtsieg beim Giro d´Italia in Rosa gehüllt hat. Nun feiern die Nachbarn der Kolumbianer i

RADRENNEN HEUTE

    WorldTour

  • Giro d´Italia (2.UWT, ITA)