Müllers Tour of Mersin-Tagebuch

Im entscheidenden Moment hatte der Huf geklemmt

Von Robert Müller

Foto zu dem Text "Im entscheidenden Moment hatte der Huf geklemmt"
Robert Müller fährt die Tour of Mersin | Foto: Robert Müller

25.04.2019  |  (rsn) - Hallo aus Yanisli, Gülnar/Mersin, Türkei! Der Tag begann mit einem gemütlichen Frühstück auf der schönen Restaurant-Terrasse mit Meerblick und danach führen wir Fahrer etwa 1:15 h lang mit 3 Reisebussen auf der Rennstrecke immer am Meer entlang nach Westen zum Startort Anamur. Dort herrschte schon eine gute Stimmung, viele Kinder mit türkischen Fahnen bevölkerten den Startbereich und es wurde um Fotos gebeten.

Wir vom Team Kibag-BNP-Costelo und das Radteam Herrmann wurden kurz vorm Start auf die Bühne gebeten und es wurden uns Bananen, die in der Region in großen hässlichen Gewächshäusern angebaut werden, in Hülle und Fülle überreicht und kurze Interviews geführt. Dann durften wir uns in der Startaufstellung ganz hinten einreihen, das war ein guter Trick der Organisation.

Die Etappe sollte über 116 km mit einer Sprint-, zwei Berg- und drei Goldwertungen entlang der Küste bis 2 km vor das Hotel führen. Nach der kurzen Neutralisation wurde erwartungsgemäß attackiert was das Zeug hält, ich mischte fröhlich mit und fand mich nach etwa 5 km in einer 15 Fahrer starken Spitzengruppe wieder.

Die Besetzung passte, vom favorisierten weißrussischen Team aus Minsk waren drei Mann dabei, von Bike Aid und Herrmann jeweils zwei, darunter meine ehemaligen Teamkollegen Florian Obersteiner, Leon Echtermann und Lucas Carstensen und von den türkischen Teams jeweils ein Fahrer. Wir waren uns einig und fuhren relativ gleichmäßig, aber nicht zu schnell und unser Vorsprung wuchs kontinuierlich.

Als nach 24 km der erste Goldsprint anstand, ging es von der breiten Küstenstraße rechts ab in ein Dorf und direkt danach nochmal links und rechts eng um die Kurve und dann kam schon der Strich. Lucas ging als zweiter in diese Kombination, rutschte aber leider in der letzten Kurve weg und kam zu Fall, trug aber nur Schürfwunden, erstaunlicherweise jedoch auf beiden Seiten, davon. Ich war zu weit hinten, konnte keinen Platz mehr gut machen und wurde nur vierter, Gold gab es für die ersten drei.

Beim nächsten Goldsprint wenig später ging es berghoch und oben um eine Linkskurve, in der wir etwas von einem Motorrad behindert wurden. Ich agierte unglücklich und wurde wieder nur vierter, das Gold gewann verdient Obersteiner.

Einige Kilometer später stand schon die Sprintwertung an, bei der es 5 Punkte zu gewinnen gab, da es für einen Etappensieg jedoch 15 Punkte gibt, hatte sie keinen großen Wert. Den Sprint gewann wie erwartet Lucas, ich wurde Zweiter und da wir nach der Wertung ein Loch auf den Rest der Gruppe hatten fuhren wir erstmal etwas unschlüssig weiter. Allerdings kamen wir nicht weit und wurden wieder eingeholt. Unser Vorsprung lag nun bei 7 Minuten und da wir nicht Vollgas fuhren, wusste ich was hinten im Feld abgeht, nämlich nichts, und war froh mich nicht dort hinten langweilen zu müssen. In unserer großen Gruppe, in der fast jeder mitführte, fuhr es sich nämlich wirklich angenehm.

Das änderte sich erst, als sich Peter Koning von Bike Aid in einer leichten Abfahrt mit Hilfe des Windschattens des vorausfahrenden Motorrads alleine absetzen konnte und uns zu einem deutlich verschärften Tempo zwang. Wir konnten ihn bis zum Beginn der ersten Bergwertung nach etwa 80 km nicht einholen und so attackierten die Bergfahrer gleich unten im ersten Steilstück und ich hatte Probleme, das Tempo mitzugehen. Langsam wurde ich von der ersten Hälfte der Gruppe abgehängt, hatte aber die Hoffnung, nach der Bergwertung wieder ranfahren zu können. Als es oben vor der Abfahrt noch sehr kurvig und in Wellen dahin ging fuhr ich hart von vorne und glaubte weiter an eine Rückkehr zur Spitze, vor allem weil ich die Gruppe die ganze Zeit sehen konnte.

Nach der Abfahrt waren wir zu fünft, kamen der Gruppe aber nicht näher und mir war klar, dass es nichts mehr werden würde. Als es in den nicht zu steilen und relativ gleichmäßigen 350 Höhenmeter Anstieg zur zweiten Bergwertung ging, fühlte ich mich noch gut, fuhr meinen Rhythmus und war schnell alleine. Immer noch sah ich die Gruppe vor mir und ärgerte mich, dass ich es knapp nicht mit ihr über die erste Bergwertung geschafft hatte, irgendwie hatte dort besonders unten rein der Huf geklemmt, wie man so schön sagt. Die letzten 20 km fuhr ich nun also alleine, wobei ich auf der langen Abfahrt kilometerlang auf dem Oberrohr lag und versuchte, nicht jede Bodenwelle mitzunehmen.

Als 9. trudelte ich schließlich mit zweieinhalb Minuten Rückstand auf den Solosieger Branislau Samoilau ins Ziel und stand nach einem Tag in der Spitzengruppe ernüchtert mit leeren Händen da. Erfreulich war jedoch, dass Florian Obersteiner Zweiter geworden war und sich über sein erstes Podium bei einem UCI Rennen freuen konnte und nun mit nur 10 Sekunden Rückstand auf den Gesamtführenden eine sehr gute Ausgangsposition hat. Etwas schockiert war ich jedoch, als ich das komplett durchgebrochene Rad von Manuel Porzner im Zielbereich liegen sah, doch man gab mir gleich Entwarnung. Er war im Rennen nach einem Defekt auf das Ersatzrad gewechselt und sein gutes Specialized Venge war vom Dach des Teamautos gefallen und auf der Straße zerschellt.

Vom Ziel rollte ich die 2 km ins Hotel und ging direkt noch in voller Rennbekleidung zum wieder hervorragenden Mittagessen auf der Sonnenterrasse mit Meerblick über, so müsste es immer sein. Morgen steht die längste Etappe mit 192 km an und es geht zur ersten Bergwertung nach 47 km über 1000 hm bergauf, dann wellig dahin und die letzten 75 km flach an der Küste entlang nach Mersin. Ein Massensprint ist durchaus möglich und dann würde ich auf die beiden Sprinter von Bike Aid setzen.

Morgen gleiche Stelle, gleiche Welle
Gez. Sportfreund Radbert

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