Müllers Tour de Singkarak-Tagebuch

Facebook-Video rettete Loics 3. Platz, aber Kelok 44 war zu viel

Von Robert Müller

Foto zu dem Text "Facebook-Video rettete Loics 3. Platz, aber Kelok 44 war zu viel"
Robert Müller auf der 3. Etappe der Tour de Singarak | Foto: privat

06.11.2019  |  (rsn) - Hallo aus Batusangkar Sumatra, Indonesien! Nachtrag zu gestern: da Loic ja wie berichtet 500 m vor dem Ziel gestürzt war, greift in diesem Fall die 3-km-Regel, er bekommt also die gleiche Zeit wie die Fahrer, mit denen er zum Zeitpunkt des Sturzes unterwegs war. Das Problem war allerdings, dass kein Kommissär seinen Sturz gesehen hat und er nach dem Zieleinlauf mit Siegerehrung und Sanitäterbesuch zu beschäftigt war, um daran zu denken seinen Sturz zu melden. Glücklicherweise tauchte jedoch ein Video seines Sturzes auf Facebook auf und die Kommissäre akzeptierten es als Beweis. So bekam er nachträglich die gleiche Zeit wie das Gelbe Trikot.

Die heutige fünfte Etappe führte über 206 Kilometer mit der 9 Kilometer langen Bergankunft “Kelok 44“, bei der es in 44 Serpentinen vom Maninjau Vulkankratersee hinauf zum Ziel geht. Der Beginn verlief ähnlich wie gestern, es hagelte Attacken, doch Sapura regierte mit eiserner Hand an der Spitze des Feldes und ließ zunächst keine Gruppe wegfahren. Erst nach 22 Kilometern am Beginn des langen Anstiegs zur ersten Bergwertung ließen sie wie gestern vier Mann ziehen. Nach einigen weiteren Kilometern fuhren zwei Holländer von PCS eine Attacke aus dem Feld heraus und wurden erstaunlicherweise fahren gelassen.

Das Tempo im Feld war nun angenehm, auch weil auf der Hochebene nach der Bergwertung ziemlicher Gegenwind herrschte. Die lange Abfahrt hinunter zur Küste war uns bekannt, da wir dort auf der ersten Etappe hinauf gefahren waren. Als nach 95 Kilometern die zweite Sprintwertung anstand, sagte Loic mir, ich solle mitsprinten, da es noch um den dritten Platz und somit um Preisgeld ginge. Die beiden Holländer hatten nämlich, nachdem sie es nach vorne geschafft hatten, ihre zahlen- und auch rouleurmäßige Überlegenheit clever ausgenutzt und die anderen vier Fahrer der Gruppe abgehängt.

Von mir unbemerkt hatten wir diese wieder eingeholt und die Holländer lagen nun zu zweit mit etwas über fünf Minuten Vorsprung an der Spitze. Den Sprint um Platz drei verlor ich knapp gegen das Grüne Trikot, weil ich das Schild der Wertung nicht sah und die dünne Linie erst, als ich darüber fuhr. Bei der dritten Sprintwertung 25 Kilometer später ging es genauso aus, weil das Grüne Trikot sie sehr gut von seinen Teamkollegen angefahren bekommen hatte. Obwohl wir im Feld nicht schnell fuhren, sank unser Rückstand in kurzer Zeit auf nur noch eineinhalb Minuten, worauf Sapura völlig die Beine hochnahm.

Nach zwei Dritteln des Rennens war die Luft bei allen erstmal völlig raus und ich denke mal, die beiden Holländer vorne werden sich gewundert haben, warum das Feld nicht kommt obwohl sie nach der letzten Sprintwertung komplett rausgenommen haben. Jetzt merkte ich, wie müde ich doch war und andere Fahrer erzählten mir, dass es ihnen genauso ginge. Wir bekommen hier alle aufgrund der übertrieben frühen Abfahrtszeiten vom Hotel und langen Transfers nicht genug Schlaf, und dann fahren wir auch noch an drei Tagen nacheinander bergige Etappen mit jeweils über 200 km Länge.

Bevor es in den Anstieg zum Vulkankratersee ging, versuchte ich, mich mit Cola und Koffeingels wieder wach zu bekommen, was ganz gut funktionierte. Als wir oben am See ankamen, war das Feld wieder beisammen und wir fuhren 15 Kilometer am flachen Ufer entlang. Wir konzentrierten uns nun darauf, Loic auf der schmalen Straße vorne aus den Positionskämpfen heraus zu halten. Als es vom See nach einer Linkskurve in den Schlussanstieg hinein ging, lieferte ich Loic dort an dritter Position direkt hinter dem Gelben Trikot ab und scherte zur Seite aus, um locker hinauf zu fahren. Ich fuhr mein Wohlfühltempo und genoss immer wieder den tollen Ausblick auf den See unter mir. Die durchnummerierten 44 Kehren vergingen recht schnell, obwohl ich nur kurzzeitig einen Gesprächspartner an meiner Seite hatte. Nach fast sechs Stunden Renndauer endlich im Ziel angekommen, machte ich mich gleich auf den Weg zur Dusche, wo ich erstaunlicherweise der einzige war. Anschließend ging es zum sehr guten Mittagessen und ich unterhielt mich mit Nadja, die im letzten Jahr unsere Betreuerin war. Sie ist dieses Jahr Kommissär, klagte allerdings, dass sie überhaupt nichts zu tun hätte. Immerhin bekommt sie Geld dafür.

Die Etappe gewann ein philippinischer Bergfahrer vom Team "Go for Gold“. Peter, der auf einmal auch klettern kann, wurde mit nur einer Minute Rückstand 13., Loic direkt dahinter 14. Bei ihm lief es nicht so gut und er fiel dadurch auf den 8. Platz der Gesamtwertung zurück, aber angesichts seines Sturzes gestern trotzdem eine starke Leistung. Das Hotel erreichten wir erst um 19:45 Uhr. Morgen geht es über 214 Kilometer mit 3000 Höhenmetern und der Start erfolgt bereits um 9 Uhr, es wird also erneut eine kurze Nacht.

Radfahrzeit: 6:38 h

Transferzeit: 3:30 h

Souvenir des Tages: ist mir noch nicht bekannt

Morgen gleiche Stelle, gleiche Welle.

Gez. Sportfreund Radbert

 

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