Interview über zwei Welten des Radsports

Sütterlin: “Bei Movistar wurde alles extrem locker gesehen“

Von Joachim Logisch

Foto zu dem Text "Sütterlin: “Bei Movistar wurde alles extrem locker gesehen“"
Jasha Sütterlin | Foto: Cor Vos

08.07.2020  |  (rsn) - Heute beginnt für Sunweb-Neuzugang Jasha Sütterlin in Kühtai das Höhentrainingslager. Im Österreich versammelt sich die Tour-de-France -Auswahl des deutschen Rennstalls, um sich auf den Saisonhöhepunkt (29. August – 20. September) vorzubereiten. radsport-news.com sprach mit Sütterlin unter anderem über die Welten, die beide WorldTour-Teams trennt: hier sein Ex-Arbeitgeber Movistar, der die Profis an der langen Leine führt, und dort Sunweb, das für seine Geschlossenheit bekannt ist.

Sie wechselten Ende 2019 von Movistar zu Sunweb. Gibt es große Unterschiede zwischen den Teams?
Jasha Sütterlin: Ja, bei Movistar wurde alles extrem locker gesehen. Es gab schon gewisse Regeln, die eingehalten werden mussten, zum Beispiel was Sponsoren angeht. Man konnte aber ins Trainingslager fahren, wohin und wann man wollte, wenn keine Saison war. Aber auch in der Tour-de-France-Vorbereitung durfte man ins Höhentrainingslager seiner Wahl fahren. Bei Sunweb ist das alles strukturiert und wird vom Team vorgegeben. Bei Sunweb gibt es immer Team-Trainingslager, während meiner Zeit bei Movistar kam das einmal vor.

Was kommt Ihnen eher entgegen?
Sütterlin: Gemeinsame Trainingslager haben schon ihre Vorteile. Ich fand es auch nicht so schlimm, allein trainieren zu müssen. Ich will nicht sagen, dass es Vor- und Nachteile gibt. Beides hat seine positiven Teile, Negatives sehe ich bei beiden nicht so viel.

Können Sie nun weniger individuell trainieren?
Sütterlin: Ja, wegen Corona mussten wir aber erstmal allein bleiben, es gab ja auch keine Rennen. Jetzt beginnt das Höhentrainingslager in Österreich, dort werden alle versammelt, aber es wird in Gruppen trainiert. Das Tour-Team für sich, die Giro-Auswahl auch usw.

Vor dem regulären Saisonstart gab es auch gemeinsame Trainingslager?
Sütterlin: Ja, bis zum Start hatten wir drei. Eins im Dezember und zwei im Januar.

Bei Movistar hieß es: Bis zu euren Rennen müsst ihr fit sein?
Sütterlin: Ja, genau! Bei Movistar trainiert man zuhause. Sie achten darauf, dass man mit seinen Trainern den Plan für die nächste Periode bespricht. Die ist meist drei Monate lang. Auf das eine oder andere Rennen bereitet man sich auch speziell vor. Bei Sunweb will man im Prinzip jedes Rennen gewinnen. Jeder Fahrer hat in den Rennen individuelle Stärken, die nutzt das Team aus.

Wie war das bei Movistar?
Sütterlin: Da habe ich auch schon meine Chancen bekommen, aber nicht so viel Unterstützung bei den Klassikern. Da hatte ich mir ein bisschen mehr erhofft, aber Movistar ist mehr auf die großen Rundfahrten konzentriert, nicht so auf die Klassiker wie ich.

Das ist auch der Grund dafür, dass Sie noch nicht so viele Siege eingefahren haben? Jetzt erhoffen Sie sich mehr Unterstützung?
Sütterlin: Ja, wir sind aber bisher nur fünf Rennen zusammengefahren. Ich weiß noch nicht viel. Ich hoffe, dass nun der Knoten platzt.

Haben Sie sich Klassiker ausgesucht, für die Sie Ansprüche anmelden wollen?
Sütterlin: Flandern-Rundfahrt und Paris-Roubaix, ja! Roubaix ist schon mein ganz großes Ziel für irgendwann. Aber Flandern will ich nicht ganz auslassen, weil ich denke, dass ich dort auch ganz gut sein kann.

Bei Movistar hatten Sie bis zu drei Kapitäne. Bei Sunweb ist nur Cees Bol für die Sprints gesetzt. Ansonsten wird es wechseln. Ist das schwerer oder leichter für Sie?
Sütterlin: Leichter! Ja, ein bisschen leichter! Bei den GrandTours muss man jeden Tag auf einhundert Prozent sein, weil die Leader aus den Stürzen rausgehalten und vor den Bergen nach vorne gebracht werden wollen. Im Sprintzug, dem ich auch angehöre, legen wir das Hauptaugenmerk nur auf die Sprints, da kann ich in den Bergen rausnehmen. Bei Movistar musste ich immer vorne dabei sein.

An welcher Position fahren Sie im Sprintzug?
Sütterlin: Bei der Algarve-Rundfahrt bin ich von Kilometer zehn bis acht, beziehungsweise Kilometer fünf vor Ziel gefahren bin. Danach war mein Job erledigt.

Welche Aufgaben erwarten Sie bei der Tour außerdem?
Sütterlin: Das weiß ich noch nicht. Vielleicht in die Gruppen und auf Etappensieg gehen?

Sie glauben, dass Sie auch auf eigene Rechnung fahren dürfen?
Sütterlin: Denke ich schon!

Mehr Informationen zu diesem Thema

16.06.2021Madiot: “Wir hätten Pinot früher aus der Tour nehmen sollen“

(rsn) - Sein bisher letztes Rennen bestritt Thibaut Pinot (Groupama - FDJ) vor mittlerweile zwei Monaten, als er die Tour of the Alps unter ferner liefen auf Rang 60 beendete. Danach entschied der Fra

23.12.2020Bernal wieder schmerzfrei auf dem Rad

(rsn) - Egan Bernals Genesung macht offensichtlich deutliche Fortschritte. Wie der Tour-de-France-Sieger von 2019 gegenüber dem Internetportal primertiempo.co sagte, könne er wieder schmerzfrei trai

11.12.2020Dumoulin zuversichtlich: “Mir fehlt nur noch ein Prozent“

(rsn) - 2020 war für Tom Dumoulin ein Jahr mit vielen Tiefen und nur wenigen Hochs. Nach dem mit großen Hoffnungen verbundenen Wechsel von Sunweb zu Jumbo - Visma warf zunächst ein bakterieller Dar

15.11.2020Pogacar lobt Roglic als slowenischen Vorreiter

(rsn) - Tadej Pogacar (UAE - Team Emirates) hätte seinem Landsmann Primoz Roglic (Jumbo - Visma) den Tour-de-France-Sieg gegönnt. Das sagte der 22-jährige Slowene im Gespräch mit der spanischen Sp

27.10.2020Bernals Genesung dauert länger als gedacht

(rsn) - Egan Bernals Rückenprobleme, die ihn zum Ausstieg bei der Tour de France und zum vorzeitigen Saisonende zwangen, sind offensichtlich ernsthafter als bisher angenommen. Wie der Kolumbianer geg

10.10.2020Bernal: “Ich hatte eine schwierige Zeit“

(rsn) - Der bei der Tour de France vorzeitig ausgestiegene Egan Bernal (Ineos Grenadiers) wird in diesem Jahr keine Rennen mehr bestreiten. Das kündigte der Kolumbianer auf Instagram an und bestätig

03.10.2020War der Toursieg für Roglic im Zeitfahren unmöglich?

(rsn) - Radsportjournalist Thijs Zonneveld von der niederländischen Zeitung AD hat nach eigenen Angaben Einblick in die Leistungswerte des Tour-Zeitfahrens von Primoz Roglic (Jumbo – Visma) erhalte

24.09.2020Pogacar: “Die Saison ist noch lange nicht vorbei“

(rsn) - Nach seinem Tour-de-France-Triumph hat Tadej Pogacar (UEA - Team Emirates) schon die nächsten großen Ziel im Blick. "Ich muss konzentriert und fit bleiben für die Weltmeisterschaft und die

23.09.2020Viviani: Beim Giro zurück in die Erfolgsspur?

(rsn) - Im letzten Jahr gewann Elia Viviani im Trikot von Deceuninck - Quick-Step  bei der Tour de France eine Etappe und fuhr auf drei weiteren Teilstücken aufs Podium. Die 107. Austragung lief fÃ

22.09.2020UAE Emirates streicht das mit Abstand meiste Preisgeld ein

(rsn) - Kein Wunder: Durch den Gesamtsieg von Tadej Pogacar, der auch das Weiße Trikot als bester Jungprofi sowie die Bergwertung und drei Etappen gewann, sowie den Etappensieg von Alexander Kristoff

21.09.2020Phänomen Pogacar - zu schnell, um wahr zu sein?

(rsn) - Tadej Pogacar hat mit seinem Toursieg nicht nur Rekorde gebrochen, sondern damit auch Fragen aufgeworfen. Ist der Slowene einfach ein Jahrhunderttalent, für den die üblichen Maßstäbe nicht

21.09.2020Die Tour-Bubbles werden aufgelöst

(rsn) - Die Tour de France ist beendet. Die Bubbles werden aufgelöst. Neue werden errichtet, für die WM, die BinckBank Tour, den Giro d´Italia und die großen Klassiker. Primoz Roglic kann jetzt Tr

Weitere Radsportnachrichten

13.05.2024Mit Rouvy Grand-Tour-Recon im Wohnzimmer?

(rsn) - Analoge und digitale Welten verschränken sich immer mehr, auch beim Radsport. Auf besondere Weise dreht Rouvy mittlerweile die Schraube weiter. Auf der 2017 von den Brüdern Petr und Jiri Sam

13.05.2024Bergankunft Nr. 3: Kurze Etappe, langer Schlussanstieg

(rsn / ProCycling) – Schon in der ersten Woche des 107. Giro d´Italia hat es Ausreißversuche gegeben, die von Erfolg gekrönt waren. Doch erst die 10. Etappe durch den südlichen Apennin weist ein

13.05.2024Erholter Démare kehrt in Dünkirchen ins Feld zurück

(rsn) – Nachdem er aufgrund von Erschöpfungserscheinungen seine Klassikerkampagne bereits nach Gent-Wevelgem am 27. März hatte beenden müssen, kehrt Arnaud Démare (Arkéa - B&B Hotels) in seiner

13.05.2024Thomas kritisiert Neapels Straßen: “War ein absolutes Gemetzel“

(rsn) – Ein astreiner Massensprint und breite Straßen auf den letzten Kilometern: Auf den ersten Blick war das Finale der 9. Etappe beim Giro d´Italia in Neapel nichts Besonderes. Doch im Peloton

13.05.2024Die letzten Hügel taten Milans Beinen weh

(rsn) – Im vergangenen Jahr musste sich Jonathan Milan in Neapel am Ende der damaligen 6. Giro-Etappe Mads Pedersen geschlagen geben. Damals stand der Italiener noch bei Bahrain Victorious unter Ver

13.05.2024Bringt der Flèche du Sud den erhofften “Bumms“?

(rsn) - Gleich fünf der neun deutschen Kontinental-Teams waren in der vergangenen Woche beim Fléche du Sud (2.2) dabei. In Luxemburg standen sie allerdings zumeist im Schatten ihrer für internatio

12.05.2024Trotz widriger Umstände rast Kooij beim Giro zum ersten Sieg

(rsn) - Die ersten beiden Massensprints des diesjährigen Giro d’Italia (2. UWT) liefen nicht nach dem Geschmack von Olav Kooij und seinem Team Visma – Lease a Bike. Doch die dritte Chance konnte

12.05.2024Krieger bei Sturz auf 9. Giro-Etappe schwer verletzt

(rsn) – Nach einem schweren Sturz im Finale der 9. Etappe musste Alexander Krieger mit schweren Verletzungen ins Krankenhaus gebracht werden. Wie sein Team Tudor am Abend auf X mitteilte, sei der St

12.05.2024Auch ohne Sieg ist Buchmann ein Gewinner der Ungarn-Rundfahrt

(rsn) – Den Frust über seine Giro-Ausbootung hat Emanuel Buchmann (Bora – hansgrohe) in viel Angriffslust umgewandelt. Nachdem er bereits am 1. Mai bei Eschborn-Frankfurt (1.UWT) mit einer offens

12.05.2024Kooj triumphiert im Sprint-Krimi von Neapel vor Milan

(rsn) – Olav Kooij (Visma – Lease a Bike) hat die 9. Etappe des 107. Giro d’Italia im Massensprint gewonnen. Nach 214 Kilometern mit Start in Avezzano und Ziel in Neapel jagte er auf den letzten

12.05.2024Flèche du Sud: Teutenberg-Team am Schlusstag auf 1-2-3

(rsn) – Der Flèche du Sud (2.2) ist für viele der deutschsprachigen Fahrer und Teams erfreulich zu Ende gegangen. Am Schlusstag feierte Tim Torn Teutenberg mit seinem Team Lidl – Trek Future Ra

12.05.2024Narvaez: “Manchmal klappt es und manchmal nicht“

(rsn) – Rund 30 Meter fehlten Jhonatan Narvaez (Ineos Grenadiers) im Finale der 9. Etappe des Giro d’Italia (2.UWT) – stattdessen ging der Sieg an Olav Kooij (Visma – Lease a Bike). Die letzte

RADRENNEN HEUTE

    WorldTour

  • Giro d´Italia (2.UWT, ITA)
  • Radrennen Männer

  • Tour d´Algérie (2.2, DZA)