Vorschau Straßenrennen der Männer

Ein Top- und viele Co-Favoriten auf den WM-Titel

Von Joachim Logisch aus Leuven

Foto zu dem Text "Ein Top- und viele Co-Favoriten auf den WM-Titel"
Italien fordert WoutVan Aert mit Sonny Colbrelli heraus | Foto: Cor Vos

25.09.2021  |  (rsn) - Setzt Sonny Colbrelli mit einer vierten Goldmedaille die italienischen Festspiele bei dieser WM fort? Der bergfeste Sprinter vom Gardasee gehört zu den Fahrern, die Wout Van Aert den Traum vom WM-Titel in der Heimat vermasseln könnten!

Dabei hat der frischgebackene Europameister gehörigen Respekt vor dem Olympiazweiten. "Ich würde gerne in einer kleinen Gruppe ohne Wout Van Aert ankommen“, sagte Colbrelli am Freitagabend in einer Video-Konferenz gegenüber Reportern. Am liebsten wäre es ihm, wenn er in einer Zehnergruppe ohne die belgischen Lokalmatadoren Richtung Ziel fahren könnte. Einen Plan dafür scheint es zu geben, jedenfalls tat Colbrellis Nationalmannschaftskollege Matteo Trentin sehr geheimnisvoll. "Wie wir das machen wollen, können wir Ihnen nicht sagen, sonst verraten Sie es ihm", witzelte der italienische Co-Kapitän, der ebenfalls zum erweiterten Favoritenkreis gehört.

Titelverteidiger Julian Alaphilippe wird von einer starken französischen Equipe unterstützt. Zuletzt bewies er zwar als Zweiter der Bretagne Classic und Dritter der Tour of Britain seine Form, auch wenn kein Sieg gelang. Das muss nichts heißen, lief es doch vor seinem WM-Sieg im letzten Jahr in Imola so ähnlich. Doch den Vergleich lehnt Alaphilippe ab: "Es gibt wenig Parallelen zum letzten Jahr, es ist ein anderes Rennen."

Dabei knickt er nicht vor dem Topfavoriten ein. "Jeder weiß, dass Van Aert in Topform ist, aber es gibt viele andere Fahrer, die gewinnen können. Wir konzentrieren uns weder auf Van Aert noch auf Belgien. Wir werden am Sonntag die Dinge anders angehen, anstatt uns auf den Topfavoriten zu konzentrieren. Andere Länder werden die gleiche Idee wie wir haben. Wir werden uns nicht damit zufriedengeben, einfach nur abzuwarten", versprach Alaphilippe ein spannendes Rennen.

Dafür könnte auch Mathieu van der Poel sorgen, wenn er rechtzeitig wieder gesund geworden ist. Doch da hat der Niederländer seine Zweifel. "Meine Rückenprobleme sind noch nicht zu 100 Prozent gelöst. Ich hoffe, dass ich das nach Roubaix erledige, wenn ich mich endlich längere Zeit ausruhen kann. Ich habe in den letzten Wochen ein paar längere Trainingseinheiten und Rennen absolviert. Ich gehe davon aus, dass das Rennen machbar sein wird", klang van der Poel nicht wie ein kommender Weltmeister.

Eine topfitte und hochmotivierte Mannschaft schickt Dänemark auf die 268,3 Kilometer lange Strecke zwischen Antwerpen und Leuven. Mit Kasper Asgreen, Magnus Cort Nielsen, Ex-Weltmeister Mads Pedersen und Michael Valgren vier stehen gleich vier potenzielle Sieger im Aufgebot.

Sagan kann mit dem vierten WM-Titel Geschichte schreiben

Nie zu unterschätzen ist auf diesem Kurs auch Peter Sagan, der Geschichte schreiben kann, indem er als erster Fahrer zum vierten Mal das Regenbogentrikot erobert. Der Slowake scheint bereit zu sein: "Es wird ein interessantes Rennen. An manchen Stellen sieht es etwas aus wie eine Flandern-Rundfahrt, aber es ist dann doch anders. Mit den Kopfsteinpflasteranstiegen und dem Rundkurs am Ende, wird es ein technisch anspruchsvoller Wettbewerb. Es geht ständig rauf und runter, es wird ein großer Kampf“, sagte Sagan

Matej Mohoric ist seit der Tour in großartiger Form und könnte auf dem winkligen Schlusskurs eines seiner gefürchteten Soli hinlegen. Der Slowene könnte als erster Fahrer in die Geschichte eingehen, der das Regenbogentrikot bei den Junioren (2012), den Espoirs (2013) und den Profis holte. Von den Namen her hat er zumindest die prominentesten Unterstützer - Tour-Sieger Tadej Pogacar und Vuelta-Gewinner Primoz Roglic - an Bord. Ob das wirklich ein Vorteil ist, wird sich zeigen.

Im Vorfeld der UCI-Gala in Leuven haben übrigens aktuelle und ehemalige Stars ihren Tipp abgegeben. Oscar Freire setzt auf Caleb Ewan, Philippe Gilbert sieht Peter Sagan vorn, Cadel Evans Kasper Asgreen, Francesco Moser Sonny Colbrelli, Stephen Roche glaubt an Mathieu van der Poel als neuen Weltmeister, währende Eddy Merckx und Johan Museeuw am ehesten Wout Van Aert den Titel zutrauen.

Van Aert versucht den Druck zu genießen

Und was sagt der hochgewettete? "Schon diese Position ist eine Art Traum. Eine Weltmeisterschaft im Heimatland zu haben und derjenige zu sein, auf den alle schauen, das ist ein schönes Gefühl. Natürlich gibt es dadurch eine Menge Druck, aber ich versuche, es zu genießen", scheint Van Aert die Favoritenrolle locker aus einer Position der Stärke heraus zu nehmen. "Ich habe mich in den letzten Wochen wirklich gut gefühlt, also bin ich so gut wie möglich vorbereitet. Die Anspannung ist etwas größer, aber im Moment habe ich nur positive Gefühle. Wenn ich an die vielen Zuschauer am Straßenrand denke, freue ich mich wirklich sehr darauf, das zu erleben. Ich hoffe, es wird ein außergewöhnlicher Tag“, so der 27-Jährige.

In Van Aerts Dienste will sich auch Teamkollege und Mitfavorit Remco Evenepoel stellen. "Ich bin Belgier und wir fahren in Belgien. Ich bin nicht hier, um das Team zu zerstören. Ich bin für Wout hier. Es wäre dumm, ihm nicht zu helfen. Niemand ist auf dieser Strecke stärker als Wout!", schwörte der Vize-Europameister und Gewinner der Bronzemedaille im Einzelzeitfahren dieser WM, der es aber auch mit einer Attacke schon weit vom Ziel probieren könnte.

Und das ist der Kurs

Das Rennen startet in Antwerpen. Nach einer kurzen Neutralisation beginnt eine etwas längere, flache Anlaufphase über 55 Kilometer in Richtung Leuven. Dort angekommen, absolvieren die Fahrer das erste Mal den 15,5 Kilometer langen City-Kurs, der identisch ist mit den Runden der vorangegangenen WM-Rennen aller Altersklassen.

Er bietet mit dem Sankt Antoniusberg (230 Meter mit 5,5%, maximal 11%), dem Keizersberg (290 Meter mit 6,6%, maximal 9%), der Decouxlaan (975 Meter bei 2,5%, maximal 6%) und Wijnpers (360 Meter bei 7,9%, maximal 9%) echte Herausforderungen, die später im Finale für die Selektion sorgen können. Doch vorher geht es noch auf den Flandern-Circuit, der in großen Teilen dem Brabantse Pijl ähnelt und auf 32 Kilometern sechs kurze und scharfe Anstiegen enthält.

Mit dem Smeysberg (700 Meter bei 8,8%, maximal 16%), der gepflasterten Moskesstraat (550 Meter bei 8%, maximal 16%), der S-Kurve im Zentrum von Overijse (738 Meter bei 5,5 %, maximal 18,3%) in Kombination mit der Taymansstraat, der steilen und schmalen Bekestraat (439 Meter mit 7,7%, maximal 15%), Veeweidestraat (484 Meter mit 5,2%, maximal 12%) und der zweiten Passage des Smeysbergs dürften Fluchtgruppen genügend Möglichkeiten finden, sich abzusetzen.

Danach geht es für vier Runden zurück nach Leuven, um dann noch mal den Flandern-Circuit zu besuchen, bevor nach weiteren zweieinhalb Runden in Leuven auf der leicht ansteigenden Zielgeraden der neue Weltmeister gekürt werden wird.

Das WM-Rennen der Männer (Sonntag, 26. September 2021)
Strecke: Antwerpen – Leuven (268,3 km)
Neutralisierter Start : 10.25 Uhr
Offizieller Start: 10.40 Uhr
Zielankunft: zwischen 16.46 Uhr und 17.22 Uhr
Höhenmeter: 2.562

 

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