Frösis Tour-Tagebuch / 16. Etappe

Die große CSC-Keule ist ausgeblieben

Von Robert Förster

Foto zu dem Text "Die große CSC-Keule ist ausgeblieben"
Robert Förster (Gerolsteiner) Foto: Christoph Adamietz

22.07.2008  |  Heute haben wir die große Offensive von CSC erwartet, aber es lief ganz nach unserem Geschmack und unser Koxi ist wieder ein Wahnsinnsrennen gefahren. Sogar für mich als Sprinter war es echt ein schöner Tag. Ich weiß nicht, ob ich das jemals schon mal gesagt habe nach einer Bergetappe. Vorhin haben Kraussi und ich nach dem Rennen noch ein herrliches Bad in einem Bergsee am Hotel genossen. Eigentlich gar kein schlechtes Leben...

Vom Start weg war es sehr, sehr schnell. Wind, viele Attacken. Die ersten 40km voll Krieg bis sich dann die fünf Mann um Schumi abgesetzt haben und danach nochmal 21 Mann. CSC hatte zunächst Mühe das zu kontrollieren, dann aber auch kein Interesse mehr an Tempo, weil Voigt und Arvesen mit vorne waren. Auch die anderen Teams waren gut vertreten, sodass nun hinten erst einmal Stillstand herrschte.

In den ersten Berg fuhr das Feld einen Tick zu schnell für mich, aber ich habe versucht, so lange es geht gegenzuhalten. Ich orientiere mich an meinen Leuten wie McEwen. Irgendwann musste ich reißen lassen. Das Feld kam mir schon ziemlich klein vor. "Da hast Du Dich ja ganz gut gehalten", denke ich mir. Ich höre, wie Kraussi, der vor mir reißen ließ, über Funk fragt, wieviele noch hinter ihm sind. "Fünf Mann!", antwortet Henn. Dann gucke ich mich um und bin überrascht, dass ich Kraussi sehe. Also auch nur noch fünf Mann hinter mir. Das Feld sah nur so klein aus, weil soviele vorne waren.

Wir fuhren in einem 12-Mann-Grupetto den 2300m hohen Lombarde hoch. McEwen dabei, De Jongh, Kraussi, der große Grabsch. McEwen fuhr so ein ekliges Tempo, unangenehm, aber im Nachhinein betrachtet war es genau richtig. Oben an der Bergwertung lagen wir 4 Minuten hinterm Feld. Voll die Abfahrt genommen, im Tal Vollgas. Dann steht plötzlich ein Schild am Wegesrand: "la Bonette 26,7 km". Boah , das ist ein Tiefschlag. 5km kann man sich mal quälen, 10km auch. Aber 26km sind schon heftig. Man weiß es ja vorher, aber wenn Du das Schild vor den Augen hast...

Unsere Gruppe fand ein gutes Tempo. Die Karenzzeit-Rechnerei beginnt. Vor uns sehen wir bald das große Grupetto. Klar, dass wir dahin wollen. Nach 10km im Berg sind wir dran an dem großen Feld. 50, 60 Mann. Nun wirds etwas ruhiger. Ich leide die nächsten 10km still vor mich hin, die Luft wird dünner. Das Wetter war allerdings herrlich, nicht zu kalt, kaum Wind, die Straße rollte. Es hätte schlimmer sein können. Ich konnte zeitweise sogar ein bisschen die fantastische Landschaft und die Tour-Atmosphäre genießen. Es waren viele Zuschauer an der Strecke.

Nun noch die Abfahrt. Gute Straßen, da rollte es. Ich kann ganz gut abfahren, daher setze ich mich am liebsten an die Spitze. Gibt nichts Schlimmeres, als hinter einem ein bisschen ängstlichen Kollegen zu fahren, der völlig andere Bremspunkte hat. Gut eine halbe Stunde nach dem Sieger waren wir im Ziel.

Unser Koxi war wieder fantastisch. Wir haben die große CSC-Keule erwartet, aber die ist ausgeblieben. Vande Velde hat Zeit kassiert, Mentschow auch. Gut für uns. Das ganze Team hat heute eine Superleistung gezeigt, Schumi natürlich mit seinem langen Solo, auch Fothen hat stark gearbeitet für Koxi. Kraussi und ich haben ihn vor den Bergen aus dem Wind gehalten. Alle arbeiten wir für unseren Kapitän, jeder nach seinen Möglichkeiten. Und wir machen das gerne. Koxi ist ein ganz netter, der immer auf dem Boden bleibt. Wenn man so ’ne arrogante Type als Kapitän hat, muss man auch seine Arbeit machen, für unseren Koxi zu ackern macht aber sogar Spaß! Bei uns herrscht ein super Teamgeist.

Wir hoffen jetzt, dass es morgen ähnlich läuft wie heute. Ich persönlich bin noch nie Alpe d'Huez im Rennen gefahren, ich bin mal gespannt. Es wäre schön, wenn ich die Stimmung da ein bisschen genießen könnte und die letzten Kilometer nicht im Delirium fahre. Bis morgen.

Traditionell führt Robert Förster auf Radsport News zur Tour de France sein Tagebuch. Der Gerolsteiner-Sprinter, der in diesem Jahr auf seinen ersten Tour-Etappensieg hofft, wird in den nächsten drei Wochen von seinen Erlebnissen auf und neben der Strecke berichten. Traditionell führt Robert Förster auf Radsport News zur Tour de France sein Tagebuch. Der Gerolsteiner-Sprinter, der in diesem Jahr auf seinen ersten Tour-Etappensieg hofft, wird in den nächsten drei Wochen von seinen Erlebnissen auf und neben der Strecke berichten.

Mehr Informationen zu diesem Thema

26.07.2008Mit Koxi mitgefiebert, mitgelitten, mitgejubelt

Was soll man dazu sagen? Schumi, der in den letzten Tagen schon immer zu den Aktivsten gehörte, schießt das Ding ab - Wahnsinn. Und riesig freue ich mich natürlich auch für Bernhard. Gestern gings

25.07.2008Auf nach Paris!

Heute morgen hat mich der Lagerkoller erwischt. Ich hatte überhaupt keine Lust mehr. Es war warm, alles war mir irgendwie zuwider. Fast vier Wochen unterwegs, da kommt sowas irgendwann hoch. Nach dem

24.07.2008Ein Tieftag nach der Kletterei

So ist das immer: Erst kann man´s kaum abwarten, dass die Tour beginnt und wenn es losgeht, freut man sich irgendwann nur noch auf Paris. So ist das derzeit bei uns im Team. Alle fiebern dem Ende ent

23.07.2008Wahnsinn, diese Zuschauermassen, diese Stimmung!

Der Berg rief - und alle kamen. Ich fahre die Tour zum dritten Mal, aber dies war meine Premiere in Alpe d´Huez. Als Jugendlicher bin ich hier mal mit dem Rad hochgefahren, aber ich kann mich kaum no

21.07.2008Wenn nur die Bergetappen so schnell vorbei wären

Ein schöner Ruhetag, der leider viel zu schnell vorbeiging. Heute morgen erstmal ausgeschlafen, dann gemütlich gefrühstückt. Mal keine Berge von Nudeln, Reis und Müsli reinschaufeln! Sonst, zumal

20.07.2008Koksi, Superstar!

Koksi, Superstar! Es sind zwar schon noch ein paar Etappen, aber wie´s aussieht, kann Kohl aufs Podium fahren! Wahnsinnsleistung, die er heute gezeigt hat. Das Bergtrikot von Seppel geholt, der sich

19.07.2008Bei 36 Grad hat´s mit den Stecker gezogen

Ein heißer Tag und bei vielen Sprintern ist der Motor geplatzt. Vom Start weg gab es ein recht turbulentes Rennen, sehr schnell. Alle wollten in eine Gruppe mit rein. Nach 5km waren 21 Mann weg. Von

18.07.2008Das war gar nix

Ich weiß gar nicht, auf welchem Platz ich schließlich gelandet bin. 19.? Das war gar nix. Cavendish ist derzeit nicht zu schlagen, da braucht sich wohl niemand Illusionen zu machen. Aber ein gutes S

17.07.2008Hört das denn nie auf?

Das war ein Scheiß-Tag, von Anfang bis Ende. Heute morgen, eine halbe Stunde vor dem Start, hats uns kalt erwischt mit der Nachricht, dass nun auch Sportkamerad Ricco die Segel streichen muss. Vermut

16.07.2008Mehr Action als erwartet

Der Ruhetag hat mir unheimlich viel gebracht. Selten habe ich mich so gut erholen können. Muskulär und auch vom Kopf her bin ich sehr gut drauf. Gestern abend haben wir noch gegrillt bis spät und w

14.07.2008Koksi hat uns heute alle überrascht

Unser Koksi hat uns heute alle überrascht. "Platz 6 oder 7 ist vielleicht drin", meinte er vor dem Rennen. Am Ende Vierter - vor Evans, vor Valverde. Super. Und ein Zufall ist das bestimmt nicht. Koh

13.07.2008Seppel hätte das Bergtrikot verdient gehabt

Eine lange und eklig schwere erste Pyrenäen-Etappe. Aber dafür gehts mir heute abend erstaunlich gut. Auch berghoch gings heute für meine Verhältnisse sehr gut. Bergetappen sind für uns Sprinter

Weitere Radsportnachrichten

04.05.2024Arensman und Bardet müssen schon sehr früh Federn lassen

(rsn) – Riesig groß waren die Abstände unter den besten Kletterern des Giro d´Italia auf der 1. Etappe rund um Turin nicht. Und doch dürfte das Thema ´Podium in Rom´ für vier interessante Pro

04.05.2024Radsport live im TV und im Ticker: Die Rennen des Tages

(rsn) – Welche Radrennen finden heute statt? Wo und wann kann man sie live im Fernsehen oder Stream verfolgen? Und wo geht´s zum Live-Ticker? In unserer Tagesvorschau informieren wir jeden Morg

04.05.2024Pogacar verpasst Rosa, setzt aber trotzdem eine erste Duftmarke

(rsn) – Tadej Pogacar hat mit seinem UAE Team Emirates alles getan, um schon am ersten Tag des 107. Giro d´Italia das Maglia Rosa zu übernehmen. Die Männer in Weiß arbeiteten den ganzen Tag rund

04.05.2024Erste Bergankunft im Zeichen von Pantani

(rsn / ProCycling) – Wie bereits der gestrige Auftakt ist auch diese 2. Etappe verhältnismäßig kurz. Im Gegensatz zu den Vorjahren entschied sich der Veranstalter RCS in der ersten Hälfte der Ru

04.05.2024Highlight-Video der 1. Etappe des Giro d´Italia

(rsn) – Jhonatan Narvaez (Ineos Grenadiers) hat mit seinem Sieg zum Auftakt des 107. Giro d’Italia das erste Rosa Trikot erobert. Der 27-jährige Ecuadorianer setzte auf der 1. Etappe über 140 Ki

04.05.2024Zocker Schachmann eröffnet den Giro mit Bravour

(rsn) - Im Ziel in Turin war Maximilian Schachmann (Bora – hansgrohe) von den Emotionen überwältigt. Natürlich war er sauer, dass er zum Auftakt des Giro d’Italia so knapp am Rosa Trikot vorbei

04.05.2024Gasparotto: “Max hat das heute clever gemacht“

(rsn) – Viel fehlte nicht und Maximilian Schachmann (Bora – hansgrohe) hätte zum Auftakt des 107. Giro d’Italia für eine dicke Überraschung gesorgt. Der 30-jährige Deutsche musste sich auf d

04.05.2024Nur Narvaez zum Giro-Auftakt schneller als Schachmann

(rsn) – Maximilian Schachmann (Bora – hansgrohe) hat denkbar knapp einen perfekten Einstieg in den 107. Giro d’Italia verpasst. Der zweimalige Deutsche Meister belegte auf der 1. Etappe über 14

04.05.2024Bénin: Zeitbonifikation kostet Bike Aid den Gesamtsieg

(rsn) - Große Enttäuschung beim Team Bike Aid zum Finale der Tour du Bénin (2.2). Der marokkanische Nationalfahrer Achraf Ed Doghmy gewann die 154 Kilometer lange Schlussetappe nach Cotonou im Spr

04.05.2024Vos vollendet auf Windkantenetappe die Vorarbeit ihres Teams

(rsn) – Marianne Vos (Jumbo – Visma) hat sich bei der 10. Vuelta Femenina ihren zweiten Tagessieg gesichert. Die 36-jährige Niederländerin entschied die 7. Etappe über 138,6 Kilometer von San E

04.05.2024Tiberi verlängert bei Bahrain Victorious

(rsn) - In unserem ständig aktualisierten Transferticker informieren wir Sie regelmäßig über Personalien aus der Welt des Profiradsports. Ob es sich um Teamwechsel, Vertragsverlängerungen oder RÃ

04.05.2024Bardet will jeden Giro-Tag wie einen Klassiker angehen

(rsn) – Romain Bardet (dsm-firmenich – PostNL) kommt in Top-Form zum 107. Giro d´Italia. Daran besteht spätestens seit seinem zweiten Platz hinter Überflieger Tadej Pogacar (UAE Team Emirates)

RADRENNEN HEUTE

    WorldTour

  • Giro d´Italia (2.UWT, ITA)