Interview mit Vorarlberg-Teamchef Thomas Kofler

„Letztendlich geht es immer um den Erfolg“

Foto zu dem Text "„Letztendlich geht es immer um den Erfolg“"

Volksbank-Teamchef Thomas Kofler

Foto: cyclingheroes.de

04.03.2009  |  (rsn) – Mit neuem Hauptsponsor und einigen namhaften Neuzugängen wie Sebastian Sielder und René Haselbacher ist das österreichische Team Vorarlberg-Corratec in die neue Saison gegangen. Im Interview mit Radsport News erläutert Teamchef Thomas Kofler die Ziele seines Rennstalls und spricht über die schwierige Situation, in der sich der Radsport speziell im deutschsprachigen Raum befindet.

Mit welchen Zielen geht das Team in die Saison?

Kofler: Die Ziele sind klar ausgerichtet auf die Österreich-Rundfahrt, die Tour de Suisse, die Bayern- Rundfahrt und das eine oder andere ProTour-Rennen (z. B. Vattenfall Cyclassics, Flandern Rundfahrt), wo wir auf eine Wild Card hoffen. Trotzdem werden wir natürlich in allen Rennen den nötigen Einsatz an den Tag legen und einen Platz an der Sonne – sprich: auf dem Podium – anpeilen.

Auch in Ihrem Team gab es einen Sponsorwechsel. Wie sicher ist die Zukunft Ihrer Mannschaft?

Kofler: Sicher ist in Zeiten wie diesen sehr wenig, aber wir haben in den letzten Monaten sehr hart und intensiv gearbeitet, um diese Situation zu meistern. Wir haben Corratec und das Land Vorarlberg dazu bewegen können, die Hauptsponsorschaft zu übernehmen. Erfreulicherweise hat sich gezeigt, dass fast alle Sponsoren zum einen weiter uns das Vertrauen schenken und zum anderen auch neue Partner gefunden werden konnten. Nichtsdestotrotz ist es in diesen turbulenten Zeiten sehr wichtig, sorgsam mit den Mitteln umzugehen.

Ist angesichts der schwierigen finanziellen Situation im Radsport die ProTour immer noch ein Ziel?

Kofler: Auf jeden Fall – aber ob es letztendlich die Pro Tour ist oder einfach nur die Teilnahme an hochkarätigen Rennen, bleibt fast gleich. Wichtig ist immer die Balance zwischen Realität und Wirtschaftlichkeit. Dann sind Ziele auch weiterhin erreichbar.

Zahlreiche deutsche Rennen, bei denen auch Ihr Team regelmäßig startete, wurden in den letzten Jahren abgesagt. Wie sehr trifft es das Team, dass es z.B. keine Deutschland Tour mehr gibt?

Kofler: Ein großer und wichtiger Markt wird auch für das Team Vorarlberg-Corratec kleiner. Es ist sehr schade, da gerade in Deutschland die erfolgreiche Dopingbekämpfung durch meiner Meinung nach ignorante Medien nicht honoriert wird. Damit hilft man dem Sport im Allgemeinen nicht. Gerade in dieser Zeit sollte man nicht den Markt hinter dem Radsport vergessen und auch nicht die damit verbundenen Arbeitsplätze. Deutschland war nie eine „richtige“ Radnation. Das hat man hier leider auch daran gesehen, wie man mit Persönlichkeiten und Stars umging. Und was hat es genützt?

Es gab in diesem Jahr kein Teamtrainingslager. Warum?

Kofler: Zum einen steckt dahinter die Erkenntnis, dass die Profis sehr individuell unterwegs sind und wegen eines Trainingslagers zum Teil ihre Aufenthalte unterbrechen müssten. Zum anderen gibt es auch den finanziellen Aspekt. Wir versuchen, sehr bedacht mit dem Budget umzugehen und gewisse Investitionen in bzw. für Rennen zu tätigen (z.b. Starts bei der Malaysia-Rundfahrt, der Türkei-Rundfahrt usw). Zudem hat sich die Mannschaft beim viertägigen Teambuilding-Treffen Ende November/Anfang Dezember sehr gut zusammengefunden. Letztendlich hat jeder Sportler die Eigenverantwortung zu tragen, um in Form zu kommen.

Sie haben sieben neue Fahrer verpflichtet. Was bedeutet das für die Teamhierarchie?

Kofler: Wie in jedem Team braucht es gewisse Vorgaben und Ansagen, damit eine Taktik auch umgesetzt werden kann. Sonst wird es ziel- und planlos. Letztendlich ist die Geschlossenheit und Einigkeit des Teams am wichtigsten und bringt dann den Erfolg.

Sie haben mit Sebastian Siedler und René Haselbacher zwei namhafte Sprinter ins Team geholt. Gibt es eine unumschränkte Nummer eins im Sprint?

Kofler: Die Nummer eins ist derjenige, der die schnellsten Beine hat – und das werden sicher nicht nur diese beiden Fahrer sein. Auch ein René Weissinger und ein Daniel Musiol haben die Qualitäten dafür. Somit sind wir doch breit aufgestellt und die jüngeren Fahrer haben dennoch Platz und Motivation, in diese Riege einzubrechen und sich mit guten Ergebnissen zu zeigen.

Gerrit Glomser, einer ihrer stärksten Fahrer, steht nicht mehr im Aufgebot. Warum?

Kofler: Er möchte und wird sich in den nächsten Tagen entscheiden, wie und was er in Zukunft macht – bei uns im Team oder auch nicht.

Mit dem Belgier Wim Van Huffel haben Sie einen namhaften ProTour-Fahrer verpflichtet. Was versprechen Sie sich von ihm?

Kofler: Einiges! Auch für ihn persönlich. Wim hat sicherlich die nötige Erfahrung, bei den wichtigen Rennen das abzurufen, was einen guten Profi ausmacht. Er ist sehr aufgeschlossen und hat sich bereits sehr gut in das Team integriert. Wenn er in Form ist, wird er bei schweren Rundfahrten unser Mann für das Gesamtklassement sein.

Steigen mit den prominenten Neuverpflichtungen (Siedler, Haselbacher, Van Huffel) die Erwartungen an das Team – müssen mehr Siege eingefahren werden als im letzten Jahr?

Kofler: Müssen tun wir alle sterben, wie es so schön heißt - letztendlich geht es immer um den Erfolg. Wir werden alles daran setzen, dass das Team Vorarlberg-Corratec diesen Erfolg auch einfahren kann.

Ihr Team ist Mitglied in der Bewegung für einen glaubwürdigen Radsport (MPCC), der aber nur eine Minderheit der Mannschaften angehört. Ist das nicht ein schlechtes Zeichen?

Kofler: Nun gut, es ist in unseren Augen ein guter Kreis, um was zu bewegen. Und hier passiert auch einiges. Man spricht sehr offen und diskutiert auch über gewisse Umstände und Lösungen. Das ist mit einer großen Gruppe fast oder gar nicht möglich. Wir sind nach wie vor auf der klaren Linie, diesen Weg weiter zu gehen. Natürlich ist es schade, dass einige den Ernst der Lage um diesen Sport noch nicht erkannt haben und sehr kurzfristig denken.

Wie beurteilen Sie die Entwicklung im Anti-Dopingkampf?

Kofler: Wir beteiligen uns am Blutpassprogramm, sind aktiv mit ADAMS vertraut und versuchen sehr offen mit diesem Thema um zu gehen – und greifen dafür auch tief in unsere Taschen was das finanzielle angeht. Der Radsport ist im Anti-Dopingkampf mit Sicherheit am weitesten von allen Sportarten. Doch es wird kaum oder gar nicht honoriert in der Öffentlichkeit, da zum einen natürlich viel mehr Kontrollen gemacht und dementsprechend auch Fahrer entlarvt werden. Hier beißt sich die Katze in den Schwanz, dass man genau jetzt dem Radsport oft den Rücken kehrt. Trotzdem wird es die Aufgabe des Radsports sein, in naher Zukunft aus den vergangenen, unwirtlichen Situationen zu lernen. Wir werden unsere Hausaufgaben machen und versuchen den Sport und deren Initiatoren wieder in den Vordergrund rücken. Das Team Vorarlberg-Corratec hat damit begonnen und leistet seinen Beitrag im deutschsprachigen Raum hoffentlich noch viele Jahre.

Die Fragen an Thomas Kofler stellte Matthias Seng.

Mehr Informationen zu diesem Thema

28.08.2009Rapp: 2010 wohl keine Deutschland Tour

(rsn) - Nachdem ARD und ZDF in diesem Jahr doch von der Tour de France berichtet hatten, war auch die für 2009 abgesagte Deutschland Tour wieder in den Mittelpunkt von Spekulationen gerückt. Im Inte

20.08.2009"Für ganz vorne fehlte noch ein bisschen was"

(rsn) – Nach schwachem Saisonstart hat Gerald Ciolek (Milram) in den vergangenen Monaten beständig gute Leistungen gezeigt, auch wenn es bisher erst zu einem Sieg reichte. Im Interview mit Radsport

20.04.2009"Ich bin froh, dass im Radsport soviel kontrolliert wird"

(sid) - Linus Gerdemann gehört zu den deutschen Hoffnungsträgern bei der diesjährigen Tour de France. Im Interview mit dem Sport-Informations-Dienst (SID) spricht der Milram-Kapitän über seine F

19.03.2009"Wir sind als böse Ketzer dargestellt worden"

(sid) - Der wochenlangen Schlammschlacht folgt der Showdown im Nobelhotel: BDR-Präsident Rudolf Scharping stellt sich am Samstag auf der Bundesversammlung des Bundes Deutscher Radfahrer zur Wiederwah

17.03.2009Claußmeyer: "Wir leben von unserer Stärke als Team"

(rsn) - Aus dem Continental-Team Sparkasse wurde zur neuen Saison das Team Nutrixxion Sparkasse. In Gespräch mit Radsport News erklärte Teamchef Mark Claußmeyer die Zusammensetzung des Teams, die S

26.02.2009„Kein Sieg im letzten Jahr – das hat mich gewurmt“

(rsn) – Paul Martens steht in seiner zweiten Saison beim niederländischen Rabobank-Team. Im letzten Jahr gelang dem 25-Jährigen trotz guter Leistungen kein Sieg. Das soll in dieser Saison anders w

24.02.2009„Ich habe mich als Co-Kapitän sehr wohl gefühlt“

(rsn) – Als Vierter der Andalusien-Rundfahrt zeigte Martin Velits (Milram) schon früh in der Saison sein großes Potenzial. Im Interview mit Radsport News sprach der 24-jährige Slowake über seine

13.02.2009"Schlimmer kann es nicht mehr kommen"

(rsn) - Der Australier William Walker, 2005 Vize-Weltmeister in der U23-Klasse, zählt zu den großen Talenten des Radsports. Das konnte der 23-Jährige in den letzten beiden Jahren im Rabobank-Trikot

11.02.2009"Ich will mich 2009 für höhere Weihen empfehlen"

(rsn) - Christian Müller (26) galt in seiner U23-Zeit als eines der größten deutschen Zeitfahrtalente. Nach einer guten Neo-Profi-Saison 2005 bei CSC lief in den folgenden drei Jahren nur wenig zus

07.02.2009"Wir sind eines der jüngsten Continental-Teams"

(rsn) - Das Bochumer Continental-Team Vlassenroot startet 2009 unter dem Namen Seven Stones. Im Gespräch mit Radsport News erklärt der Sportliche Leiter Lars Diemer, was hinter der Namensänderung s

05.02.2009"In Topform zu den Ardennenklassikern"

(rsn) - Robert Gesink ist das größte niederländische (Kletter-)Talent seit vielen Jahren. 2008 machte der 22-jährige Rabobank- Profi in mehreren großen Rennen mit Spitzenplatzierungen bereits von

04.02.2009„Ich habe alles getan – jetzt reicht’s“

(rsn) – Mit nur 24 Jahren hat Tim Klinger seine Profikarriere beenden müssen. Im Interview mit Radsport News erläutert der ehemalige Gerolsteiner-Fahrer die Gründe für seine Entscheidung und bil

Weitere Radsportnachrichten

11.05.2024Highlight-Video der 8. Etappe des Giro d´Italia

(rsn) – Die 8. Etappe des 107. Giro d´Italia hätte eine für kletterstarke Ausreißer sein können. Entsprechend groß war der Kampf um die Plätze in der Spitzengruppe zu Beginn und entsprechend

11.05.2024Geschke und Steinhauser beeindrucken in glückloser Gruppe

(rsn) – Zwei Deutsche haben die 8. Etappe des Giro d´Italia quer durchs Apennin in Richtung Bergankunft in Prati di Tivo maßgeblich mitgeprägt: Simon Geschke (Cofidis) und Georg Steinhauser (EF E

11.05.2024Flachetappe in die Hauptstadt der Pizza-Liebhaber

(rsn / ProCycling) – Die Verbindung der Rennorganisatoren RCS mit Neapel scheint in den letzten Jahren besonders eng geworden zu sein. Zum dritten Mal in Folge schlägt der rosa Zirkus seine Zelte i

11.05.2024Teamkollegen überredeten Pogacar, im Apennin auf Sieg zu fahren

(rsn) - Normalerweise sagt im Radsport der Kapitän, wann und wie er auf Sieg fahren will. Das ist sicher auch bei Tadej Pogacar und seinem UAE Team Emirates so. Mit dem Unterschied, dass die Mannscha

11.05.2024Sturz in Spitzengruppe raubte Santic - Wibatech die Siegchance

(rsn) - Bei der Silesian Classic (1.2), einem neuen UCI-Eintagesrennen in Polen, hätte sich das deutsche Team Santic - Wibatech beinahe den Premierensieg gesichert. Nach 160 Kilometern fuhren die be

11.05.2024Fleche du Sud: Rüegg auf Podiumskurs, Rapp und Peter lauern

(rsn) - Das 18,6 Kilometer lange Einzelzeitfahren am Vorschlusstag des Fleche du Sud (2.2) hat nur wenig Veränderungen im Gesamtklassement gebracht. So geht weiterhin der Niederländer Pim Ronhaar (

11.05.2024Martinez hatte den Sieg vor Augen, bis Pogacar antrat

(rsn) – Mit dem Tagessieg bei der Apennin-Bergankunft in Prati di Tivo hat es für Bora – hansgrohe auf der 8. Etappe des Giro d´Italia nicht geklappt. Überflieger Tadej Pogacar (UAE Team Emirat

11.05.2024Thomas “überrascht, dass andere abgehängt wurden“

(rsn) – Zwei Minuten Zeitverlust auf Tadej Pogacar (UAE Team Emirates) im Einzelzeitfahren am Freitag: Die Aussichten für Geraint Thomas (Ineos Grenadiers) vor der zweiten Bergankunft des 107. Giro

11.05.2024Großschartner: “Der Etappensieg war eigentlich nicht unser Ziel“

(rsn) – Das Finale der 8. Etappe des Giro d’Italia (2.UWT) ging Tadej Pogacar (UAE Team Emirates) eher gemächlich an. Statt einer frühen Attacke verließ sich der Slowene auf seine SprintqualitÃ

11.05.2024Pogacar holt Etappensieg Nr. 3, diesmal im Sprint am Berg

(rsn) – Tadej Pogacar (UAE Team Emirates) hat einen Tag nach seinem zweiten Etappensieg beim 107. Giro d’Italia gleich den dritten nachgelegt. Auf der 8. Etappe von Spoleto zur Bergankunft von Pra

11.05.2024Nys lässt Hirschi und Co. im Bergaufsprint keine Chance

(rsn) – Thibau Nys (Lidl – Trek) hat bei der Ungarn-Rundfahrt seinen zweiten Etappensieg in Folge gefeiert. 24 Stunden nachdem der 21-jährige Belgier an der Bergankunft von Gyöngyös-Kékestö d

11.05.2024Amador bei schwerem Trainingsunfall mit Glück im Unglück

(rsn) – Andrey Amador (EF Education – EasyPost) ist bei einem schweren Trainingsunfall vor den Toren von Barcelona am Donnerstag den Umständen entsprechend glimpflich davongekommen. Der Costa Ric

RADRENNEN HEUTE

    WorldTour

  • Giro d´Italia (2.UWT, ITA)
  • Radrennen Männer

  • Tour de Hongrie (2.Pro, HUN)