Im Portrait

Robert Wagner - Deutscher Meister der Herzen

Von Christoph Adamietz

Foto zu dem Text "Robert Wagner - Deutscher Meister der Herzen"
Robert Wagner strahlt im Meistertrikot | Foto: ROTH

27.06.2011  |  (rsn) – Robert Wagner ist auch ein Deutscher Meister der Herzen. Wohl keinem im Peloton hätte man diesen Coup mehr gegönnt als dem 28-jährigen Magdeburger. Die gesamte nationale Elite freute sich über den größten Karriereerfolg des im Frühjahr von zahlreichen Verletzungen geplagten Sprintspezialisten - und das, obwohl er zumindest für die schnellen Männer im Feld ein Rivale ist.

„Für Wagi freue ich mich ehrlichen Herzens. Er ist ein sympathischer Rennfahrer“, sagte etwa John Degenkolb (HTC-Highroad), der am Sonntag in Neuwied gegen Wagner den Kürzeren gezogen hatte und Dritter wurde. „Wagi war und ist immer ein super Typ. Ich habe mich gestern riesig für ihn gefreut. Ich hoffe, dass wir es irgendwann mal schaffen, seinen DM-Titel auf dem Oktoberfest zu feiern“, so NetApp-Profi Andreas Schillinger, mit Wagner aus gemeinsamen U23-Zeiten beim Team Köstritzer befreundet, zu Radsport News.

Was macht diesen Robert Wagner so beliebt? Warum freuen sich durch die Bank weg alle mit dem Leopard-Trek-Profi über dessen überraschenden Sieg in Neuwied?

Zunächst einmal: Wagner ist immer freundlich und zuvorkommend. „Ich kenne niemanden, der nicht mit ihm auskommt“, sagte etwa sein ehemaliger Köstritzer-Teamkollege und enger Freund Sebastian Paddags zu Radsport News. Und Ronny Hartz, ebenfalls ein guter Freund von Wagner, ergänzt: „Ich weiß gar nicht, ob er böse werden kann. Ich glaube, das Gen fehlt bei Ihm.“

Auch sein ehemaliger Teamkollege Jörg Ludewig fand positive Worte. "Wenn Du den nachts um 4 Uhr anrufst und bittest, dich von Belgien aus in München am Flughafen abzuholen, Wagi hackt los! Ich hatte bei der "Quinghai Lake Tour" völlig überzogen, wollte unbedingt gewinnen - das ging dann im wahrsten Sinne des Wortes "in die Hose". Ich  musste mit starkem Durchfall ins Krankenhaus und habe dort sehr befremdliche Hygienezustände vorgefunden", erinnert sich Ludewig, der gemeinsam mit Wagner bei Wiesenhof fuhr, im Gespräch mit Radsport News. "Und wer hat mir auf der Toilette im Krankenhaus bei 40 Fieber geholfen? - Wagi."

Interviewanfragen lehnt der neue Deutsche Meister so gut wie nie ab – ganz gleich, ob in guten oder schlechten Zeiten. Über andere Fahrer verliert er kein schlechtes Wort, auch nicht, wenn die Mikrofone ausgeschaltet sind. Als er etwa vor zwei Jahren von Skil-Shimano nicht für die Tour de France nominiert wurde, gab es kein böses Wort in Richtung Teamleitung. Im Gegenteil: Wagner würdigte die starken Leistungen seiner Teamkollegen und meinte, dass sie sich das Ticket wahrlich verdient hätten.

Zudem ist Wagner Realist, aber auch Optimist. Er weiß, was er kann, genauso aber, was er nicht kann. Aus Tiefschlägen zieht er immer etwas Positives. Seine Familie gibt ihm viel Rückendeckung. Seine heutige Frau Sandra, früher in der Bahnnationalmannschaft der Niederlande aktiv, lernte er vor zehn Jahren in Frankfurt an der Oder auf der Radrennbahn kennen. „Da hat es gefunkt. Mein damaliger Teamkollege Robert Bengsch hat mir dann die Nummer besorgt“, erinnerte sich Wagner im Gespräch mit Radsport News. Vor zwei Jahren ist mit Töchterchen Juli ein weiterer Sonnenschein in sein Leben getreten. Gerade seine Frau, mit der er im belgischen Kelmis lebt, unterstützt ihn mit allen Kräften, so dass er das tun kann, was er soll: Radfahren. Hartz: „Echt Wahnsinn, was Sandra da leistet.“

Aber auch Wagners lockere Zunge, seine offene und ehrliche Art – bei ihm weiß man immer, woran man ist - zeichnen ihn aus. Und u einen Spruch im "Magdeburger Bördeslang" (Paddags) ist er nie verlegen. Als er auf Radsport News die Kolumne „Mit Wagner durch den Winter“ führte, war er mit der Umsetzung nicht ganz einverstanden. „Kannste det nich als Original-Wagner  bringen? Det macht det doch viel authentischer“, so Wagner damals.

Der Sprinter und Klassikerspezialist liebt seinen Sport. Nach einer Trainingseinheit ist es schwer, ihn zu einer weiteren Aktivität zu überreden, da er regenerieren muss. Im Training gibt er immer alles. „Irgendwann im Winter waren wir das erste Mal wieder im Kraftraum und danach waren wir so kaputt, dass Wagi im Anschluss in Gera im Internat drei Meter vor seiner Zimmertür in die Küche abgebogen ist und da zwei Stunden am Küchentisch geschlafen hat", erinnerte sich Paddags.

Auch privat mag es Wagner gerne leger. „Es juckt ihn nicht die Bohne, wie das aussieht“, so Paddags. Ein 100-prozentiger Musterprofi ist Wagner aber nicht. Bei Schokolade kann der gelernte Automobilkaufmann nicht nein sagen. Auf die Frage, was er noch dem Karriereende machen wird, sagte er etwa: „So viel Schokolade essen, wie ich will.“

Im Peloton kennt sich Wagner bestens aus. „Ich glaube, der kennt fast jeden Profi mit Schuhgröße und Familienstammbaum. Der hört oder liest irgend einen Namen ein Mal und merkt sich das für den Rest seines Lebens“, berichtete Paddags. „Zu fast jedem Fahrer weiß er ein paar Extra-Infos wie 'Der ist mit der Schwester von dem verheiratet.'"

Seine Radsportkarriere begann der am 24. April 1983 in Magdeburg geborene Wagner bereits mit neun Jahren. An Weihnachten 1992 bekam er von seinen Eltern ein lila lackiertes Diamant-Rad, im März 1993 bestritt er in Magdeburg sein erstes Radrennen. Mehr als 18 Jahre später ging einer von Wagners sportlichen Träumen in Erfüllung – Deutscher Meister zu werden.

Der Weg dahin führte zwar kontinuierlich nach oben, aber auch über zahlreiche Hindernisse hinweg. Wagner fuhr für den MSV Borde - den Verein seines Onkels - den PSV Magdeburg und den RSV Osterweddingen. Von dort ging es zum PSV Rostock, wo ihn Peter Sager trainierte. Bei diesem Team verbrachte Wagner seine komplette Juniorenzeit. Anschließend folgte der Wechsel zum Team Teag Köstritzer, wo Wagner unter seinem ehemaligen Trainer Gerald Mortag auf das Profigeschäft vorbereitet wurde. Dabei gelang ihm unter anderem ein prestigeträchtiger Etappensieg bei der Thüringen Rundfahrt.

Seine Profikarriere startete Wagner 2007 beim Team Wiesenhof-Felt. Danach ging es für drei Jahre in die Niederlande zu Skil-Shimano, wo er 2008 seinen ersten Profisieg einfuhr und den internationalen Durchbruch schaffte. Seit Jahresbeginn fährt der 28-Jährige, an dem im Vorjahr auch BMC interessiert war, für das luxemburgische Team Leoard-Trek.

Ab Sonntag startet Wagner bei der Österreich-Rundfahrt - zum ersten mal in Schwarz-Rot-Gold!

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