Tour-Debütant wird in Bensheim Deutscher Meister

Buchmann setzt auf das I-Tüpfelchen noch einen drauf

Von Christoph Adamietz aus Bensheim

Foto zu dem Text "Buchmann setzt auf das I-Tüpfelchen noch einen drauf"
Emanuel Buchmann (Bora-Argon) strahlt im Trikot des Deutschen Meisters. | Foto: Cor Vos

28.06.2015  |  (rsn) – Das Deutsche Meistertrikot wird auch in diesem Jahr bei der Tour de France zu sehen sein – allerdings nicht auf den Schultern von arrivierten Stars wie André Greipel (Lotto Soudal) oder John Degenkolb (Giant-Alpecin). Stattdessen wird Neo-Profi Emanuel Buchmann (Bora-Argon) als Titelträger nach Frankreich reisen, wo er sein Debüt beim größten Radrennen der Welt geben wird.

Der 22-jährige Ravensburger hatte sich am Sonntag auf den letzten fünf Kilometern des schweren Rundkurses in Bensheim mit einer Attacke aus einer kleinen Spitzengruppe abgesetzt und einen knappen Vorsprung vor den ersten Verfolgern Nikias Arndt (Giant-Alpecin) und Marcus Burghardt (BMC) ins Ziel gerettet.

„Meine Tour-Nominierung war schon das Tüpfelchen auf dem I, aber jetzt noch im Meistertrikot hinzufahren, das ist unglaublich. Ich war aber auch richtig stark, unverdient war der Sieg nicht“, sagte Buchmann nach dem größten Erfolg seiner Karriere auf der Pressekonferenz, wo er auch seine Taktik erklärte: „Im Sprint wäre es schwierig geworden, deshalb haben Björn Thurau und ich abwechselnd attackiert. Ich hatte dann das Glück, dass sie mich fahren ließen."

Zwar versuchte Arndt im Finale noch mit aller Kraft, den Anschluss an Buchmann wiederherzustellen, doch blieb der 23-Jährige in seinen Bemühungen erfolglos und musste sich wie schon im Zeitfahren mit Rang zwei begnügen. „Bevor die Konterattacken kamen, bin ich lieber selbst in die Offensive gegangen. Emanuel ist auf den letzten Metern noch sehr stark gefahren, es hat für mich dann nicht mehr gereicht“, schilderte Arndt die entscheidende Phase.

Sieben Sekunden hinter dem Überraschungssieger konnte sich Burghardt zwar noch Platz drei sichern, doch trotz seines bisher besten Ergebnisses bei einer Deutschen Straßenmeisterschaft haderte der 31-Jährige mit sich selbst, nachdem er die Lücke nicht mehr hatte schließen können. „Ich habe am Berg zu lange gezögert und danach ist wieder viel zusammengelaufen. Danach habe ich nur noch Schwarz gesehen – vor lauter Bora- und Alpecin-Fahrern. Als Einzelkämpfer hatte ich es dann schwer“, sagte Burghardt, der ebenso wie Arndt nach seiner Giro-Teilnahme nicht bei der Tour starten wird.

Greipel und Degenkolb, die im vergangenen Jahr den Sieg unter sich ausgemacht hatten, spielten auf dem hügeligen Parcours im Finale keine Rolle. Der entthronte Titelverteidiger landete auf Rang 18, Degenkolb beendete das Rennen auf dem 16. Platz.

Nach einer ersten „Abtastrunde", in der nennenswerte Attacken ausblieben, setzte sich zu Beginn der zweiten von insgesamt acht Runden à 25,6 Kilometer kurz vor dem sieben Kilometer langen Anstieg zur Kuralpe Grischa Janorschke (Vorarlberg) ab, der kurz darauf von Julian Braun (Kuota-Lotto) Gesellschaft bekam.

Das Duo fuhr sich eine knappe Minute an Vorsprung heraus, der allerdings zu Beginn der dritten Runde fast aufgebraucht war. Während Braun wieder ins Feld zurückfiel, konnte sich Janorschke an der Spitze behaupten und bildete dann mit sieben weiteren Fahrern, darunter Johannes Fröhlinger (Giant-Alpecin), Andreas Stauff (MTN Qhubeka), Nils Politt (Stölting) und Lokalmatador Jan Dieteren (Leopard) die Spitze des Rennens.

Zur Halbzeit des 204,8 Kilometer Rennens lagen knapp zwei Minuten zwischen dem Feld und der Spitzengruppe. Durch eine Tempoverschärfung vom Team Bora-Argon 18 bildete sich nicht nur eine prominent besetzte, 13 Fahrer starke Verfolgergruppe heraus - auch der Rückstand schrumpfte bei sommerlichen Temperaturen schnell zusammen, so dass sich im Verlauf der 5. Runde gleich 21 Fahrer zur neuen Spitze zusammenfanden, darunter auch Degenkolb, sein Teamkollege Simon Geschke, Linus Gerdemann (Cult Energy), Christian Knees (Sky) und Gerald Ciolek (MTN-Qhubeka) .

Nicht mit dabei waren unter anderem Marcel Kittel (Giant-Alpecin), der das Rennen zur Halbzeit aufgegeben hatte, und Greipel. Der Titelverteidiger hatte allerdings Glück, dass in der großen Spitzengruppe keine Einigkeit herrschte und diese noch vor dem Ende der 5. Runde von einer 30 Fahrer starken Verfolgergruppe eingefangen war in der auch der 32-Jährige mitfuhr.

Im Anstieg der 6. Runde folgten weitere Attacken, die dazu führten, dass sich mit dem dreimaligen Deutschen Meister Fabian Wegmann (Cult Energy), Burghardt und Buchmann ein Spitzentrio bildete. Kurz vor der sechsten Zieldurchfahrt wuchs die Gruppe auf neun Fahrer an – die drei Ausreißer erhielten Verstärkung durch Degenkolb, Politt, Geschke, Florian Bissinger (WSA Greenlife), Gerdemann und Thurau.

Doch auch diese Gruppe hatte nur kurzzeitig Bestand, und kurz vor Ende der sechsten Runde setzten sich zwölf Fahrer ab, zu denen kurz darauf neun weitere aufschließen konnten. Greipel, Gerdemann, Wegmann, Knees, Arndt, Fröhlinger, Geschke, Thurau. Schumacher und Burghardt mischten vorne mit, dagegen steckte Degenkolb nach einem Defekt bei 50 Sekunden Rückstand in der Verfolgergruppe fest.

„Ich bin, nachdem ich erst Defekt und dann die Gruppe verpasst habe, knapp zwei Runden hinterhergefahren“, erklärte der 26-Jährige, dem es aber gelang, gemeinsam mit Paul Voß (Bora-Argon 18) und Marcel Meisen (Kuota Lotto) die Lücke zu schließen, so dass schließlich 23 Fahrer die Schlussrunde in Angriff nahmen.

Als erster legte Gerdemann die Karten auf den Tisch und attackierte zu Beginn der letzten Steigung. Schnell fuhr der Gewinner der Luxemburg-Rundfahrt 30 Sekunden an Vorsprung heraus, ehe sich Buchmann und Geschke auf die Verfolgung machten.

In der finalen Abfahrt des Tages waren die drei aber wieder gestellt, so dass eine gut 15 Fahrer starke Spitzengruppe auf die letzten Kilometer ging. Fünf Kilometer vor dem Ziel setzte Buchmann dann seine entscheidende Attacke, der auch die heranjagenden Arndt und Burghardt nichts entgegenzusetzen hatten.

Weiteres Foto - mit Klick vergrößernWeiteres Foto - mit Klick vergrößernWeiteres Foto - mit Klick vergrößernWeiteres Foto - mit Klick vergrößernWeiteres Foto - mit Klick vergrößern

Mehr Informationen zu diesem Thema

05.07.2015Denz hängt an die Hitzeschlacht noch eine Stunde Training dran

(rsn) – Eine Rennverkürzung um zwei Runden von 182 auf 154 Kilometer, nur 39 der 107 gemeldeten Fahrer im Ziel und das mit großen Zeitabständen: Die Detschen U23-Meisterschaft im nordbadischen Br

05.07.2015Politt sichert sich in Zeitfahrermanier den Straßentitel

(rsn) - Die Titelverteidigung bei den U23-Zeitfahrmeisterschaften vor neun Tagen hat Nils Politt (Team Stölting) verpasst. Dafür sicherte sich der 21-jährige Kölner am Sonntag in Bruchsal in beste

05.07.2015Bei 40 Grad ist ein kühler Kopf gefragt

(rsn) - Eine Woche nach der Straßen-DM in Bensheim werden am Sonntag gut 50 Kilometer südlich im nordbadischen Bruchsal die Deutschen U23-Meisterschaften im Straßenrennen ausgetragen. Die 14 Kilom

30.06.2015Bitte warten! Wenn die Sportler Schlange stehen...

(rsn) - Um 19:30 Uhr konnte Frau Dr. Sperveslage endlich mit dem Zusammenpacken beginnen. Die Proben aller 20 an diesem Sonntag zu testenden Athleten und Athletinnen waren genommen, ein schrecklich un

30.06.2015Geradeaus Weltklasse!

Adelheid Schütz ist eine der schnellsten Radfahrerinnen in Deutschland, aber wirklich Rad fahren kann sie nicht. Sie mag es nicht, sich mit anderen Radfahrern in einem Feld zu bewegen und vor allem m

29.06.2015Sieberg: Ohne Klassementfahrer bessere Chancen in den Sprints

(rsn) – Der Kurs der Deutschen Meisterschaften in Bensheim stellte sich für Marcel Sieberg (Lotto Soudal) am Ende als um einen Tick zu schwer heraus. Dies hatte der 33-Jährige allerdings bereits v

29.06.2015Buchmann: Klettertalent mit Rundfahrerqualitäten

(rsn) - Emanuel Buchmann ist seit Martin Reimer im Jahr 2009 der erste Fahrer, der gleich in seinem ersten Profijahr die Deutschen Straßenmeisterschaften gewann. Der 22-jährige Ravensburger deutete

29.06.2015Sachse: „Bei optimiertem Training wäre ich drei Minuten schneller"

(rn) - Der Zeitsoldat René Sachse ist aktueller thüringischer Landesmeister im Einzelzeitfahren. Damit hatte er sich für die Deutschen Meisterschaften in dieser Disziplin in Einhausen qualifiziert.

29.06.201520.000 Zuschauer verfolgten Buchmanns Siegesfahrt in Bensheim

(rsn) – Rund 20.000 Zuschauer haben am Sonntag die Meisterschaftsrennen der Männer und Frauen in Bensheim an der Strecke verfolgt. Das teilten die Organisatoren der nationalen Titelkämpfe am Monta

28.06.2015Mit Greipel und Degenkolb wollte keiner fahren

Bensheim (rsn) - Geteiltes Leid ist halbes Leid! Einträchtig miteinander redend, radelten John Degenkolb (Platz 16/Giant-Alpecin) und André Greipel (Platz 18/Lotto Soudal) nach dem Zieleinlauf der

28.06.2015Gerdemann: „Greipel und Degenkolb hatten ihre Privatfehde"

(rsn) - Alles probiert, aber am Ende leer ausgegangen: Diese Bilanz traf im Meisterschaftsrennen von Bensheim auf mehr als eine Handvoll Fahrer zu. Auf dem selektiven Rundkurs jagte eine Attacke die n

28.06.2015Buchmann macht seinen Teamchef Denk sprachlos

(rsn) – Mit Emanuel Buchmann (Bora-Argon 18) gewann zwar ein Außenseiter die Deutschen Straßenmeisterschaften von Bensheim. Der Erfolg des 22-jährigen Ravensburgers kam aber nicht von ungefähr.

Weitere Radsportnachrichten

14.05.2024BDR darf bei Olympia alle 14 Bahn-Startplätze nutzen

(rsn) - Der Bund Deutscher Radfahrer hat in allen Bahn-Disziplinen die Nominierungskriterien für die Olympischen Spiele in Paris erfüllt und darf im Velodrom von Saint-Quentin-en-Yvelines im August

14.05.2024O´Connor zieht aus Oropa-Übermut Motivation für Attacken am Berg

(rsn) – Ben O´Connor (Decathlon – AG2R) ist nach der ersten Woche des Giro d´Italia einer der aussichtsreichsten Anwärter auf einen Podestplatz in Rom. Obwohl der Australier bei der ersten Berg

14.05.2024Uijtdebroeks: “Pogacar ist eine Stufe über uns“

(rsn) – Nach dem ersten Ruhetag steht beim 107. Giro d’Italia gleich die nächste schwere Etappe ins Haus. Das zehnte Teilstück beginnt in Pompeii und endet nach nur 142 Kilometern mit der Bergan

14.05.2024Liste der ausgeschiedenen Fahrer / 10. Etappe

(rsn) - 176 Profis aus 22 Teams sind am 4. Mai zum 107. Giro d’Italia (2.UWT) angetreten, darunter auch zwölf Deutsche, vier Österreicher, zwei Schweizer und ein Luxemburger. Hier listen wir a

14.05.2024Pogacar rechnet in zweiter Giro-Hälfte mit Attacken seiner Gegner

(rsn) – Angesichts des deutlichen Vorsprungs von 2:40 Minuten auf den zweitplatzierten Daniel Martinez (Bora – hansgrohe) und in überlegener Manier herausgefahrenen drei Etappensiegen zweifelt ka

14.05.2024Kooij, Kanter, Vernon und Mayrhofer nicht mehr beim Giro dabei

(rsn) – Die Fraktion der Sprinter beim Giro d’Italia ist nach dem ersten Ruhetag um gleich drei Namen geschrumpft. Olav Kooij (Visma – Lease a Bike), Max Kanter (Astana Qazaqstan) und Ethan Vern

14.05.2024Radsport live im TV und im Ticker: Die Rennen des Tages

(rsn) – Welche Radrennen finden heute statt? Wo und wann kann man sie live im Fernsehen oder Stream verfolgen? Und wo geht´s zum Live-Ticker? In unserer Tagesvorschau informieren wir jeden Morgen

13.05.2024Bergankunft Nr. 3: Kurze Etappe, langer Schlussanstieg

(rsn / ProCycling) – Schon in der ersten Woche des 107. Giro d´Italia hat es Ausreißversuche gegeben, die von Erfolg gekrönt waren. Doch erst die 10. Etappe durch den südlichen Apennin weist ein

13.05.2024Martinez und Bora wollen nicht nur Platz 2 verteidigen

(rsn) – Sollte der Status Quo beim Giro d´Italia auch nach der Schlussetappe in Rom noch Bestand haben, so wäre man bei Bora – hansgrohe sicher zufrieden. Ein zweiter Gesamtplatz mit Kapitän Da

13.05.2024Schachmann: Etappenjäger in wichtiger Doppelfunktion

(rsn) – Maximilian Schachmann (Bora – hansgrohe) hat sich von seinem Sturz 58 Kilometer vor dem Ziel der 9. Etappe beim Giro d´Italia bereits recht gut erholt. Das bestätigte der 30-Jährige am

13.05.2024Mit Rouvy Grand-Tour-Recon im Wohnzimmer?

(rsn) - Analoge und digitale Welten verschränken sich immer mehr, auch beim Radsport. Auf besondere Weise dreht Rouvy mittlerweile die Schraube weiter. Auf der 2017 von den Brüdern Petr und Jiri Sam

13.05.2024Erholter Démare kehrt in Dünkirchen ins Feld zurück

(rsn) – Nachdem er aufgrund von Erschöpfungserscheinungen seine Klassikerkampagne bereits nach Gent-Wevelgem am 27. März hatte beenden müssen, kehrt Arnaud Démare (Arkéa - B&B Hotels) in seiner

RADRENNEN HEUTE

    WorldTour

  • Giro d´Italia (2.UWT, ITA)
  • Radrennen Männer

  • 4 Jours de Dunkerque / Grand (2.Pro, FRA)
  • Tour d´Algérie (2.2, DZA)