Vierter Titel im vierten und letzten Jahr des Teams

Laukes Frauen sorgen für erfolgreiches Ende einer Ära

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Ronny Lauke (Velocio-SRAM) mit der Trophäe der Weltmeisterinnen. | Foto: Cor Vos

21.09.2015  |  (rsn) - Sie wälzten sich auf dem Boden, schrien die Freude immer wieder heraus und umarmten sich gefühlte 150 Mal: So ausgelassen wie die Frauen von Velocio-SRAM auf der Broad Street in Richmond freut sich selten ein Team über den Sieg in einem Mannschaftszeitfahren. Trixi Worrack riss ihre Teamkollegin Alena Amialiusik förmlich zu Boden beim Jubeln - und Lisa Brennauer warf sich sofort dazu.

Die Szenen, die sich hinter der Ziellinie abspielten, offenbarten die Bedeutung des vierten Titelgewinns hintereinander bei Weltmeisterschaften. „Für mich persönlich: Ja", sagte Worrack dementsprechend auf die Frage, ob es der schönste der vier WM-Titel sei - die 33-Jährige war schließlich als Einzige bei allen Siegen dabei. „Gerade weil wir in Schweden nicht gewonnen haben und viele dachten, wir würden es hier schwer haben, ist es noch viel schöner!"

Die Niederlage gegen Rabo-Liv beim Weltcup-Teamzeitfahren in Vargarda einen Monat vor der WM bezeichneten viele bereits als das Ende einer Ära. Doch Worrack, Brennauer, Amialiusik, Mieke Kröger, Karol-Ann Canuel und Barbara Guarischi sorgten in Richmond dafür, dass diese Ära nun doch erst am Saisonende abgeschlossen wird, wenn sich das Team von Managerin Kristy Scrymgeour auflöst und unter der Ägide des bisherigen Sportlichen Leiters Ronny Lauke neu aufgebaut wird.

Der 39-Jährige - Lauke feierte drei Tage vor der erfolgreichen Titelverteidigung in Richmond Geburtstag - ist der Vater des Erfolges bei Velocio-SRAM. „Ronny ist sehr wichtig für uns, der Kopf der ganzen Teamzeitfahr-Philosophie. Er hat mir persönlich viel beigebracht in dieser Disziplin, und ich denke jeder Einzelnen von uns", holte Brennauer daher gerne zur Lobeshymne aus, als sie auf der Sieger-Pressekonferenz auf ihren Chef angesprochen wurde. Es sprudelte regelrecht aus der Weltmeisterin heraus - ohne Pause zum Nachdenken:

„Er versucht uns zusammen zu halten und als eine Einheit fühlen zu lassen. Er arrangiert gemeinsam mit den Sponsoren und dem Staff alles so, dass wir uns nur ums Radfahren kümmern müssen. Und er ist auch der Kopf hinter unserer Taktik und derjenige, der uns ruhig hält und daran erinnert, konzentriert zu bleiben. Durch seine Kommentare über den Funk sorgt er dafür, dass wir die Strategie so gut ausführen, wie wir können. Für uns ist er eine wirklich wichtige Person, die großen Anteil am Erfolg des Teams hat", flocht Brennauer einen rhetorischen Lorbeerkranz für Lauke.

Und wenn man sieht, wie sich das von ihm geleitete Team über die Jahre entwickelt hat, scheint Lauke tatsächlich etwas richtig zu machen. Schließlich verlor der Eisenhüttenstädter jedes Jahr wichtige Säulen, die ihre Karrieren beendeten oder das Team verließen. 2013 fehlten Amber Neben, Charlotte Becker und Ina Yoko Teutenberg, 2014 Ellen Van Dijk und Katie Colclough und nun 2015 Evelyn Stevens, Carmen Small und Chantal Blaak.

„Das gibt mir eigentlich die meiste Genugtuung, dass wir die Lücken immer schließen konnten und es in vier Jahren immer geschafft haben, oben zu bleiben, obwohl uns immer wieder die starken Leute weggekauft wurden", erklärte Lauke nach dem denkbar knappen Sieg mit sechs Sekunden Vorsprung vor Boels-Dolmans, wo inzwischen Van Dijk, Stevens und Blaak fahren.

„Rein von der Kraft und den Qualitäten in der Breite war Boels dieses Jahr die stärkere Mannschaft. Das sage ich auch jetzt noch, wo wir gewonnen haben. Aber wir haben auf die Details geachtet - mit allen Leuten drum herum, mit SRAM, Cervelo, Zipp, Alex Bauer, der die Aerodynamik macht, oder mit Andi Lang, der das Training macht - jeder hat dazu beigetragen. Vielleicht haben wir auch das Glück der Tüchtigen - ich weiß es nicht."

Besonders hervorheben wollte der kommende Team-Manager aber Worrack: „Sie verdient es am meisten, denn sie hat in allen vier Jahren den meisten Input gegeben", so Lauke. „Trixi war immer dabei und eine der Wichtigsten im Team, die im Training auf die kleinen Details geachtet und den Anderen mitgeteilt hat: Damit werden wir besser."

Offensichtlich haben die Anderen auf Worrack gehört und gemeinsam den Plan von Lauke umgesetzt. Der erklärte der radsport-news.com schon am Vorabend des Rennens, dass die Taktik auf den 38,8 Kilometern von Richmond wegen des Anstiegs am Ende eine wichtige Rolle spielen könnte. Und tatsächlich drehten seine Fahrerinnen genau dort den Spieß um - auch wenn es sehr eng zuging und Canuel über ihre Grenzen gehen musste, um die goldenen Früchte ernten zu können, die Laukes strategische Anpassungen nach der Schweden-Niederlage trugen.

„Schnell anzugehen, hat uns die letzten Jahre stark gemacht. Wir sind damit gut gefahren, und deshalb war das auch heute unser Plan", erklärte Brennauer, was an der Taktik gleich geblieben war. Doch die Abstimmung innerhalb des Sextetts änderte sich: So drückte in der Anfangsphase die im Vergleich zu Vargarda für Elise Delzenne ins Team gerückte Guarischi besonders aufs Tempo. Die Italienerin fiel dann nach gut einem Drittel des Rennens und getaner Arbeit zurück. Einen besonderen Fortschritt machte aber auch die in Vargarda noch schwächelnde Zeitfahr-Europameisterin Kröger.

„Mieke hatte heute einen superstarken Tag", lobte Brennauer und erklärte, dass auch der Leistungssprung ihrer Landsfrau durch die genaue Rennplanung begünstigt wurde. „An den schwierigen Stellen, wo es berghoch ging, haben wir sie sich etwas ausruhen lassen, und dafür dann bergab voll eingesetzt. Mieke hat einen supertollen Job gemacht!" Während Kröger in Vargarda schon nach rund einem Drittel der Distanz verheizt war, trug sie nun bis zwei Kilometer vor Schluss zum Tempo bei.

Mit dem vierten Titel im kollektiven Zeitfahren endet die Ära des Teams Velocio-SRAM, und Lauke wird für 2016 mit seinem neuen Team Canyon von vorne beginnen müssen. Wer aus der Weltmeister-Truppe von 2015 dann dabei sein wird, verrät der 39-Jährige noch nicht. Aber: Er weiß ja, wie man ein Siegerteam formt.

Brennauer und Worrack im Doppel-Interview:

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