AG2R vor Tour-MZF in guter Ausgangsposition

Bardet geht mit “Sicherheitspolster“ in seine Sorgendisziplin

Von Daniel Brickwedde

Foto zu dem Text "Bardet geht mit “Sicherheitspolster“ in seine Sorgendisziplin"
AG2R im Teamzeitfahren des Critérium du Dauphiné 2018| Foto: Cor Vos

09.07.2018  |  (rsn) - Wie im vergangenen Oktober Romain Bardets erste Reaktion während der Tour-Präsentation hinsichtlich des Mannschaftszeitfahrens ausfiel, ist nicht überliefert. Sein Gesicht dürfte allerdings eher sorgenvolle Züge angenommen haben. Eine Disziplin auf dem Zeitfahrrad, viele Tempogeraden und das alles über eine Distanz von 35,5 Kilometern – nein, beim schmächtigen Franzosen dürfte damals keine Vorfreude aufgekommen sein.

Seine Abneigung gegen das Zeitfahren ist bestens dokumentiert aus der vergangenen Tour de France, als Bardet nach dem Zeitfahren der 20. Etappe in Marseille erschöpft am Boden im Stade Vélodrome saß und schier fassungslos angesichts seines Defizits in dieser Disziplin schien. Er legte damals mit Abstand die schlechteste Zeit aller Top-Ten-Klassementfahrer hin, verlor seinen zweiten Platz im Klassement und rettete Gesamtrang drei nur um eine Sekunde gegenüber Mikel Landa – und das alles nach nur 23 Kilometern. Man stelle sich vor, eine Tour hätte wie früher noch 100 Kilometer oder mehr gegen die Uhr im Programm. Wobei, wer es mit Bardet hält, sollte sich das besser nicht vorstellen.

Entsprechend bedeutsam ist das Mannschaftszeitfahren für ihn und dabei fast entscheidender als so manche Bergetappe. Denn hier kann der Kletterspezialist nicht gewinnen, sondern nur Zeit verlieren. Seine Mannschaft ist in Sachen Zeitfahren gegenüber Mannschaften wie Sky, BMC, Movistar oder Mitchelton-Scott klar im Nachteil. Bardets sieben Helfer sind einzig dafür da, sich für ihren Kapitän aufzureiben und den Zeitverlust in Grenzen zu halten.

Trainingslager in Chambon-sur-Lignon

"Es wird ein stressiger Tag. Wir sind keine Spezialisten in dieser Disziplin, daher sind wir natürlich etwas unruhig“, schätzte Julien Jurdie, Sportlicher Leiter bei AG2R, die Situation realistisch ein.

Allerdings blieb die französische Equipe im Winter nicht tatenlos. Die  Schwachstelle wurde erkannt, mit Silvan Dillier über den Winter ein zweimaliger Weltmeister im Mannschaftszeitfahren von BMC verpflichtet. Zusätzlich bereitete sich AG2R intensiv mit seinen acht Tour-Fahrern Ende Juni drei Tage in Chambon-sur-Lignon auf die Zeitfahrdisziplinen vor. Die Straßen und Bedingungen seien dort "ähnlich wie beim Zeitfahren in Cholet“, sagte Jurdie damals.

Einen kleinen Rückschlag erlebte Ag2r jedoch während der 2. Etappe nach La Roche-sur-Yon, als Neuzugang Dillier stürzte und sich eine Knieblessur zuzog. "Es tat sehr weh, ich hoffe, dass der Schmerz morgen weniger stark sein wird“, lautete seine erste Einschätzung. Der Schweizer gilt als wichtiger Motor im Zeitfahrzug. Daneben kann Bardet mit Pierre Latour und Tony Gallopin auf die beiden Erstplatzierten der diesjährigen französischen Zeitfahrmeisterschaft setzen – allerdings ist auch Gallopin durch Rippenbruch angeschlagen. Außerdem ist die Konkurrenz bei den französischen Titelkämpfen eher als mittelprächtig einzuschätzen.

Sicherheitspolster nach den Auftaktetappen

Die ersten beiden Tour-Etappen sollten dennoch Zuversicht bei AG2R hinterlassen haben. Denn unverhofft geht Bardet sogar mit einem Polster in die heutige Zeitfahrprüfung. Während Konkurrenten wie Chris Froome, Nairo Quintana oder Richie Porte bereits in den ersten Tagen die Schlagzeilen durch Stürze und Defekte füllen, ist Bardet bislang unauffällig unterwegs – und damit einer der großen Gewinner der Auftaktetappen.

Sein Team hielt ihn hervorragend aus allen kniffligen Situationen heraus, in das Mannschaftszeitfahren geht er unter anderem mit einem Vorsprung von 51 Sekunden auf Froome und Porte. "Das gibt uns ein kleines Sicherheitspolster“, gab Jurdie zu. Ein Zeitverlust wie beim Critérium du Dauphine, als Bardet mit seinen Kollegen 1:28-Minuten auf vergleichbarer Strecke gegenüber Sky verlor, sieht plötzlich gar nicht mehr so wild aus.

Jurdie warnte trotzdem vor der Schwierigkeiten eines Mannschaftszeitfahrens. Einen schlechten Tag darf sich kein Fahrer erlauben – insbesondere nicht Bardet. "Das erste Ziel muss sein, dass er bei uns bleibt. Selbst wenn er keinen guten Tag hat, muss er dranbleiben. Wenn nicht, wird es schwierig“, sagte Jurdie. Eine gute Leistung wäre für ihn, wenn seine Mannschaft nicht mehr als 1:20- bis 1:30-Minuten auf Sky verlieren würde. "Dann wären auch die anderen Teams nicht zu weit weg." Und damit wäre sicherlich auch Bardet einverstanden.

Mehr Informationen zu diesem Thema

06.07.2022Ausgerechnet in Roubaix platzte Degenkolbs Tour-Knoten

(rsn) – Vor vier Jahren mussten die Starter der Tour de France letztmals Kopfsteinpflaster-Passagen unter die Räder nehmen. Am . Juli 2018 holte sich Degenkolb in Roubaix nach 156,6 Kilometern inkl

25.07.2020Video-Rückblick: Horror-Sturz endet für Gilbert glimpflich

(rsn) - Auf der 16. Etappe der Tour de France mussten die Zuschauer das Schlimmste für Philipp Gilbert befürchten. In der Abfahrt vom Portet d´Aspet versteuerte der Belgier sich und flog kopfüber

12.11.2018Alpe d´Huez-Sturz: Nibali drei Stunden von Polizei befragt

(rsn) – Vincenzo Nibali (Bahrain-Merida) ist am Samstag in Modane von der französischen Polizei zu seinem Sturz von der 12. Etappe der Tour de France befragt werden. Damals war der Italiener im Sch

31.10.2018Thomas war bei der Tour wegen Kapitänsfrage frustriert

(rsn) - Am letzten Tag der diesjährigen 105. Tour de France strahlte Geraint Thomas (Sky) im Gelben Trikot auf den Champs-Elysees. Der Waliser feierte den größten Erfolg seiner Karriere und setzte

16.10.2018Nibali wird am 10. November von französischer Polizei befragt

(rsn) - Vincenzo Nibali (Bahrain-Merida) wird am 10. November in Grenoble von der französischen Polizei zu seinem Sturz von der 12. Etappe der Tour de France befragt werden. Damals war der Italiener

10.10.2018Thomas´ Tour-Trophäe in Birmingham gestohlen

(rsn) - In den vergangenen Jahren kam es immer wieder vor, dass Radsport-Mannschaften von Fahrraddieben heimgesucht wurden. Nun meldet Team Sky den Verlust der Tour-de-France-Auszeichnung von Geraint

03.08.2018“Zwischen Froome und Thomas gab es nie einen Disput“

(rsn) - Seit dem vergangenen Sonntag schon ist die auch 105. Ausgabe der Tour de France wieder Geschichte. In der neuen Ausgabe von Radio Tour – dem Radsportpodcast in Kooperation mit radsport-news.

03.08.2018Nach Tour-Aus fordert Sieberg “Überdenken der Karenzzeit“

(rsn) – Nachdem er im Vorjahr wegen eines Magen-Darm-Virus´ erstmals die Tour de France vorzeitig beenden musste, wollte Marcel Sieberg (Lotto Soudal) bei der 105. Austragung unbedingt wieder Paris

02.08.2018Lappartient: Funkverbot und 6-Mann-Teams gegen Sky-Dominanz

(rsn) - Auf wenig Gegenliebe - um es vorsichtig auszudrücken - ist UCI-Präsident David Lappartient bei den Profis mit seinen jüngst geäußerten Ideen gestoßen, wie man der vor allem in den große

02.08.2018“Ich fand alle Bergpässe schön“

(rsn) – Mit Michael Gogl (Trek-Segafredo), Gregor Mühlberger und Lukas Pöstlberger (beide Bora-hansgrohe) nahmen drei Österreicher an der 105. Tour de France teil. Das rot-weiß-rote Trio erreich

01.08.2018Zabel will sein Selbstvertrauen wieder aufpolieren

(rsn) – Der Frust über das verfrühte Tour-Aus sitzt tief: Rick Zabel (Katusha-Alpecin).musste auf der Königsetappe nach Alpe d`Huez im Kampf gegen das Zeitlimit kapitulieren und in den Besenwagen

01.08.2018Politt: “Wir haben uns nochmal richtig zusammengerissen“

(rsn) – Nach drei harten Wochen bei der Tour de France sehnt sich Nils Politt (Katusha-Alpecin) nach Erholung. Die ist derzeit aber nur bedingt möglich. Denn keine 24 Stunden nach dem Tour-Ende in

Weitere Radsportnachrichten

10.05.2024Fällt der Stelvio beim Giro dem Schnee zum Opfer?

(rsn) – Die Überfahrt über das Stilfser Joch zu Beginn der 16. Etappe des Giro d´Italia am 21. Mai wackelt gewaltig. Das legt die italienische Nachrichtenagentur ANSA nahe, derzufolge es die aktu

10.05.2024Kette bremste O´Connor im Kampf gegen die Uhr aus

(rsn) – Platz elf im ersten Einzelzeitfahren des 107. Giro d´Italia: Auf dem Papier sah das für Kletterspezialist Ben O´Connor (Decathlon – AG2R) am Freitag zwischen Foligno und Perugia gar nic

10.05.2024Richtungsweisende Bergankunft im Apennin

(rsn / ProCycling) – In den vergangenen sieben Tagen blieb das Klettern, abgesehen von der 2. Etappe nach Oropa, bei jeder Etappe auf weniger als 2.000 Höhenmeter beschränkt. Am zweiten Samstag wi

10.05.2024Radsport live im TV und im Ticker: Die Rennen des Tages

(rsn) – Welche Radrennen finden heute statt? Wo und wann kann man sie live im Fernsehen oder Stream verfolgen? Und wo geht´s zum Live-Ticker? In unserer Tagesvorschau informieren wir jeden Morgen

10.05.2024Schachmann im “Schongang“ zum Spitzenergebnis

(rsn) - Schneller als Mikkel Bjerg, schneller als Antonio Tiberi oder Luke Plapp und auch schneller als Geraint Thomas – am Ende stand der fünfte Platz. Maximilian Schachmann (Bora – hangrohe) er

10.05.2024Fleche du Sud: Vorarlberg und Hrinkow bergauf bärenstark

(rsn) - Auch wenn auf der Königsetappe des Fleche du Sud (2.2) mit der 3,4 Kilometer langen und im Schnitt 7,2 Prozent steilen Bergankunft in Bourscheid kein Kraut gegen den Solosieger Pim Ronhaar (

10.05.2024Thomas: “Ich konnte es heute nicht ganz bringen“

(rsn) – Tadej Pogacar demonstrierte im ersten Zeitfahren seine herausragende Stellung bei diesem Giro d’Italia. Der Slowene holte am Schlussanstieg des Zeitfahrens zwischen Foligno und Perugia ein

10.05.2024Highlight-Video der 7. Etappe des Giro d´Italia

(rsn) – Tadej Pogacar (UAE Team Emirates) hat mit einem weiteren grandiosen Auftritt das erste der beiden Einzelzeitfahren des 107. Giro d’Italia (2.UWT) für sich entschieden. Der Träger des Ros

10.05.2024Liste der ausgeschiedenen Fahrer / 7. Etappe

(rsn) - 176 Profis aus 22 Teams sind am 4. Mai zum 107. Giro d’Italia (2.UWT) angetreten, darunter auch zwölf Deutsche, vier Österreicher, zwei Schweizer und ein Luxemburger. Hier listen wir a

10.05.2024Pogacar gewöhnt sich ans Rad und zündet am Berg die Rakete

(rsn) – Tadej Pogacar (UAE Team Emirates) hat auf der 7. Etappe des 107. Giro d’Italia seinen zweiten Tagessieg bei der diesjährigen Italien-Rundfahrt gefeiert. Im 40,6 Kilometer langen Einzelzei

10.05.2024Nys schnappt Buchmann ersten Saisonsieg vor der Nase weg

(rsn) – Emanuel Buchmann (Bora – hansgrohe) hat auf der Königsetappe der 45. Tour de Hongrie (2.Pro) denkbar knapp seinen ersten Saisonsieg verpasst. Der Deutsche Meister kam nach 182,7 Kilometer

10.05.2024Bredewold baut makellose Itzulia-Serie von SD Worx aus

(rsn) – Mischa Bredewold hat ihrem Team SD Worx – Protime einen grandiosen Auftakt zur 3. Itzulia Women (2.WWT) beschert. Die Europameisterin aus den Niederländerin entschied die 1. Etappe über

RADRENNEN HEUTE

    WorldTour

  • Giro d´Italia (2.UWT, ITA)
  • Radrennen Männer

  • Tour de Hongrie (2.Pro, HUN)