Spanier holt Regenbogentrikot im zwölften Anlauf

Endlich WM-Gold: Valverde am Ziel seiner Träume

Von Eric Gutglück

Foto zu dem Text "Endlich WM-Gold: Valverde am Ziel seiner Träume"
Alejandro Valverde (Mitte) ist mit 38 Jahren erstmals Straßenweltmeister geworden. | Foto: Cor Vos

30.09.2018  |  (rsn) - So sieht Erlösung aus: Nach zwei Silber- und vier Bronzemedaillen bei zwölf Teilnahmen an Straßenweltmeisterschaften schrie Alejandro Valverde seine Freude in Innsbruck heraus, fiel immer wieder seinen spanischen Betreuern in die Arme und weinte Tränen des Glücks. Mit 38 Jahren sicherte sich der Altmeister aus Murcia sein erstes Regenbogentrikot. Valverde gewann nach 258,5 schweren Kilometern des WM-Straßenrennens den Sprint eines Spitzenquartetts vor Romain Bardet (Frankreich) und Michael Woods (Kanada). Tom Dumoulin aus den Niederlanden ging als Vierter nach einer letztlich erfolglosen Aufholjagd leer aus.

13 Sekunden hinter der Spitze überquerte der Italiener Gianni Moscon den Zielstrich am Rennweg als Fünfter, weitere 30 Sekunden später führte Roman Kreuziger (Tschechien) eine erste Verfolgergruppe vor Michael Valgren (Dänemark), Julian Alaphilippe, Thibaut Pinot (beide Frankreich) und Ex-Weltmeister Rui Costa ins Ziel. Simon Geschke (+1:54 Minuten) fuhr als bester Deutscher auf Rang 24, nachdem die Mannschaft von Sportdirektor Andreas Klier das Rennen offensiv mitgestaltet hatte.

Valverde kämpfte im Ziel mit den Tränen: "Es ist der größte Erfolg meiner Karriere. Ich war in der Vergangenheit oft nahe dran, habe viele Medaillen geholt, aber eben kein Gold. Und heute habe ich es geschafft“, so der überglückliche Spanier, der sich artig bei seinen Helfern bedankte: "Das ganze Team hat so unglaublich hart für mich gearbeitet und am Ende habe ich es geschafft. Ich habe es noch immer nicht realisiert, es ruft bei mir große Emotionen hervor. Es war ein sehr intensives Rennen. Der Sieg gehört dem ganzen Nationalteam, allen Menschen, die mich lieben, der Movistar-Mannschaft, einfach jedem", sprudelte es aus ihm hervor.

Vor exakt 15 Jahren hatte der damals 23-jährige Valverde im kanadischen Hamilton mit WM-Silber erstmals aufhorchen lassen. Doch trotz mehrmaliger Favoritenrollen wollte ihm in der Folge der ersehnte Titeltriumph nicht gelingen. In Innsbruck bekam er am Sonntag auf dem Podium das Regenbogentrikot von seinem Vorgänger der letzten drei Jahre, Peter Sagan, überreicht. Der Slowake konnte nicht in den Medaillenkampf eingreifen und musste das Rennen frühzeitig beenden.

Der zweitplatzierte Bardet, der aus dem starken französischen Team herausstach, haderte ob der vertanen Chance: "Ich bin noch nicht im Klaren, wie ich den zweiten Platz einordnen soll. Vielleicht war dies eine Chance, Weltmeister zu werden, die nicht wieder kommt. Aber es ist auch nicht einfach, Valverde in einem Sprint zu schlagen. Der Sieger hat alles, der Zweite nichts. So ist das Gesetz des Sports. Für Valverde ist dieser Sieg natürlich die Krönung seiner Karriere“, so der Franzose im Ziel gegenüber den versammelten Reportern.

Deutlich zufriedener zeigte sich hingegen der drittplatzierte Woods: "Es ist ein surrealer Moment. Hätte mir jemand gesagt, dass ich überhaupt irgendwann in meiner Karriere mal bei einer WM auf dem Podium stehe, ich hätte es nicht geglaubt. Ich bin sehr glücklich", sagte der 31-Jährige und schob nach: "Aber ich muss auch sagen, dass ich fast etwas enttäuscht bin, da ich nicht an Valverde vorbeigekommen bin im Sprint. Aber jetzt stehe ich hier und habe Bronze.“

So lief das Rennen...

Bei bestem Radsportwetter nahmen am Vormittag in Kufstein 188 Fahrer aus 44 Nationen das Rennen über 258,5 Kilometer und mehr als 4600 Höhenmetern in Angriff, und nach 22 Kilometern stand die Gruppe des Tages. Zu Tobias Ludvigsson (Schweden), Kasper Asgreen (Dänemark) und Robert Britton (Kanada) gesellten sich zunächst Ryan Mullen (Irland), Daniil Fominykh (Kasachstan) und Vegard Stake Laengen (Norwegen) sowie kurze Zeit später noch Conor Dunne (Irland) Jacques Janse van Rensburg (Südafrika), Laurent Didier (Luxemburg), Karel Hnik (Tschechien) und Pavel Kochetkov (Russland).

Nach 50 gefahrenen Kilometern spannten sich die Franzosen und Österreicher vor das Feld, das den Ausreißern bis zu 19:20 Minuten an Vorsprung gewährte. Mit der Einfahrt auf die Zielrunde beteiligten sich auch die Briten an der Verfolgung, so dass der Rückstand sukzessive schrumpfte.

Auf der dritten von sieben Zielrunden über den 7,9 Kilometer langen und durchschnittlich 5,7 Prozent steilen Olympiaberg übernahmen die Slowenen für Primoz Roglic die Verantwortung, so dass das Tempo im Anstieg am Olympiaberg anzog und mit Sagan als Titelverteidiger einsehen musste, dass es mit dem vierten Regenbogentrikot in Serie in diesem Jahr nicht klappen würde.

Eröffnet wurde das Finale, als gut 65 Kilometer vor dem Ziel die Italiener in Gestalt von Dario Cataldo erstmals in die Offensive gingen. Mit Emanuel Buchmann (Deutschland) und Jesus Herrada (Spanien) setzen zwei weitere Akteure nach, so dass auch das Feld der Gruppe keinen Raum gewährte. Mit Beginn der Abfahrt kam allerdings der Mitfavorit Roglic zu Fall, was den Slowenen aus dem Rennen um die Medaillen warf.

Rund 60 Kilometer vor dem Ende ging Greg Van Avermaet (Belgien) gemeinsam mit Omar Fraile (Spanien) und Damian Caruso (Italien) in die Konterattacke, die allerdings im vorletzten Aufstieg auf den Olympiaberg nach einem Nachsetzen durch Geschke erstickt wurde. Weitere Attacken unter anderem durch Michal Kwiatkowski (Polen), Sam Oomen, Antwan Tolhoek (beide Niederlande), Gianluca Brambilla, Alessandro De Marchi (beide Italien) oder erneut Buchmann blieben ebenfalls erfolglos.

Die Schlussrunde über 31 Kilometer und die zusätzlich zu befahrende "Höttinger Höll" nahmen schließlich Asgreen und Laengen als die einzig beiden verbliebenen Ausreißer mit 2:20 Minuten auf das schrittweise schrumpfende Feld in Angriff. Bei der letzten Überquerung des Olympiabergs setzte zunächst der Vuelta-Vierte Steven Kruijswijk (Niederlande) die erste Attacke, während mit Vincenzo Nibali der nominelle Kapitän der Italiener die Segel streichen musste. Eine erneute Attacke von Oomen konterte schließlich der Amstel-Sieger Michael Valgren. Als Solist nahm der Däne die Abfahrt und schließlich mit 30 Sekunden Vorsprung auf das gut 35 Mann starke Feld die 2,6 Kilometer lange und bis zu 28 Prozent steile "Höttinger Höll" in Angriff.

Dort bauten die Franzosen mit Pinot und Bardet quasi einen kleinen Zug für den Topfavoriten Alaphilippe auf, an den sich nur Woods, Valverde und Moscon anhängen konnten. Alaphilippe bekundete nach dem Ausscheren Pinots allerdings rasch Probleme, so dass die Spitze zunächst Valgren stehen ließ und am steilsten Stück dann auch Moscon fast stehen blieb. Valverde, Bardet und Woods nahmen gemeinsam die Abfahrt nach Innsbruck in Angriff, doch gut 1,7 Kilometer vor dem Ziel schloss Dumoulin von hinten auf. Im Zielsprint blieb ihm dann allerdings nur der undankbare vierte Platz.

Für den Niederländer war es nach Rang zwei bei Giro, Tour sowie Mannschafts- und Einzelzeitfahr-WM ein weiteres Spitzenergebnis ohne Sieg im Jahr 2018: "Ich hatte nichts mehr im Tank, als ich am Ende nach vorn zu den drei Führenden kam. Das ist natürlich enttäuschend. Im Anstieg entschied ich mich, mein eigenes Tempo zu gehen. Ich konnte die Spitzengruppe in der Steigung sehen und wusste, dass die Lücke nicht so groß war und ich in der Abfahrt zurückkommen könnte. Als ich dann aber aufschloss, war ich platt", gestand Dumoulin im Ziel ein.

Der Vizeweltmeister im Zeitfahren probierte es an der Flamme Rouge mit einer Attacke, doch die anderen unterbanden den Vorstoß. So eröffnete Valverde schließlich gut 300 Meter vor dem Ende den Sprint und erfüllte sich seinen langersehnten Traum vom Regenbogentrikot.

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