Heikos WM-Tagebuch

Ergebnis der U23 mehr als enttäuschend

Von Heikos Salzwedel

22.09.2005  |  Das war aus deutscher Sicht ein ernüchternder erster Weltmeisterschaftstag. Für Judith Arndt war nicht mehr drin. Es hat mich gewundert, dass sie überhaupt angetreten ist, nachdem sie sich wegen Krankheit überhaupt nicht auf die WM vorbereiten konnte. Der vierte Platz mag undankbar sein, aber angesichts der Umstände ist er überhaupt nicht enttäuschend. Das war eher der Auftritt der Weltcupsiegerin Oenone Wood, der Teamkollegin von Judith. Von ihr habe ich mir mehr erwartet. Sehr leid tut es mir um Trine Hanse. Die Dänin war gut unterwegs, stürzte dann aber und brach sich das Schlüsselbein. Was für ein Pech!

Mit ihrem Sieg hat die Schweizerin Karin Thürig wieder einmal ihre Extraklasse im Zeitfahren bewiesen. Der zweite Platz der Spanierin Joane Somarriba tut den Gastgebern und damit der Stimmung bei dieser WM gut. Angesichts der hohen Erwartungen, mit denen die US-Amerikanerinnen in dieses Zeitfahren gegangen sind sind, ist dritte Rang von Kristin Armstrong weniger als erwartet. Aber das Teamergebnis – alle drei Starterinnen landeten unter den besten Zehn – bestätigt, dass die Amerikaner das richtige Konzept haben und in der Vorbereitung auf solche Großereignisse alles richtig machen.

Das Ergebnis der deutschen U23-Fahrer ist mehr als nur eine leise Enttäuschung. Im Zeitfahren, ehemals eine deutsche Domäne, haben wir offenbar den Anschluss an die absolute Weltspitze verloren. Hinzu kam, dass die Renntaktik nicht aufgegangen ist. Die beiden deutschen Fahrer Paul Martens und Tony Martin sind das Rennen offensichtlich zu langsam angegangen. So kann man sich verspekulieren!

Sieger Mikhail Ignatiev ist ein Riesentalent, sein Triumph alles andere als eine Überraschung. Der junge Russe stammt aus der St. Petersburger Schule von Trainerfuchs Kusnezow, ein Trainerkollege von mir, der seit mehr als 20 Jahren exzellente Arbeit leistet und beispielsweise einen Viatcheslav Ekimov herausgebracht hat. Kusnezow hat seine ganz eigene Handschrift, die auch an seinem Schützling Ignatiev deutlich wird.

Das U-23 Ergebnis belegt die Internationalisiserung des Radsports. Die vermeintlich kleinen Nationen haben aufgeholt, was nicht nur die Medaillenränge von Dmytro Grabovskyy (Ukraine) und Peter Latham (Neuseeland) beweisen. Die Dänen etwa haben mit Platz vier von Martin Mortensen - der im übrigen Zweiter bei der Vier-Etappenfahrt von Berlin geworden war - und dem achten Platz von Lasse Bochman bewiesen, dass dort solide Arbeit geleistet wird.

Zu den großen Verlierern des Tages zählen neben den deutschen auch die holländischen Fahrer. Platz 33 und 36 sind ein Debakel. Das ist umso verwunderlicher, als das Nachwuchsteam von Rabobank mit dem Anspruch auftritt, junge Fahrer systematisch zu fördern und sie in die Weltspitze zu führen. Zum wiederholten Male waren die Holländer nicht auf den Punkt topfit. Schon im letzten Jahr hatte ja der zweite Platz des haushohen Favoriten Thomas Dekker für Ernüchterung bei Oranje gesorgt.

Für das heutige Einzelzeitfahren der Männer habe ich einen großen Favoriten auf meiner Liste: Bobby Julich. Der CSC-Profi wird als einziger Amerikaner die Farben seines Landes vertreten, aber ich bin mir sicher, dass er topfit an den Start gehen wird. Michael Rogers, der seinen dritten Titel en suite im Visier hat, fühlt sich zwar gut, aber sein Trainer sagte mir, dass er nicht in der Verfassung des Vorjahres sei.

Unsere beiden deutschen Fahrern haben wahrscheinlich nicht mehr als Außenseiterchancen. Für Michael Rich ist der Kurs mit seinem ständigen Auf und Ab und den vielen Rhythmuswechseln ganz und gar nicht gemacht und von Sebastian Lang darf man bei seinem WM-Debüt nicht zu viel erwarten.

Zur Person

Heiko Salzwedel ist einer der erfolgreichsten deutschen Radsporttrainer. Er führte im Jahr 1989 als Nationaltrainer der DDR-Bahnradfahrer den Vierer zu WM-Gold. Nach der Auflösung der DDR wurde er australischer Nationaltrainer und betreute Fahrer wie Robbie McEwen, Henk Vogels, Mathew White, Patrick Jonker und Kathy Watt. In seiner Profi-Mannschaft ZVVZ-GIANT-A.I.S. begannen Sportler wie Jens Voigt, Tomas Konecny, Jan Hruska, Nick Gates oder die beiden älteren Brüder von Michael Rogers (Deane und Peter) ihre erfolgreiche internationale Karriere.

Weitere Stationen des 48 jährigen Globetrotters aus dem thüringischen Schmalkalden waren das Amt des Leistungssportreferent beim Bund Deutscher Radfahrer, Teammanager im Britischen Radsportverband sowie Chef-Trainer der deutschen Frauen-Profimannschaft Equipe Nürnberger. Derzeit ist Salzwedel für die Nachwuchsförderung bei T-Mobile zuständig und Nationaltrainer der dänischen Bahn-Radsportler.

Heiko Salzwedel im Internet: http://www.sl-sports.com

Weitere Radsportnachrichten

26.05.2024Highlight-Video der 21. Etappe des Giro d´Italia

(rsn) – Mit einem spektakulären Sprintfinale ist der 107. Giro d’Italia in Rom zu Ende gegangen. Nach 125 Kilometern durch die italienische Hauptstadt holte sich Tim Merlier (Soudal - Quick Step)

26.05.2024Wiebes sprintet auf ´The Mall´ souverän zum Hattrick

(rsn) - Lorena Wiebes (SD Worx – Protime) hat bei der RideLondon Classique (2.WWT) den Hattrick geschafft. Die 25-jährige Niederländerin gewann auch die abschließende 3. Etappe, die über acht Ru

26.05.2024Pogacar: “Das Rosa Trikot ist eine verrückte Erfahrung“

(rsn) – Mit einem spektakulären Sprintfinale ist der 107. Giro d’Italia in Rom zu Ende gegangen. Nach 125 Kilometern durch die italienische Hauptstadt holte sich Tim Merlier (Soudal - Quick Step)

26.05.2024Borresch in Köln Bergkönig, Theiler touchiert Rollatorfahrerin

(rsn) – Die deutschen Kontinental-Teams haben beim Heimspiel Rund um Köln (1.1) ein Top-Ergebnis verpasst, sich dafür aber in der ersten Rennhälfte offensiv gezeigt. Mit Julian Borresch (Rembe S

26.05.2024Merlier holt sich in Rom vor Milan seinen dritten Etappensieg

(rsn) – Der schnellste Sprint-Gladiator auf der Schlussetappe des 107. Giro d´Italia war Tim Merlier (Soudal – Quick Step). Der Belgier verwies nach 125 Kilometern in Rom auf der Zielgeraden am K

26.05.2024Van Uden überrascht am Rheinauhafen Girmay und Ackermann

(rsn) – Casper van Uden (dsm-firmenich – PostNL) hat die 106. Ausgabe von Rund um Köln (1.1) gewonnen. Der 22-jährige Niederländer verwies über 194,8 Kilometern mit Start und Ziel in der rhein

26.05.2024Kristoff gelingt in Stavanger der Hattrick, Meeus Zweiter

(rsn) – Zum dritten Mal in Folge hat sich Alexander Kristoff (Uno-X Mobility) in Stavanger die Schlussetappe der Tour of Norway (2.Pro) gesichert. Der 36-jährige Norweger siegte auf dem Rundkurs na

26.05.2024Bettiol feiert Gesamtsieg, Retailleau holt Schlussetappe

(rsn) – Zum Gesamtsieg durch Benoit Cosnefroy hat es bei der Boucles de la Mayenne (2.Pro) nicht mehr gereicht. Dafür hat die heimische Equipe Decathlon – AG2R La Mondiale am letzten Tag der Rund

26.05.2024Bora trotz umgestelltem Team im GC erfolgreicher als auf Etappen

(rsn) – Aller Voraussicht nach wird Daniel Felipe Martinez am Sonntagabend in Rom den Giro d´Italia auf dem zweiten Gesamtrang beenden. Den erhofften Etappensieg hat Bora – hansgrohe bei der 107.

26.05.2024Geschke krönte seinen starken Giro am Monte Grappa

(rsn) – Während der eine ´Oldie´ aus Wales, der Waliser Geraint Thomas (Ineos Grenadiers), an seinem 38. Geburtstag das Podium beim Giro d´Italia klar gemacht hat, konnte auch der um zwei Monate

26.05.2024Schaulaufen und Sprint Royal in der Ewigen Stadt

(rsn / ProCycling) – Der Schlussakkord der ersten Grand Tour des Jahres erfolgt in Rom. Vom Stadtviertel E.U.R. aus führt die Strecke zum am Meer gelegenen Ostia, von wo es links herum auf derselbe

26.05.2024Geburtstagskind Thomas leidet, rettet aber routiniert den Podestplatz

(rsn) – Einen Moment lang sah es gar nicht gut aus für das Geburtstagskind. Geraint Thomas (Ineos Grenadiers) konnte gut 37 Kilometer vor dem Ziel der 20. Etappe beim Giro d´Italia und sieben Kilo

RADRENNEN HEUTE

    WorldTour

  • Giro d´Italia (2.UWT, ITA)
  • Radrennen Männer

  • Boucles de la Mayenne - (2.Pro, FRA)
  • Tour of Norway (2.Pro, NOR)