Interview mit dem Neu-Gerolsteiner

Klinger: Der Giro wird mein Highlight

28.11.2006  |  (Ra) - Tim Klinger hat nach seinem ersten Profijahr den Sprung in ein ProTour-Team geschafft. Das 22-jährige Talent aus Westfalen wird im kommenden Jahr für Team Gerolsteiner fahren. Mit Radsport aktiv sprach Klinger über eine erfolgreiche Saison, über seinen Umzug in den deutschen Südwesten und über sein großes Saisonziel 2007: den Giro d’Italia.

Sie waren zum ersten Mal bei einem Teamtreffen von Gerolsteiner dabei. Wie war die Atmosphäre?

Klinger: Die war sehr gut. Das Teamtreffen war ja nicht mehr als ein erstes Kennenlernen, das allen Spaß gemacht hat. Es wurden schon erste Fotos für die neue Saison geschossen. Gerolsteiner hat sich da was Neues einfallen lassen: Die Fahrer wurden in einem Becken unter Wasser fotografiert, ja auch nicht ganz unpassend bei diesem Sponsor. Ein bisschen Rad gefahren sind wir auch, aber das war eher Nebensache.

Wie kam der Wechsel zu Gerolsteiner zustande?

Klinger: Der erste Kontakt kam über Christian Wegmann zustande, meinen ehemaligen Sportlicher Leiter bei Team Sparkasse. Nach meinem guten Saisonstart 2006 haben wir die Gespräche intensiviert. Das war ein Prozess, der sich das ganze Jahr über hinzog. Die mündliche Zusage hatte ich dann etwa Mitte der Saison, der Vertrag wurde einige Zeit danach unterschrieben.

Waren Sie selbst überrascht, dass eines der besten ProTour-Teams nach der ersten Profisaison bei Ihnen anklopft?

Klinger: Ja und nein. Überraschend ist, dass ich schon nach meinem ersten Profijahr den Sprung in ein ProTour-Team geschafft habe. Das konnte ich nicht unbedingt erwarten. Aber da sich Gerolsteiner schon früh für mich interessiert hatte kam es dann doch nicht wirklich überraschend für mich.

Wie beurteilen Sie Ihr Jahr bei Team Wiesenhof?

Klinger: Es war eine sehr gute Saison. Ich bin mit meinen Leistungen zufrieden. Ich hatte zwei große Ziele: Ich wollte bei der Deutschland Tour dabei sein und den Sprung in ein ProTour-Team schaffen. Beides ist mir gelungen. Mit meinen Ergebnissen bin ich auch zufrieden. Ich habe früh bei Eintagesrennen überzeugt. Mein Top-Ergebnis habe ich bei der Sachsen-Tour eingefahren, als ich Sechster der Gesamtwertung wurde. Danach haben mir alle viel zugetraut. Bei den deutschen Meisterschaften fuhr ich auch gut, war in der Spitzengruppe dabei und hätte vielleicht sogar um eine Medaille mitfahren können, wenn wir durchgekommen wären. Bei der Friedensfahrt hatte ich Pech mit Defekten, sonst wäre in der Endabrechnung vielleicht auch mehr als Platz 15 rausgekommen. Aber genauso wichtig wie die Ergebnisse war, dass ich mich sportlich weiterentwickelt habe im letzten Jahr.

Sie sind mit vielen Vorschusslorbeeren in die Saison gestartet, aber beim Saisonhöhepunkt, der D-Tour, lief nicht viel zusammen. Welche Gründe gab es dafür?

Klinger: Meine Trainer Jochen Hahn, Lars Diemer und ich haben das gemeinsam analysiert. Da kamen wohl mehrere Punkte zusammen: Ich hatte zu dem Zeitpunkt schon eine lange Saison hinter mir, habe praktisch nie rausgenommen und auch in den Rennpausen noch richtig trainiert. Meinen Formhöhepunkt hatte ich dann schon bei der Sachsen-Tour erreicht. Danach bin ich mit hohen Erwartungen in die Deutschland-Tour gegangen, wollte auch in der Gesamtwertung eine gute Rolle spielen. Aber nachdem ich auf den ersten beiden Etappen Pech gehabt und mir schon einen großen Rückstand eingehandelt hatte, hat die innere Spannung wohl nachgelassen.

Welche Aufgaben werden Sie in Ihrem ersten Jahr bei Gerolsteiner haben?

Klinger: Das Team will mich in meinem ersten Jahr langsam aufbauen. Sicher werde ich richtig ackern müssen, werde aber auch mal meine Chance bekommen. Aber so viele Gedanken habe ich auch daran noch nicht verschwendet. Im Moment bin ich einfach nur froh, dabei zu sein.

Wie sieht der Rennkalender aus?

Klinger: Der steht noch nicht endgültig fest. Aber wie es aussieht, werde ich mit der Mallorca-Challenge im Februar beginnen. Auf die belgischen Rennen werde ich verzichten, stattdessen konzentriere ich mich auf Rundfahrten: Murcia-Rundfahrt, Settimana Internazionale, Sarthe-Rundfahrt und die Niedersachsen-Rundfahrt. Und wie es aussieht, werde ich den Giro fahren. Das wird mein absolutes Highlight werden. Über die zweite Saisonhälfte werden wir dann nach dem Giro entscheiden.

Wie stehen Sie zum umstrittenen DNA-Test?

Klinger: Für mich ist der kein Problem. Die Teamleitung hat uns erklärt, dass im Verdachtsfall eine DNA-Probe genommen werden kann. Ich finde auch, dass es im Kampf gegen Doping wichtigere Mittel gibt, etwa der Punkt, dass beim vierten Dopingfall innerhalb von zwei Jahren ein Team seine ProTour-Lizenz zurückgeben muss. Das ist für mich wichtiger und entscheidender als ein DNA-Test. Es geht darum, nicht nur die Fahrer zu bestrafen, sondern auch das Umfeld einzubeziehen, um die Hemmschwelle zu erhöhen. Ich finde gut, dass in der Richtung etwas passiert.

Wie sieht die Vorbereitung auf die neue Saison aus?

Klinger: Ich werde mich hier in Deutschland auf die neue Saison vorbereiten. Am 8. Dezember ziehe ich nach Emmendingen um, dorthin, wo ja auch unser neuer Scout Michael Rich wohnt, der sich künftig auch besonders um uns kümmern wird, wenn es ums Zeitfahren geht. Eigentlich wollte ich ja nach Freiburg, habe dann aber eine schöne Wohnung in Emmendingen gefunden. Im Freiburger Raum leben auch mehrere Gerolsteiner-Fahrer wie Fabian Wegmann, Matthias Russ oder demnächst auch Johannes Fröhlinger. Dazu kommen einige Lamonta-Fahrer, Christian Müller (Skil Shimano) und Felix Odebrecht (Wiesenhof). Da werden wir gut in Gruppen trainieren können. Außerdem ist die Gegend dort topgrafisch das Beste, was Deutschland für Radsportler zu bieten hat. Im Januar haben wir dann Teamtrainingslager auf Mallorca und danach geht ja auch die Saison schon los.

Wie sieht Ihr Training derzeit aus?

Klinger: Ich trainiere sehr viel auf dem Rad. Kraftraining und Gymnastik mache ich eigentlich nur für den Oberkörper, für die Beine nur Radtraining.

Welches Rennen möchten Sie in der neuen Saison unbedingt fahren?

Klinger: Eindeutig den Giro. Natürlich ist die Tour de France das Größte überhaupt, aber darüber denke ich in meinem ersten Jahr bei Gerolsteiner gar nicht nach. Vielleicht entwickelt sich eine der kleineren Rundfahrten zu etwas ganz Besonderem für mich, aber nach jetzigem Stand wäre der Giro das eindeutige Saison-Highlight für mich.

Mit Tim Klinger sprach Matthias Seng.

Mehr Informationen zu diesem Thema

28.08.2009Rapp: 2010 wohl keine Deutschland Tour

(rsn) - Nachdem ARD und ZDF in diesem Jahr doch von der Tour de France berichtet hatten, war auch die für 2009 abgesagte Deutschland Tour wieder in den Mittelpunkt von Spekulationen gerückt. Im Inte

20.08.2009"Für ganz vorne fehlte noch ein bisschen was"

(rsn) – Nach schwachem Saisonstart hat Gerald Ciolek (Milram) in den vergangenen Monaten beständig gute Leistungen gezeigt, auch wenn es bisher erst zu einem Sieg reichte. Im Interview mit Radsport

20.04.2009"Ich bin froh, dass im Radsport soviel kontrolliert wird"

(sid) - Linus Gerdemann gehört zu den deutschen Hoffnungsträgern bei der diesjährigen Tour de France. Im Interview mit dem Sport-Informations-Dienst (SID) spricht der Milram-Kapitän über seine F

19.03.2009"Wir sind als böse Ketzer dargestellt worden"

(sid) - Der wochenlangen Schlammschlacht folgt der Showdown im Nobelhotel: BDR-Präsident Rudolf Scharping stellt sich am Samstag auf der Bundesversammlung des Bundes Deutscher Radfahrer zur Wiederwah

17.03.2009Claußmeyer: "Wir leben von unserer Stärke als Team"

(rsn) - Aus dem Continental-Team Sparkasse wurde zur neuen Saison das Team Nutrixxion Sparkasse. In Gespräch mit Radsport News erklärte Teamchef Mark Claußmeyer die Zusammensetzung des Teams, die S

04.03.2009„Letztendlich geht es immer um den Erfolg“

(rsn) – Mit neuem Hauptsponsor und einigen namhaften Neuzugängen wie Sebastian Sielder und René Haselbacher ist das österreichische Team Vorarlberg-Corratec in die neue Saison gegangen. Im Interv

26.02.2009„Kein Sieg im letzten Jahr – das hat mich gewurmt“

(rsn) – Paul Martens steht in seiner zweiten Saison beim niederländischen Rabobank-Team. Im letzten Jahr gelang dem 25-Jährigen trotz guter Leistungen kein Sieg. Das soll in dieser Saison anders w

24.02.2009„Ich habe mich als Co-Kapitän sehr wohl gefühlt“

(rsn) – Als Vierter der Andalusien-Rundfahrt zeigte Martin Velits (Milram) schon früh in der Saison sein großes Potenzial. Im Interview mit Radsport News sprach der 24-jährige Slowake über seine

13.02.2009"Schlimmer kann es nicht mehr kommen"

(rsn) - Der Australier William Walker, 2005 Vize-Weltmeister in der U23-Klasse, zählt zu den großen Talenten des Radsports. Das konnte der 23-Jährige in den letzten beiden Jahren im Rabobank-Trikot

11.02.2009"Ich will mich 2009 für höhere Weihen empfehlen"

(rsn) - Christian Müller (26) galt in seiner U23-Zeit als eines der größten deutschen Zeitfahrtalente. Nach einer guten Neo-Profi-Saison 2005 bei CSC lief in den folgenden drei Jahren nur wenig zus

07.02.2009"Wir sind eines der jüngsten Continental-Teams"

(rsn) - Das Bochumer Continental-Team Vlassenroot startet 2009 unter dem Namen Seven Stones. Im Gespräch mit Radsport News erklärt der Sportliche Leiter Lars Diemer, was hinter der Namensänderung s

05.02.2009"In Topform zu den Ardennenklassikern"

(rsn) - Robert Gesink ist das größte niederländische (Kletter-)Talent seit vielen Jahren. 2008 machte der 22-jährige Rabobank- Profi in mehreren großen Rennen mit Spitzenplatzierungen bereits von

Weitere Radsportnachrichten

02.05.2024Offiziell bestätigt: Red Bull wird zur Tour als Titelsponsor sichtbar

(rsn) – Das deutsche WorldTeam Bora – hansgrohe wird ab der kommenden Tour de France (29. Juni - 21. Juli) als Red Bull – Bora – hansgrohe unterwegs sein. Das gab Manager Ralph Denk am Donners

02.05.2024Vollering hängt an erster Bergankunft die Konkurrenz ab

(rsn) – An der ersten Bergankunft der 10. Vuelta Femenina hat Demi Vollering (SD Worx – Protime) ihre Konkurrentinnen in Grund und Boden gefahren und mit ihrem ersten Saisonsieg auch das Rote Trik

02.05.2024Im dritten Anlauf klappt es für Bike Aid mit dem Gelben Trikot

(rsn) – Im dritten Anlauf hat es für Yoel Habteab (Bike Aid) mit dem Gelben Trikot bei der Tour du Bénin geklappt. Nachdem ihm die Jury an den ersten beiden Tagen das Führungstrikot jeweils nach

02.05.2024Buchmann zur Giro-Ausbootung: “Komische Begründung“

(rsn) - Bis Ende des Jahres steht Emanuel Buchmann noch bei Bora – hansgrohe unter Vertrag. Ob er verlängert wird, scheint zumindest in diesem Moment nicht sicher. Mit großer Verärgerung tritt de

02.05.2024Arkéa - B&B Hotels verlängert vorzeitig mit Costiou

(rsn) - In unserem ständig aktualisierten Transferticker informieren wir Sie regelmäßig über Personalien aus der Welt des Profiradsports. Ob es sich um Teamwechsel, Vertragsverlängerungen oder RÃ

02.05.2024Pogacar thront bei seiner Premiere über allen

(rsn) – Auf dem Papier scheint der 107. Giro d’Italia schon entschieden, noch bevor am Samstag in Venaria Reale nördlich von Turin der Startschuss fällt. Tadej Pogacar (UAE Team Emirates) ist de

02.05.2024Zu Ehren des Sponsors: Intermarché in speziellem Giro-Trikot

(rsn) – Im dritten Jahr in Folge wird Intermarché - Wanty nicht in seinem Standard-Outfit zum Giro d´Italia antreten. Bei der am 4. Mai beginnenden 107. Ausgabe der Italien-Rundfahrt will das belg

02.05.2024Krieger und Mayrhofer sollen Dainese zum Hattrick pilotieren

(rsn) – Das Team Tudor startet am Samstag in seine erste Grand Tour. Zum 107. Giro d’Italia (4. – 26. Mai) tritt der Schweizer Zweitdivisionär aber mit einem relativ erfahrenen Aufgebot an. Nu

02.05.2024“Underdogs“ Bauhaus und Kanter hoffen auf Giro-Etappensiege

(rsn) – Olav Kooij (Visma – Lease a Bike), Tim Merlier (Soudal – Quick-Step), Fabian Jakobsen (dsm-firmenich – PostNL), Jonathan Milan (Lidl – Trek), Kaden Groves (Alpecin – Deceuninck),

02.05.2024Giro d`Italia: Die letzten zehn Jahre im Ãœberblick

(rsn) - Der Giro d`Italia ist traditionell die erste dreiwöchige Landesrundfahrt im Rennkalender, bei der sich immer wieder auch die Deutschen als Etappenjäger hervortaten. Im Jahr 2022 konnte das

02.05.2024Bénin: Jury nimmt Bike Aid das Gelbe Trikot wieder weg

(rsn) – Erneuter Tiefschlag für das Team Bike Aid bei der Tour du Bénin (2.2). Nachdem Yoel Habteab zum Auftakt seinen Etappensieg aberkannt bekommen hatte, weil er und seine Gruppe den Motorräd

02.05.2024Großes Vorschau-Paket: Die Strecke des Giro d´Italia 2024

(rsn) – Sechs Bergankünfte, zwei Einzelzeitfahren, toskanischer Schotter, der Mortirolo, der Stelvio und zum krönenden Abschluss zwei Mal der Monte Grappa – das ist der 107. Giro d´Italia (4. -

RADRENNEN HEUTE
  • Keine Termine