Abschiedsinterview mit Tim Klinger

„Ich habe alles getan – jetzt reicht’s“

Foto zu dem Text "„Ich habe alles getan – jetzt reicht’s“"

Tim Klinger muss seine Karriere beenden.

Foto: ROTH

04.02.2009  |  (rsn) – Mit nur 24 Jahren hat Tim Klinger seine Profikarriere beenden müssen. Im Interview mit Radsport News erläutert der ehemalige Gerolsteiner-Fahrer die Gründe für seine Entscheidung und bilanziert seine drei Jahre als Radprofi. Klingers berufliche Zukunft steht bereits fest: Er wird eine Pilotenausbildung absolvieren.

Obwohl Sie in den letzten Jahren immer wieder Knieprobleme hatten, kommt die Meldung von Ihrem Rücktritt überraschend. Was genau ist der Grund, dass Sie mit 24 Jahren Ihre Karriere beenden?

Klinger: Seit dem Giro d’Italia 2007 habe ich immer wieder Probleme mit meiner Sehne. Immer öfter habe ich mir Gedanken gemacht, ob ich eine Zukunft im Radsport habe, wenn die Gesundheit nicht mitspielt. Die andauernde Dopingproblematik spielte bei meiner Entscheidung sicherlich auch eine gewisse Rolle. Ich glaube einfach nicht, mich mit meinen gesundheitlichen Problemen in einer auf Talfahrt befindendlichen Radsportwelt durchsetzen zu können. Ich sehe im Radsport keine Perspektive mehr für meine Zukunft.

Haben Sie die Entscheidung von sich aus getroffen oder in Abstimmung mit Ärzten?

Klinger: Ich habe inzwischen unzählige Arztbesuche hinter mir und habe sehr viele verschiedene Meinungen gehört. Die Entscheidung ist mir sehr schwer gefallen. Trotzdem wollte ich nicht mit zu vielen Menschen darüber sprechen. Jeder hat wieder eine andere Idee, aber davon wollte ich mich nicht verunsichern lassen. Ich habe in den letzten eineinhalb Jahren wirklich alles getan, jetzt reicht’s.

Wie hat Ihr Teamchef Thomas Kofler reagiert?

Klinger: Er hat mir keinerlei Vorwürfe gemacht. Er versteht natürlich, dass ich an meine spätere Zukunft denke. Und geschäftlich gesehen weiß er ja auch, dass es ihm nichts bringt, einen immer wieder verletzten Klinger durch das Jahr zu schleppen. Außerdem gab es bisher niemanden, der meinte, dass er meine Entscheidung nicht versteht. Die meisten finden es schade, aber vernünftig und richtig.

Sie hatten sich für diese Saison viel vorgenommen, wollten bei Vorarlberg-Corratec einen Art Neuanfang starten. Wie tief sitzt die Enttäuschung jetzt?

Klinger: Einerseits war ich sogar erleichtert, als ich mich entschieden und allen wichtigen Personen Bescheid gegeben hatte. Ich habe mich immer selbst sehr unter Druck gesetzt und wollte immer Großes erreichen. Das war allein aus gesundheitlichen Gründen nicht möglich. Dieser Druck ist von mir abgefallen. Andererseits finde ich es sehr schade, dass ich mein Potenzial aus gesundheitlichen Gründen nie ausschöpfen konnte. Jetzt, nach ein paar Tagen, fehlt mir schon das Radfahren und ich erwische mich manchmal dabei, wie ich mir neue sportliche Ziele suche. Hobbysportler werde ich sicher mein ganzes Leben sein.

Was werden Sie künftig machen?

Klinger: Ich werde eine Pilotenausbildung machen. Einen kleinen Privatpilotenschein habe ich ja schon.

Werden Sie irgendeiner Form dem Radsport erhalten bleiben?

Klinger: Ich denke ja. Es gibt schon ein paar Überlegungen. Das wird sich in den nächsten Wochen entscheiden.

Wie fällt Ihre Bilanz nach drei Jahren Profiradsport aus?

Klinger: Überwiegend sehe ich die positiven persönlichen Erfahrungen. Das hat wenig mit irgendwelchen Erfolgen zu tun. Das Radprofidasein an sich ist etwas Besonderes. Ich habe wertvolle Erfahrungen gemacht, die nur sehr wenige Menschen erleben dürfen. Ich habe kompromisslos für den Sport gelebt. Bis auf wenige Wochen im Jahr haben sich 24 Stunden am Tag um den Radsport gedreht, auch wenn es mal keinen Spaß gemacht hat. Ich habe gelernt, was Disziplin ist und bin oft an meine physischen und auch psychischen Grenzen gekommen.

Was wird Ihnen am meisten fehlen?

Klinger: Das Streben nach großen Erfolgen sowie das Träumen davon. Ich hoffe aber, die Freundschaften, die ich durch den Radsport gewonnen habe, nicht zu verlieren.

Die Fragen an Tim Klinger stellte Matthias Seng.

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