WM-Straßenrennen der Junioren: Mayrhofer holt Silber

Evenepoel steckt auch einen Sturz weg und wird Doppel-Weltmeister

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Remco Evenepoel bejubelt seinen zweiten WM-Titel bei den Junioren. | Foto: Cor Vos

27.09.2018  |  (rsn) - Remco Evenepoel hat auch im WM-Straßenrennen der Junioren alle seine Konkurrenten düpiert und nach dem Titel im Zeitfahren sein zweites Regenbogentrikot erobert.

Der 18-jährige Belgier setzte sich über 132,2 Kilometer von Kufstein nach Innsbruck als Solist mit 1:25 Minuten Vorsprung auf den Dußlinger Marius Mayrhofer durch, der Silber gewann und damit für die erste diesjährige WM-Medaille des Bundes Deutscher Radfahrer (BDR) sorgte. Im Sprintduell der nächsten Verfolger sicherte sich 1:38 Minuten hinter dem neuen Weltmeister der Italiener Alessandro Fancellu die Bronzemedaille vor dem Schweizer Alexandre Balmer.

“Ich wusste, dass ich Mayrhofer stehen lassen würde, weil er keine Führung übernehmen konnte. Deshalb war klar, dass er mir am Schlussanstieg nicht würde folgen können. Ich wollte beide Rennen in dieser Woche gewinnen und das ist mir gelungen“, sagte der Goldmedaillengewinner in einer ersten Reaktion im Ziel.

"Es war ein sehr hartes Rennen. Vor allem am letzten Berg musste ich sehr kämpfen, weil ich Krämpfe bekam. Aber ich freue mich total, dass ich die Silbermedaille gewinnen konnte", sagte Mayrhofer, der als einziger aus dem Feld bis ins Finale hinein mit dem haushohen Gold-Favoriten mithalten konnte.

Bei seinem zweiten WM-Triumph ließ sich Evenepoel auch nicht durch einen frühen Sturz aus dem Konzept bringen, bei dem er einige Schürfwunden davon trug und in dessen Folge er mehr als eine Minute einbüßte und eine eindrucksvolle Aufholjagd starten musste. Nach einer Attacke am Fuß des letzten Anstiegs hinauf zur Olympiabobbahn ließ der 18-Jährige bereits 20 Kilometer vor dem Ziel seinen zu diesem Zeitpunkt letzten Begleiter Mayrhofer hinter sich und feierte einen ungefährdeten Solosieg.

So lief das Rennen…

Bei erneut besten Wetterbedingungen ließ das zunächst vom deutschen Team angeführte und aus 159 Fahrern bestehende Feld bei hohem Tempo keine Ausreißer davonziehen. Die meiste Aufregung bescherten mehrere Stürze, die zwar meist glimpflich ausgingen, aber dafür sorgten, dass das Feld auf den ersten, flacheren Kilometern zwischenzeitlich auseinander riss.

Da sich schließlich auch Belgier und US-Amerikaner bei der Jagd durch das Inntal an der Tempoarbeit beteiligten, blieben auch bis zum Anstieg nach Gnadenwald Attacken aus. Kurz vor dem Anstieg krachte es erneut, diesmal im vorderen Teil des Feldes. Zu den zahlreichen gestürzten Fahrern zählte auch der Top-Favorit Evenepoel, der lange auf Ersatzmaterial warten und im fünf Kilometer langen Anstieg eine kräfteraubende Aufholjagd starten musste, wobei er das Feld von hinten aufrollte.

Die Spitzengruppe war an dieser Stelle auf rund 20 Fahrer geschrumpft, wobei die Italiener noch mit vier Fahrer vertreten waren. Dagegen hatten die Deutschen nur noch Marius Mayrhofer vorne dabei, der allerdings hellwach war, als Andrea Piccolo auf der Kuppe attackierte. In der schnellen Abfahrt fuhr sich das Duo einen Vorsprung von rund einer Minute auf die ersten Verfolger heraus, die wiederum durch Piccolos Teamkollegen aus dem Rhythmus gebracht wurden, so dass auch Evenepoel, an dessen Hinterrad sich eine zweite Verfolgergruppe formiert hatte, der Anschluss gelang, noch bevor es auf den rund 24 Kilometer langen Olympia-Rundkurs ging.

Obwohl Evenepoel zwei seiner Helfer vor das noch knapp 40-köpfige Feld spannte, betrug der Rückstand bei der ersten Zieldurchfahrt unverändert fast eine Minute. Den büßten die beiden Ausreißer im 7,9 Kilometer langen und durchschnittlich 5,7 Prozent steilen Anstieg hinauf zur Olympiabobbahn in Igls komplett ein - vor allem, da Evenepoel im oberen Teil selbst wieder in Aktion trat und im Alleingang dafür sorgte, dass aus der Gruppe am Gipfel des Anstiegs rund 38 Kilometer vor dem Ziel ein Trio wurde: Evenepoel, Vacek und Mayrhofer. Dagegen hatte das starke italienische Team keinen Fahrer in der neuen Spitzengruppe platzieren können.

In der Abfahrt verlor Vacek den Anschluss an seine Begleiter und bildete schließlich gemeinsam mit Piccolo das erste Verfolgerduo, nur um kurz darauf von der nächsten Gruppe geschluckt zu werden. Aus der setzten sich die Italiener Gabriele Benedetti und Antonio Tiberi ab, ohne allerdings näher an Evenepoel und Maryhofer heranzukommen, die die letzte Runde mit 55 Sekunden Vorsprung angingen.

Knapp 20 Kilometer vor dem Ziel schüttelte Evenepoel noch im unteren Teil des letzten Berges des Tages seinen deutschen Konkurrenten geradezu mühelos ab und kurbelte mit unverändert hohem Tempo den Anstieg zur Olympiabobbahn hinauf. Mayrhofers Rückstand wuchs zwar schnell an, doch gegenüber seinen nächsten Verfolgern baute der 18-Jährige seinen Vorsprung sogar aus.

Über den Gipfel jagte Evenepoel gut 1:20 Minuten vor Mayrhofer und 2:10 Minuten vor Balmer und Fancellu, die sich spät auf eine letztlich erfolglose Aufholjagd machten. Denn Mayrhofer büßte zwar Sekunde um Sekunde seines Vorsprungs ein und lag bei der letzten Passage der bergaufführenden Höttinger Gasse in Innsbrucks Altstadt nur noch knapp 15 Sekunden vor seinen Verfolgern. Doch die verteidigte er auf den letzten Kilometern souverän und konnte sich im Ziel über die Silbermedaille freuen.

Während Mayrhofer bis zur Zielgeraden durchziehen musste, konnte Evenepoel angesichts seines beruhigenden Vorsprungs bereits auf den letzten zwei Kilometern seinen zweiten Coup in Innsbruck bejubeln. Der Belgische und Europameister, der schon als der „neue Merckx“ gehandelt wird und der 2019 Profi bei Quick-Step Floors wird, strahlte in die Kamera und ballte immer wieder die Faust. Kurz vor dem Ziel schließlich stieg er vom Rad und trug es, über den Kopf schwenkend, über die Linie.

Endstand:
1. Remco Evenepoel (BEL)
2. Marius Mayrhofer (GER) +1:25
3. Alessandro Fancellu (ITA) +1:38
4. Alexandre Balmer (SUI) s.t.
5. Frederik Wandahl (DEN) +3:20
6. Gabriele Benedetti (ITA) s.t.
7. Alois Charrin (FRA)
8. Kevin Vermaerke (USA)
9. Antonio Tiberi (ITA)
10. Sean Quinn (USA)


 

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