Müllers Tour de Siak-Tagebuch

Wir nehmen es mit schwarzem Humor und Sarkasmus

Von Robert Müller

Foto zu dem Text "Wir nehmen es mit schwarzem Humor und Sarkasmus"
Robert Müller (rechts) bei der Tour de Siak. | Foto: Robert Müller

20.09.2019  |  Hallo aus Siak, Sumatra, Indonesien!

Beim Blick aus dem Fenster heute Morgen war ich ein bisschen erleichtert, denn der Rauch war nicht mehr so dicht, wie in den letzten Tagen. Sogar die Sonne war zu erahnen. Beim Frühstück zeigte mir unser Mechaniker ein Video von einer Straße in der Nähe, die mit toten Vögeln gesäumt war, die vom Himmel gefallen waren. Da ich gestern Honig gekauft hatte, musste ich das labbrige Toastbrot nicht mehr pur essen, denn es gab wieder einmal nichts, womit man den Toast hätte belegen können. Und Reis esse ich sowieso schon zweimal täglich, da brauche ich ihn nicht auch noch zum Frühstück.

Der Start erfolgte aber erst am Nachmittag, da Freitagmittag alle Muslime zum Freitagsgebet gehen müssen. Und leider wurde der Rauch bis dahin schon wieder schlimmer. Wir fuhren, wie üblich, die zehn Kilometer vom Hotel zum Start- und Zielbereich, der jeden Tag gleich ist. Die Etappe wurde auf 82 Kilometer gekürzt und war komplett flach. Da acht Fahrer mit einer Minute Vorsprung im Gesamtklassement an der Spitze lagen, war aus meiner Sicht ein Massensprint auf der bekannten, zwei Kilometer langen Zielgeraden vorprogrammiert. Ich fuhr wieder mit Atemmaske, auch wenn ich darunter ordentlich schwitzte und sie zum Trinken relativ häufig herunterziehen musste.

Nach etwa 20 Kilometern bildete sich eine fünf Fahrer starke Spitzengruppe, die jedoch vom malaysischen Team des Gesamtführenden nie mehr als 40 Sekunden Vorsprung bekam und etwa zehn Kilometer vor dem Ziel wieder eingeholt wurde. Im Feld ließ es sich bis dahin ganz gut mitrollen, aber im Finale gab es dann keine Mannschaft mehr, die das Tempo machte und so wurde es ziemlich unübersichtlich. Auch der Sprint war sehr chaotisch, denn durch den Gegenwind war das Tempo auf der langen Zielgeraden nicht sehr hoch und wir fuhren eng beieinander, alle kreuz und quer durcheinander.

Mein philippinischer Teamkollege James schaffte es deutlich besser als ich, sich durch das Chaos einen Weg nach vorne zu bahnen und wurde sehr guter Zweiter. Direkt nach dem Ziel setzten ein Holländer und ein Australier lautstark ihren Streit fort, der bei Positionskämpfen etwa zur Hälfte der Etappe begonnen hatte, als einer aufgrund einer Aktion des anderen gestürzt war, und der dann immer wieder aufflammte. Im Zielbereich wurden wir wie immer von neugierigen Kindern umringt, die uns ziemlich auf die Pelle rückten, weshalb wir uns schnell auf den Weg zurück ins Hotel machten.

Mein Bild von gestern, als ich mir nach dem Ziel im Krankenwagen mit Schläuchen in der Nase eine Sauerstoffdusche genehmigt hatte, hat schon wieder Wellen geschlagen und ist neben vielen lokalen Medien auch in einem Bericht über das Rennen in der größten spanischen Sporttageszeitung Marca aufgetaucht. Die Lage hier nehmen mein russischer Zimmerpartner Konstantin, der mir immer sehr schöne und zum Teil auch verstörende Geschichten vom Training aus Russland erzählt, und ich, mittlerweile mit viel schwarzem Humor und Sarkasmus. Anders ist die Situation auch kaum zu ertragen, wenn man nicht depressiv werden möchte.

Ich bin nur heilfroh, dass wir den Großteil des Tages zumindest in dem besseren Hotel rumhängen können, und nicht wie die einheimischen Teams in der verdreckten Bruchbude, in der wir am Anfang der Woche waren, unser Dasein fristen müssen. Aufgrund der Rauchentwicklung heute soll die morgige Etappe bereits um 9 Uhr früh starten und wieder auf die Hälfte der ursprünglich vorgesehenen 170 Kilometer gekürzt werden. Aber das kann sich auch alles noch kurzfristig ändern. Nur noch dreimal schlafen, bis wir endlich von hier wegfliegen.

Morgen gleiche Stelle, gleiche Welle
Gez. Sportfreund Radbert

Weitere Radsportnachrichten

20.05.2024Radsport live im TV und im Ticker: Die Rennen des Tages

(rsn) – Welche Radrennen finden heute statt? Wo und wann kann man sie live im Fernsehen oder Stream verfolgen? Und wo geht´s zum Live-Ticker? In unserer Tagesvorschau informieren wir über die

20.05.2024Weitere Einschränkungen für die 16. Giro-Etappe drohen

(rsn) – Bereits in der vergangenen Woche wurde der Streckenverlauf der über den Stelvio führenden 16. Giro-Etappe entschärft. Wegen Lawinengefahr nahm RCS Sport die Überquerung des 2.757 Meter

20.05.2024Algerien: Peschges wird auf neutralisierter Etappe Dritter

(rsn) - Marcel Peschges hat dem Team Embrace The World auf der 9. Etappe der Algerien-Rundfahrt (2.2) die nächste Podiumsplatzierung beschert. Der 27-Jährige sprintete Peschges in Annaba hinter dem

20.05.2024Müller sprintet bei Paris-Troyes aufs Podium

(rsn) – Tobias Müller (rad-net Oßwald) hat bei Paris – Troyes (1.2) sein erstes UCI-Podium der Saison eingefahren. Der 20-Jährige musste sich in Troyes nach 180 Kilometern im Sprint nur dem Au

20.05.2024Die Tour im Blick: Hält sich Pogacar in dritter Giro-Woche zurück?

(rsn) – Spätestens seit seiner Vorstellung auf der Königsetappe des 107. Giro d’Italia bestehen keinerlei Zweifel mehr daran, dass nur noch ein Sturz oder eine Krankheit den Gesamtsieg von Tadej

20.05.2024Umbrailpass zu Beginn, steile Rampe zum Schluss

(rsn / ProCycling) – Nachdem sich die Teilnehmer des Giro am Vortag etwas Ruhe gönnen konnten, geht es auf der 16. Etappe mit aller Härte weiter. Die Fahrer werden mit gnadenloser Berggewalt konf

20.05.2024Nur Groenewegen in Tongeren schneller als Ballerstedt

(rsn) – Maurice Ballerstedt (Alpecin – Deceuninck) hat bei der Ronde van Limburg (1.1) nur knapp seinen ersten Profisieg verpasst. Der 23-jährige Berliner musste sich bei dem belgischen Eintagesr

20.05.2024Weniger Stürze mit Hilfe von Künstlicher Intelligenz?

(rsn) - Der Radsport wird technologisch immer ambitionierter. Das betrifft etwa die Materialentwicklung. Fünf Ingenieure sitzen etwa bei Colnago ganzjährig daran, die Arbeitsgeräte von Tadej Pogaca

20.05.2024Bora - hansgrohe: In der dritten Giro-Woche alle für Martinez

(rsn) – Bisher läuft der 107. Giro d´Italia für Daniel Felipe Martinez (Bora – hansgrohe) voll nach Plan. Der Neuzugang aus Kolumbien hat sich bei der ersten Grand Tour des Jahres voll auf die

20.05.2024Quinn und Faulkner gewinnen US-Meisterschaften im Straßenrennen

(rsn) - Gianni Vermeersch (Alpecin – Deceuninck) hat sich bei einem Sturz im Verlauf des Port Epic eine Fraktur des Ellenbogens zugezogen, wie sein Team auf der Plattform X mitteilte. Der Belgier mu

20.05.2024Vollering will nach “großartigem Mai“ ihre Form weiter verbessern

(rsn) – Nachdem sie lange auf ihren ersten Saisonsieg hatte warten müssen, ist bei Demi Vollering (SD Worx – Protime) in Spanien der Knoten geplatzt. Innerhalb von gerade mal drei Wochen entschie

20.05.2024Mattheis: Nach acht Jahren Pause ein spätes Comeback

(rsn) – Sonderlich viele Kontinental-Jahre hat Oliver Mattheis (Bike Aid) noch nicht auf dem Buckel. Dies liegt auch daran, dass der heute 29-Jährige seine aktive Radsportkarriere in seiner zweiten

RADRENNEN HEUTE

    WorldTour

  • Giro d´Italia (2.UWT, ITA)
  • Radrennen Männer

  • Tour d´Algérie (2.2, DZA)