Mein Radsport-Ereignis 2016: Rad am Ring

Imposante Strecke, gespenstische Kulisse

Von Christoph Adamietz

Foto zu dem Text "Imposante Strecke, gespenstische Kulisse"
Paul Voß (Bora-Argon 18) gewinnt das 1. Rudi Altig Race. | Foto: radsport-news.com

22.12.2016  |  (rsn) – Die Redaktionsmitglieder von radsport-news.com und radsport-aktiv.de sowie ihre freien Mitarbeiter und Helferlein haben 2016 rund um das Thema Radrennen viel erlebt. Sie alle blicken zum Abschluss des Jahres nun zurück auf zwölf Monate voller Renn-Action, Emotionen und kurioser Szenen - jeder beschreibt das für ihn persönlich am meisten herausstechende Radsport-Ereignis 2016. Den Anfang macht heute: Christoph Adamietz!

Bei Radrennen war ich schon oft,  Rad am Ring (1.1) am letzten Juli-Wochenende ist allerdings eine Premiere für mich. Denn zum ersten Mal überhaupt besuche ich eine Formel-1-Rennstrecke, nämlich den Nürburgring, auf dem das Eintagesrennen erstmals ausgetragen wird.

Leider ist es nicht unbedingt erstklassig besetzt: Mit Giant-Alpecin hatte nur ein WorldTour-Team gemeldet und alle sind sich vor dem Start einig, dass die sechs Fahrer des Zweitdivisionärs Bora-Argon 18 den Sieg unter sich ausmachen würden. Und so kommt es auch. Paul Voß entscheidet das 1. Rad am Ring nach einem langen Solo zu seinen Gunsten.

Den einzigen Saisonsieg des Bora-Profis bekommen an der Strecke aber nur Wenige mit. Denn die zahlreichen Jedermänner brechen sofort nach ihren Rennen ihre Zelte ab und verlassen vor Veranstaltungsende den Ring. So bejubelt Voß seinen Coup vor einer gespenstischen Kulisse. Zieht man Teambetreuer, Freunde und Familie ab, dann bleiben nicht mehr viele radsportinteressierte Zuschauer übrig. Schade!

Auch für die Journalisten, wohlwollend aufgerundet sind es wohl ein halbes Dutzend, hätten die Arbeitsumstände bei der Premiere von Rad am Ring besser sein können. Das Pressezentrum bleibt lange Zeit verschlossen, ein Internetzugang kostet 12,50 Euro.

Um Informationen zum Rennen zu erhalten, bleibt letztlich nur eine Alternative: die Mitfahrt in einem Teamfahrzeug. In einem solchen kann ich die Schwierigkeiten der imposanten Strecke mit ihren steilen Abfahrten und dem 20-Prozent-Anstieg zur "Hohen Acht" bestens nachempfinden. Ich bin froh, an diesem Tag im Auto und nicht auf einem Rennsattel zu sitzen.

Schon auf der ersten Runde müssen Fahrer der anspruchsvollen Strecke Tribut zollen, was den Sprecher von Radio Tour zur Aussage verleitet: "Es ist schon erschreckend, wie viele Fahrer schon so früh im Rennen zurückfallen.“ Der Sportliche Leiter neben mir reagiert verärgert. "Der würde nicht einmal mit einem E-Bike hier hochkommen. `Erschreckend`", wiederholt er verächtlich den Sprecher. Er kann sich gar nicht mehr beruhigen.

Als es dann noch anfängt zu regnen, bricht Hektik aus. Regenjacken werden gereicht und Stoßgebete abgeschickt, dass alle heil ins Ziel kommen mögen. Dieser Wunsch zumindest geht in Erfüllung. Die Fahrer bleiben trotz der rutschigen, einer Achterbahn gleichenden Rennstrecke auf ihren Rädern.

Wenige Runden vor Schluss, die Vorentscheidung ist nach Voß' Solo-Vorstoß bereits gefallen, steige ich aus dem Begleitwagen aus und warte an der Boxengasse auf den Zieleinlauf. Schließlich rollt der 30-Jährige jubelnd über den Zielstrich, er wird von einer schwarz-weißen Flagge ins Ziel gewunken. Da kommt zumindest etwas Formel-1-Flair auf.

So geht die 1. Auflage des Profirennens Rad am Ring mit einem deutschen Sieg zu Ende. Mein Fazit: Schön, dass es ein neues UCI-Rennen in Deutschland gibt, noch dazu auf einer herrlichen, richtig schweren Strecke. Schade allerdings, dass die so gar nicht auf die deutschen Top-Fahrer André Greipel, Marcel Kittel oder John Degenkolb zugeschnitten ist. Deshalb werden die bekanntesten deutschen Radsportler wohl auch in Zukunft einen Bogen um den Ring machen. Dabei würden diese Namen der Veranstaltung sicher gut tun, um auch Zuschauer anzulocken.

Keine Frage: Das Rennen hat Potenzial - aber ohne Kulisse macht es eben nur halb so viel Spaß!

Mehr Informationen zu diesem Thema

29.12.2016Ein Berg. Ein Radprofi. Kein Rad!

(rsn) - Wann kann man sich sicher sein, dass ein Radsport-Ereignis wirklich ein Ereignis und nicht "nur" ein packendes Rennen, eine kuriose Szene oder ein bewegender Augenblick war? Ganz einfa

28.12.2016Champs-Élysées-Triumph mit viel Kraft und Willen

(rsn) – Die Vorzeichen standen gut für André Greipel, auch von seiner sechsten Tour de France en suite mit einem Etappensieg im Gepäck ins heimische Hürth zurückzukehren. Der Kapitän des Lotto

28.12.2016Peter Sagan: Back to the Roots

(Ra) - Peter Sagan in Rio auf dem Moutainbike - da hat sich so mancher doch gewundert... Aber Sagans Wurzeln im Radsport sind auf dem Bergrad gewachsen: Als Siebenjähriger startete er bei einem slowa

26.12.2016Drama am Colle dell´Agnello

(rsn) - Vor den letzten beiden Bergetappen des Giro d´Italia 2016 schienen die Trauben bereits verteilt. Kaum jemand hätte noch damit gerechnet, dass die Gesamtwertung einen derartig dramatischen Um

25.12.2016Noch immer der König der Zielgeraden

(rsn) - Man hatte ihn schon abgeschrieben. Ihn, den ehemaligen Straßenweltmeister, einen der besten Sprinter der Radsportgeschichte. "Er wird nicht mehr jünger“, sagten die einen. "Das Siegen hat

24.12.2016"Rambazamba“ im Konvoi

(rsn) – Nach dem gestrigen Ruhetag ging es in die entscheidende Phase der Vuelta. Heute führte die Strecke wieder in höllischem Tempo über die Autobahn aus Alajuela raus. Die Attacken zogen das

24.12.2016Denkwürdiger Sieg für einen toten Teamkollegen

(rsn) – In Sachen Rennverlauf war die 51. keine besonders bemerkenswerte Austragung des Amstel Gold Race. Wie bereits in den vergangenen Jahren wurde der erste der drei Ardennenklassiker erst auf de

23.12.2016Die große Contador/Quintana-Show

(rsn) - Der aufregendste Tag der Vuelta 2016 war der 4. September. Auf der 15. Etappe, dem 119 Kilometer langen Teilstück mit Bergankunft am Arámon Formigal, entschlossen sich zwei der besten Bergf

Weitere Radsportnachrichten

13.05.2024Mit Rouvy Grand-Tour-Recon im Wohnzimmer?

(rsn) - Analoge und digitale Welten verschränken sich immer mehr, auch beim Radsport. Auf besondere Weise dreht Rouvy mittlerweile die Schraube weiter. Auf der 2017 von den Brüdern Petr und Jiri Sam

13.05.2024Bergankunft Nr. 3: Kurze Etappe, langer Schlussanstieg

(rsn / ProCycling) – Schon in der ersten Woche des 107. Giro d´Italia hat es Ausreißversuche gegeben, die von Erfolg gekrönt waren. Doch erst die 10. Etappe durch den südlichen Apennin weist ein

13.05.2024Erholter Démare kehrt in Dünkirchen ins Feld zurück

(rsn) – Nachdem er aufgrund von Erschöpfungserscheinungen seine Klassikerkampagne bereits nach Gent-Wevelgem am 27. März hatte beenden müssen, kehrt Arnaud Démare (Arkéa - B&B Hotels) in seiner

13.05.2024Thomas kritisiert Neapels Straßen: “War ein absolutes Gemetzel“

(rsn) – Ein astreiner Massensprint und breite Straßen auf den letzten Kilometern: Auf den ersten Blick war das Finale der 9. Etappe beim Giro d´Italia in Neapel nichts Besonderes. Doch im Peloton

13.05.2024Die letzten Hügel taten Milans Beinen weh

(rsn) – Im vergangenen Jahr musste sich Jonathan Milan in Neapel am Ende der damaligen 6. Giro-Etappe Mads Pedersen geschlagen geben. Damals stand der Italiener noch bei Bahrain Victorious unter Ver

13.05.2024Bringt der Flèche du Sud den erhofften “Bumms“?

(rsn) - Gleich fünf der neun deutschen Kontinental-Teams waren in der vergangenen Woche beim Fléche du Sud (2.2) dabei. In Luxemburg standen sie allerdings zumeist im Schatten ihrer für internatio

12.05.2024Trotz widriger Umstände rast Kooij beim Giro zum ersten Sieg

(rsn) - Die ersten beiden Massensprints des diesjährigen Giro d’Italia (2. UWT) liefen nicht nach dem Geschmack von Olav Kooij und seinem Team Visma – Lease a Bike. Doch die dritte Chance konnte

12.05.2024Krieger bei Sturz auf 9. Giro-Etappe schwer verletzt

(rsn) – Nach einem schweren Sturz im Finale der 9. Etappe musste Alexander Krieger mit schweren Verletzungen ins Krankenhaus gebracht werden. Wie sein Team Tudor am Abend auf X mitteilte, sei der St

12.05.2024Auch ohne Sieg ist Buchmann ein Gewinner der Ungarn-Rundfahrt

(rsn) – Den Frust über seine Giro-Ausbootung hat Emanuel Buchmann (Bora – hansgrohe) in viel Angriffslust umgewandelt. Nachdem er bereits am 1. Mai bei Eschborn-Frankfurt (1.UWT) mit einer offens

12.05.2024Kooj triumphiert im Sprint-Krimi von Neapel vor Milan

(rsn) – Olav Kooij (Visma – Lease a Bike) hat die 9. Etappe des 107. Giro d’Italia im Massensprint gewonnen. Nach 214 Kilometern mit Start in Avezzano und Ziel in Neapel jagte er auf den letzten

12.05.2024Flèche du Sud: Teutenberg-Team am Schlusstag auf 1-2-3

(rsn) – Der Flèche du Sud (2.2) ist für viele der deutschsprachigen Fahrer und Teams erfreulich zu Ende gegangen. Am Schlusstag feierte Tim Torn Teutenberg mit seinem Team Lidl – Trek Future Ra

12.05.2024Narvaez: “Manchmal klappt es und manchmal nicht“

(rsn) – Rund 30 Meter fehlten Jhonatan Narvaez (Ineos Grenadiers) im Finale der 9. Etappe des Giro d’Italia (2.UWT) – stattdessen ging der Sieg an Olav Kooij (Visma – Lease a Bike). Die letzte

RADRENNEN HEUTE

    WorldTour

  • Giro d´Italia (2.UWT, ITA)
  • Radrennen Männer

  • Tour d´Algérie (2.2, DZA)