Alaphilippe wieder in Gelb, Pinot Gesamtdritter

Französisches Traum-Szenario für den Nationalfeiertag

Von Felix Mattis aus Saint-Etienne

Foto zu dem Text "Französisches Traum-Szenario für den Nationalfeiertag"
Machten am Samstag gemeinsame Sache: Thibaut Pinot (Groupama - FDJ) und Julian Alaphilippe (Deceuninck - Quick-Step) | Foto: Cor Vos

14.07.2019  |  (rsn) - Den Etappensieg konnten sie Thomas De Gendt (Lotto Soudal) nicht mehr nehmen, doch Julian Alaphilippe (Deceuninck - Quick-Step) und Thibaut Pinot (Groupama - FDJ) hatten in Saint-Etienne am Ende der 8. Etappe der Tour de France trotzdem allen Grund zur Freude. Der Eine weil er nach zwei Tagen Pause sein Gelbes Trikot zurückerobert hat, der Andere weil er in der Gesamtwertung inklusive Bonifikationen ganze 28 Sekunden auf all seine Kontrahenten herausgefahren hat.

Pinot geht nun 19 Sekunden vor Titelverteidiger Geraint Thomas (Ineos) als Gesamtdritter in die für Franzosen so wichtige 9. Etappe am Nationalfeiertag, die aus Sicht der Tour de France-Gastgeber unter kaum besseren Vorzeichen starten könnte: Ein Franzose in Gelb, einer führt die Klassementfahrer an und ein dritter, Romain Bardet (Ag2r La Mondiale) fährt am Sonntag in seinen Heimatort: Der 28-Jährige stammt aus dem Zielort Brioude.

"Das war ein großartiges Finale, so liebe ich es Rad zu fahren", freute sich Alaphilippe über die Rückeroberung des Maillot Jaune mit einem starken Angriff an der letzten Bergwertung des Tages und einer anschließenden 12-Kilometer-Flucht mit dem einzigen Mann, der ihm an der steilen Rampe folgen konnte: Pinot.

"Es war eine tolle Flucht mit Pinot, ich denke, das hat den Leuten gefallen. Ich bin froh, Gelb auf diese Art und Weise zurückerobert zu haben", so Alaphilippe, der mit sechs Sekunden Rückstand auf Giulio Ciccone (Trek - Segafredo) in die Etappe gestartet war, fünf davon aber schon wenige Sekunden nach seinem Angriff aufgeholt hatte - als Zweiter am Bonus-Sprint an der dortigen Bergwertung. Vier weitere Bonussekunden im Ziel als Tagesdritter hätten allein schon zu Gelb gereicht, doch das französische Duo brachte auch noch 20 Sekunden Vorsprung mit.

Cleverer Pinot gibt alles, um mit Alaphilippe mitzufahren

"Ich hatte großes Interesse daran, mit Alaphilippe zusammenzuarbeiten und umgekehrt hatte er großes Interesse, mit mir zusammenzuarbeiten", freute sich Pinot über den gelungenen Coup. Er hatte sich an der letzten Steigung clever verhalten und Alaphilippe genau beobachtet, um dessen - von allen erwarteten - Attacke dann zu folgen. Pinot gab alles, um über die Kuppe an seinem explosiven Landsmann dran zu bleiben und wirkte in der Abfahrt zunächst platt. Dann aber fand er seine Kraft wieder und konnte auf den flachen Kilometern wichtige Führungsarbeit mit verrichten.

"Seit gestern Abend wusste ich, dass Julian 300 Meter vor dem Ende des Anstiegs attackieren würde und ich habe darauf den ganzen Tag gewartet. Ich war darauf vorbereitet, ihm zu folgen und hatte Glück, sehr gute Beine zu haben", so Pinot, der auch von seinem Sportlichen Leiter Philippe Mauduit für diesen Schachzug gelobt wurde: "Das war smart, ja", sagte der.

Der deutsche Hoffnungsträger Emanuel Buchmann (Bora - hansgrohe) wäre auch gerne mitgefahren, konnte aber nicht. "Ich war eigentlich sehr gut platziert, aber Alaphilippe ist so explosiv - da kann ich bei so kurzen, steilen Bergen nicht mitgehen", erklärte er.

Windschatten vom TV-Motorrad?

Doch so stark der Auftritt der beiden Franzosen auch war, er wurde von Vorwürfen der Konkurrenz überschattet, sie hätten vom Windschatten eines TV-Motorrads profitiert. "Ich habe es gerade so nicht geschafft mitzugehen, als die beiden Franzosen dem Motorrad über die Kuppe gefolgt sind", sagte etwa Jakob Fuglsang dem dänischen TV-Sender TV2. Alaphilippe machte sich auf der Pressekonferenz über diesen Vorwurf lustig: "Ich habe mein Rad aufs Auto gepackt und mir ein Motorrad genommen. Das war wirklich schnell. Es war besser als mein Rad", so der Franzose, bevor er ernsthafter wurde: "Ich bin Vollgas gefahren und Pinot auch. Hinten sind sie auch Vollgas gefahren. Ich weiß nicht, was ich sagen kann - ich war nicht hinter einem Motorrad!"

Perfekter 14. Juli steht bevor

Daran, dass die französischen Fans am Sonntag eine wahre Nationalfeiertags-Party bei der Tour de France feiern werden, dürften die Anschuldigungen der Konkurrenz nichts ändern. Für sie könnten die Voraussetzungen vor der 9. Etappe nach Brioude besser kaum sein - und so langsam keimt in Frankreich auch die Hoffnung auf, diese Party könnte noch weitere zwei Wochen andauern.

Zwar macht sich Alaphilippe keine Hoffnungen im Gesamtklassement und erklärte, er wolle erstmal einfach nur den 14. Juli in Gelb genießen, doch Pinot darf und muss man inzwischen wohl alles zutrauen. Der 29-Jährige war schon an der Planche des Belles Filles der Einzige, der Geraint Thomas (Ineos) Paroli bieten konnte.

Pinot auf Podestkurs?

"Wenn mir jemand vorher gesagt hätte, dass ich nach der ersten Woche Dritter sein könnte, hätte ich das sofort unterschrieben", freut sich Pinot über seine Situation und bestätigte, in absoluter Top-Form zu sein - wie im Herbst 2018, als er in einer Woche Zweiter bei Tre Valli Varesine wurde und sowohl Mailand-Turin als auch Il Lombardia gewann. "Ich bin auf dem Level der Schlussphase der letzten Saison. Meine Vorbereitung lief gut, aber es sind noch zwei Wochen zu fahren."

Das betonte auch Mauduit: "Wir müssen die Füße auf dem Boden behalten. Die Tour dauert noch zwei Wochen und Thibaut ist nur einer von vielen Anwärtern", meinte der Sportliche Leiter von Groupama - FDJ. "Es ist zu früh, um zu sagen, was hier möglich ist. Unser Ziel ist das bestmögliche Ergebnis, aber wir wissen, dass es sehr schwer ist, aufs Podium zu kommen. Wir schauen von Tag zu Tag, und wenn wir Glück haben und alles gut läuft, dann können wir darüber nachdenken - und vielleicht auch träumen, ja."

Fehlt zum kompletten Glück der Franzosen nur noch, dass Lokalmatador Bardet am Sonntag in seiner Heimatstadt Brioude die Enttäuschungen der ersten Tour-Woche, die ihm bereits mehr als zwei Minuten Rückstand auf Titelverteidiger Thomas eingebrockt haben, vergessen macht.

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