RSNplusRSN-Rangliste, Platz 40: Jonas Rutsch

Schon früh den roten Faden verloren

Von Christoph Adamietz

Foto zu dem Text "Schon früh den roten Faden verloren "
Jonas Rutsch (EF Education - EasyPost) | Foto: Cor Vos

22.11.2022  |  (rsn) – Nach beeindruckenden Vorstellungen bei der Tour de Suisse und der Tour de France 2021 hatte sich Jonas Rutsch (EF Education – EasyPost) für seine dritte WorldTour-Saison viel vorgenommen. Doch statt einen weiteren Schritt nach vorn zu machen, ging es für den Wiesbadener vor allem aus gesundheitlichen Gründen eher in die entgegengesetzte Richtung.

“Ich bin mit der Saison nicht so wirklich zufrieden. Es war für mich eher ein Schritt zurück, vor allem wegen Krankheiten, und dann habe ich relativ früh den roten Faden verloren, den man braucht, um auf hohem Niveau durch die Saison zu kommen“, sagte Rutsch zu radsport-news.com.

___STEADY_PAYWALL___

Schon das Frühjahr war verkorkst. Wegen einer Corona-Infektion musste der 24-Jährige zunächst auf das Openingsweekend in Belgien verzichten und konnte anschließend auch nicht bei Paris-Nizza starten. Bei den folgenden Frühjahrsklassikern, seinem ersten Saisonhighlight, war Rutsch zwar mit von der Partie, aber weit von der erhofften Form entfernt.

Frust bei Paris-Roubaix, vergebliche Attacken bei Eschborn-Frankfurt

Damit nicht genug, hatte er bei Paris-Roubaix auch noch mit großem Defektpech zu kämpfen. “Bei Roubaix hatte ich große Lust, das Rad einfach zur Seite zu stellen und ins Auto zu steigen. Die Blöße wollte ich mir aber nicht geben“, sagte der letztjährige Roubaix-Elfte, der diesmal nur auf Rang 74 ins Ziel kam.

Bei Eschborn-Frankfurt zeigte sich Jonas Rutsch als unermüdlicher Angreifer, doch das Feld holte den Wiesbadener immer wieder zurück, so dass beim Heimspiel nichts Zählbares heraussprang.| Foto: Cor Vos

Den Frust von Roubaix wollte sich Rutsch bei seinem Heimrennen Eschborn-Frankfurt aus den Beinen fahren. Doch der gebürtige Odenwälder stieß mit seinen Attacken im Taunus auf wenig Gegenliebe im Peloton, das es auf einen Sprint vor der Alten Oper abgesehen hatte. “Da kann man fahren wie man will, wenn die Strecke nicht hart genug ist“, urteilte Rutsch über das für ihn zu wenig selektive Terrain.

Nach dem enttäuschenden Frühjahr wollte Rutsch mit Blick auf die Tour de France den Reset-Knopf drücken. Dies schien auch zu gelingen, denn bei der Tour de Suisse zeigte er eine starke Leistung, nachdem er sich zuvor einen Monat lang im Höhentrainingslager vorbereitet hatte. “Am Berg ist es sogar noch einen Tick besser gelaufen als im Vorjahr“, sagte Rutsch, der sein bestes Ergebnis im Auftaktzeitfahren holte, als er in Frauenfeld Sechster wurde. Als letzten Formtest vor der Tour absolvierte er die Deutschen Meisterschaften im Sauerland, wo er im Zeitfahren Rang vier belegte und im Straßenrennen einen fünften Platz folgen ließ.

Bei der Tour de France funktionierte der Körper nicht wie gewohnt

Zuversichtlich und selbstbewusst reiste Rutsch nach Dänemark zum Auftakt der Tour de France. “Ich habe mir gerade von der ersten Woche viel erhofft und wollte dort eventuell sogar um einen Etappensieg mitfahren“, so Rutsch, der dann aber schon im Auftaktzeitfahren von Kopenhagen stürzte und so einen denkbar schlechten Start in eine für ihn dann auch enttäuschend verlaufende Tour de France erwischte.

Bei den Deutschen Meisterschaften im Sauerland verpasste Rutsch als Vierter des Zeitfahrens nur knapp das Podium.| Foto: Cor Vos

Hatte er bei der Tour 2021 sogar im seinen Kapitän Rigoberto Uran wirkungsvoll unterstützen können, so war Rutsch diesmal mehr mit sich selbst als mit Helferdiensten für seinen Kapitän beschäftigt. Eine wirkliche Erklärung für seine Probleme gab es nicht. Vermutlich hatte sich Rutsch bei der Tour de Suisse einen Infekt eingefangen, der ihn in Frankreich aus dem Tritt brachte.

“Bei der Tour de Suisse hatte ich noch gezeigt, dass das Grundniveau eigentlich nicht so schlecht war. Dort war ich letztlich noch ein ganz anderer Rennfahrer als bei der Tour de France. Mein Körper hat jedenfalls nicht so funktioniert, wie ich es eigentlich gewohnt bin. Ich bin nur mitgefahren und habe geschaut, dass ich ins Ziel komme“, so Rutsch, dessen Formkurve erst in den letzten Tour-Tagen wieder nach oben zeigte.

In der Spätphase der Saison Helfer im Abstiegskampf

Ein Ergebnis sprang für den Allrounder aber weder bei der Tour noch bei den anschließenden Rennen heraus. Dies lag allerdings weniger an mangelnder Form, vielmehr daran, dass sich Rutsch zumeist in der Rolle des Helfers wiederfand. Das wiederum war nötig geworden, weil er in der ersten Saisonhälfte zu wenige Punkte gesammelt hatte und nicht zu den zehn besten Fahrern seines Teams zählte. Die jedoch waren im Kampf gegen den Abstieg entscheidend für das UCI-Ranking. “Das große Ziel war der Klassenerhalt, klar, dass man sich da voll für das Team einsetzt“, zeigte Rutsch Verständnis für die Aufgabenverteilung in der Spätphase der Saison.

Nach einem Sturz im Auftaktzeitfahren in Kopenhagen verlief für Rutsch die Tour de France enttäuschend. | Foto: Cor Vos

Beim Blick auf Rutschs Ergebnisse fällt auf, dass er an keinem seiner 61 Renntage vorzeitig vom Rad stieg. Selbst wenn es schlechtlief, was oft genug vorkam, biss sich der EF-Profi immer durch. “Ich habe versucht, mein Niveau zu erreichen und bin entsprechend motiviert in die Rennen gegangen. Allerdings bekam ich dann jedes Mal aufs Neue eine vor den Kopf geknallt. Das konnte und wollte ich nicht auf mir sitzen lassen. Ich habe bis zum Schluss versucht, noch irgendetwas aus der Saison herauszuholen. Ich wollte einfach nicht aufstecken“, begründete er seine Motivation.

Die vierte Saison bei EF Education – EasyPost wird für Rutsch eine besonders wichtige, denn dann soll sich zeigen, wohin sein Weg führt: Ergebnisfahrer oder Helfer? Sollte die Tour de France wieder in seinem Programm stehen, dann dürfte durch die Verpflichtung von Richard Carapaz seine Rolle klar sein. “Mit ihm haben wir einen Fahrer, der bei der Tour ganz vorne landen kann. Da würde ich mich, falls ich nominiert werde, natürlich voll und ganz unterordnen“, sagte Rutsch, der zwar gerne wieder die Tour fahren würde, aber auch zu Debüts beim Giro oder der Vuelta nicht nein sagen würde. “Ich verschließe mich nicht vor neuen Erfahrungen und Erlebnissen.“

Auch wenn er die Tour als “das größte Radrennen der Welt“ bezeichnete, so könnte er bei Giro oder Vuelta mehr Freiheiten bekommen und sich als Ergebnislieferant profilieren. “Für mich geht es im nächsten Jahr darum zu zeigen, dass ich jemand bin, der Ergebnisse einfahren kann, weil ich sonst perspektivisch ein Stück weit in die Rolle des Helfers abrutschen werden“, meinte Rutsch. Sein erstes Highlight sollen aber wieder die Frühjahrsklassiker werden. Und insgesamt will er 2023 wieder “einen Schritt nach vorne machen“, wie er ankündigte.

Mehr Informationen zu diesem Thema

27.12.2022Fahrer des Jahres 2022: Küng freut sich über Strassacker-Trophäe

(rsn) – Eine Woche hatte Stefan Küng zuhause, bevor sich der Schweizer von Frauenfeld wieder verabschieden musste, um am heutigen Dienstag die nächste Trainingslager-Reise in Angriff zu nehmen.

19.12.2022Die Radsport-News-Jahresrangliste 2022 im Überblick

(rsn) – Auch in diesem Jahr hat Radsport News wieder mit Hilfe eines eigens dafür erstellten Punkteschlüssels den besten Fahrer des deutschsprachigen Raumes ermittelt. In unserer Rangliste 2022 fi

19.12.2022Ein Super-Jahr trotz zwei schmerzhafter Niederlagen

(rsn) – 2022 war das Jahr des Stefan Küng (Groupama - FDJ). Im Juni feierte der Schweizer die Geburt seines ersten Sohnes Noé und sportlich lief es über die gesamte Saison hinweg glänzend. Küng

18.12.2022Eine Hüft-OP ebnete den Weg zurück auf die Siegerstraße

(rsn) – Ein ganz großer Sieg wie beim Flèche Wallonne oder der Tour-Etappe in Sarran im Jahr 2020 sprang in dieser Saison zwar nicht für ihn heraus, doch mit insgesamt vier ersten Plätzen bei kl

17.12.2022Vom ersten bis zum letzten Rennen Leistung abgerufen

(rsn) – In seinem zweiten Profijahr gelang Mauro Schmid zwar kein Coup wie 2021, als er eine Etappe des Giro d‘Italia gewann. Doch bei seinem neuen Team Quick-Step Alpha Vinyl machte der Schweizer

16.12.2022Bester Deutscher trotz zwei Mal Corona und Nahtoderlebnis

(rsn) – Trotz zweier Coronaerkrankungen und eines schweren Trainingssturzes, der ihn mehrere Wochen außer Gefecht setzte, konnte Max Walscheid (Cofidis) 2022 so viele Punkte für die Jahresranglist

15.12.2022In der Romandie geglänzt, bei der Tour tragischer Held

(rsn) – Er war der tragische Held der Tour de France – nicht nur aus deutscher Sicht, sondern auch für die internationalen Fans: Simon Geschke (Cofidis) kämpfte bis zur letzten Bergetappe wacker

14.12.2022Zunächst konstant stark, dann von Corona ausgeknockt

(rsn) - Auch wenn ihm in der Saison 2022 deutlich weniger Siege gelangen als noch im vergangenen Jahr, so wusste Phil Bauhaus (Bahrain Victorious) mit einer deutlichen Leistungssteigerung zu beeindru

13.12.2022Nach den Klassikern aus dem Loch herausgearbeitet

(rsn) – Auch wenn er im Frühjahr wegen Krankheiten nicht die gewünschten Ergebnisse einfahren konnte und im Sommer bei der Tour de France leer ausging, fällt Nils Politts Saisonbilanz positiv aus

12.12.2022Nach langem Leidensweg Befreiungsschlag in der Schweiz

(rsn) – Es war eine der beeindruckendsten Triumphfahrten der gesamten Saison 2022: Als Bob Jungels (AG2R Citroën) am 10. Juli durch die Schweiz rauschte und in Chatel am Rande des Skigebiets Les Po

11.12.2022Immer wenn er fit war, kam etwas dazwischen

(rsn) – Nach fünf Jahren bei Bora – hansgrohe und der großen Enttäuschung über die verpasste Tour de France 2021 entschied sich Pascal Ackermann für einen Tapetenwechsel und heuerte bei UAE

10.12.2022Die Beständigkeit in Person

(rsn) – Der Wechsel von DSM zu Movistar hat sich für Max Kanter gelohnt. Der 25-Jährige muss zwar weiter auf seinen ersten Sieg warten, doch mit 29 Top-Ten-Resultaten war er der beständigste Erge

Weitere Radsportnachrichten

09.05.2024Etappensieg verpasst, aber Alaphilippe zeigt alte Klasse

(rsn) – Der ganz große Coup ist Julian Alaphilippe (Soudal – Quick-Step) auf der 6. Etappe des Giro d´Italia über die weißen Schotterstraßen der Toskana nicht gelungen. Doch der franzöische

09.05.2024Radsport live im TV und im Ticker: Die Rennen des Tages

(rsn) – Welche Radrennen finden heute statt? Wo und wann kann man sie live im Fernsehen oder Stream verfolgen? Und wo geht´s zum Live-Ticker? In unserer Tagesvorschau informieren wir jeden Morgen

09.05.2024Kampf gegen die Uhr mit schwerem Finale

(rsn / ProCycling) – Zum ersten Mal seit 2017 gab es am Eröffnungswochenende der Italien-Rundfahrt kein Einzelzeitfahren. Trotz der kniffligen Etappe rund um Turin, der Ankunft in Oropa und der Sc

09.05.2024Pogacar: “Hat Spaß gemacht, aber ich bevorzuge Strade Bianche“

(rsn) – Auf der Strade-Bianche-Etappe des 107. Giro d’Italia hielten die Favoriten die Beine still. Stattdessen dominierten auf den 180 Kilometern durch die Toskana inklusive dreier Gravel-Sektore

09.05.2024Fleche du Sud: Etappenplatzierung kostet Teutenberg Führung

(rsn) - Einen Tag nach seinem Auftaktsieg beim Flèche du Sud (2.2) musste Tim Torn Teutenberg (Lidl - Trek Future Racing) seine Gesamtführung wieder abgeben. Da es bei der fünftägigen Rundfahrt d

09.05.2024Nächster Sieg: De Lie zeigt auch beim Circuit de Wallonie auf

(rsn) - Die deutschen und österreichischen Kontinental-Teams haben sich beim hochkarätig besetzten Circuit de Wallonie (1.1) achtbar aus der Affäre gezogen. Beim Sieg des Belgiers Arnaud De Lie (Lo

09.05.2024Highlight-Video der 6. Etappe des Giro d´Itala

(rsn) – Pelayo Sánchez (Movistar) hat auf der 6. Etappe des 107. Giro d’Italia (2.UWT) den größten Erfolg seiner Karriere eingefahren. Der 24-jährige Spanier setzte sich über 180 hügelige Ki

09.05.2024Sanchez spart Kraft und schlägt Alaphilippe im Sprint

(rsn) - Pelayo Sanchez (Movistar) hat die 6. Etappe des 107. Giro d’Italia von Viareggio nach Rapolano terme über 180 Kilometer und drei Schottersektoren gewonnen. Im Dreiersprint war der Spanier s

09.05.2024Liste der ausgeschiedenen Fahrer / 6. Etappe

(rsn) - 176 Profis aus 22 Teams sind am 4. Mai zum 107. Giro d’Italia (2.UWT) angetreten, darunter auch zwölf Deutsche, vier Österreicher, zwei Schweizer und ein Luxemburger. Hier listen wir a

09.05.2024Cavendish holt sich die 2. Etappe, Voltr das Gelbe Trikot

(rsn) – Nachdem er sich zum Auftakt noch mit Rang sechs hatte begnügen müssen, hat sich Mark Cavendish (Astana Qazaqstan) die 2. Etappe der 45. Ungarn-Rundfahrt (2.Pro) gesichert. Der 38-jährige

09.05.2024Ludwig: “Dachte so oft, dass ich nie einen Profisieg hole“

(rsn) – Hannah Ludwig hat geschafft, woran sie selbst nicht geglaubt hat. Die 24-Jährige aus Traben-Trarbach machte am Mittwoch den Tag für ihr Team Cofidis perfekt. Nachdem kurz zuvor Benjamin Th

09.05.2024Lipowitz muss den Giro vor der 6. Etappe verlassen

(rsn) – Nach nur fünf Tagen ist das Grand-Tour-Debüt von Florian Lipowitz bereits wieder beendet. Wie Bora – hansgrohe vor dem Start der 6. Etappe des Giro d’Italia (2.UWT) mitteilte, sei der

RADRENNEN HEUTE

    WorldTour

  • Giro d´Italia (2.UWT, ITA)
  • Radrennen Männer

  • Tour de Hongrie (2.Pro, HUN)