Bichlmanns Ruanda-Tagebuch / 5. Etappe

That´s reality, I hate reality!

Von Daniel Bichlmann

Foto zu dem Text "That´s reality, I hate reality! "
Daniel Bichlmann (Bike Aid) | Foto: Lina Michaelis

21.11.2014  |  (rsn) - Ungeplant schreibe ich auch heute unser Ruanda-Tagebuch, da Lucas Kampf gegen das Zeitlimit wohl recht eintönig war. Mein Tag hingegen war doch
sehr ereignisreich.

Wie gestern schon angekündigt, war das erklärte Ziel ja, Mekseb Debesays „schlechte" Position im Gesamtklassment zu verändern - und das gelang uns hervorragend - wir haben jetzt nämlich eine „ganz, ganz schlechte" Position.

Der heutige Renntag sah, ja, man kann sagen: bergig aus: Die 4500 Höhenmeter sorgten dafür, dass der heutige Abschnitt einer Bergetappe beispielsweise bei der Tour de France in nichts nach stand. Als Startrampe, um uns in die richtige Stimmung zu bringen, diente ein 30 Kilometer langer Pass. Da wir ja zum Angriff blassen wollten, ging ich gleich in der Abfahrt in die Offensive und fuhr 20 Kilometer mutterseelenallein mit nur einer Minute Vorsprung vor dem Feld her.

Dass ich mir dabei eine Bergwertung der 1. Kategorie geholt habe, erstaunt wohl niemanden mehr als mich selbst. Nachdem die „ruandischen Arbeitstiere" um ihr Gelbes Trikot mich sinnloserweise wieder eingeholt hatten, ging es also für mich darum, unseren Mekseb solange wie möglich Richtung Ziellinie, welche nach 183 Kilometern auf die Straßen gepinselt war, zu begleiten.

So quälte ich mich also wieder an der Seite einer Vielzahl an Fahrern, welche die Hälfte meines Körpergewichtes auf die Wagge bringen, über jeden einzelnen Anstieg im „Land der tausend Hügel". Bis vier Kilometer vor dem Ende lief das auch ganz solide. Als sich direkt neben der 4km-Marke Meksebs Schlauchreifen mit einem Knall ins Nirvana verabschiedete, war der Zeitpunkt für mich gekommen, mein Letztes zu geben! - nämlich meine Quantec-Rennmaschine.

Als es nur einen Kilometer später wieder knallte, dachte ich zuerst „Vielleicht gibt mir ja doch einer der ca. 750 000 Zuschauer am Straßenrand den Gnadenschuss". Doppelt enttäuscht realisierte ich kurz darauf, das Mekseb jetzt auch sein (also mein) Vorderrad in einen Nagel manövriert hatte. Deprimiert beendeten wir deshalb auch den heutigen Freitag gemeinsam weit hinter dem Tagessieger. That's reality, I hate reality!

Nach dem Überfahren der Ziellinie brauchte ich eine gute Viertelstunde, um mich die 250 Meter zum Teamauto durchzuarbeiten. Die Menschenmengen hier sind nicht zu beschreiben, einfach sagenhaft und all das ist schlichtweg unfassbar.

Mit etwas Interesse an Land und Leuten stellt sich schnell die traurige Gewissheit ein, dass es hier schlichtweg kaum Menschen über 40 gibt. Es fehlt einfach eine ganze Generation. Der Bürgerkrieg zwischen Hutu und Tutsi vor nunmehr 20 Jahren und die furchtbaren Massaker haben tiefe Spuren hinterlassen.

Euer Daniel

Mehr Informationen zu diesem Thema

25.11.2014Noch ein Sieg gefeiert und das Bergtrikot verteidigt

(rsn) - Leider war es dem Team Bike Aid - Ride for Help nicht möglich, uns früher die beiden letzten Tagebuch-Eintragungen von Lucas Carstensen und Daniel Bichlmann zu kommen zu lassen. Von den letz

20.11.2014„Mekseb - CRASH!"

(rsn) - Während die meisten deutschen Fahrer sich aktuell wohl entweder penibel im Süden oder zu Hause auf die kommenden Saison vorbereiten oder sich mit Weihnachtsgebäck von Mutter, Oma, Freundi

20.11.2014Sand auf der Straße kostete Mekseb die Chance auf den Sieg

(rsn) - Heute stand wieder eine brutale Bergetappe auf dem Programm, es ging über fünf Bergwertungen, davon vier der 1. Kategorie. Das summierte sich zu nicht weniger als 3200 Höhenmetern. Schon vo

19.11.2014Unser Herbstmärchen ist perfekt

(rsn) – Die heutige 2. Etappe von Rwamagana nach Musanze über 153,5 Kilometer war eine Bergetappe, wie sie im Buche steht. Nach 60 recht flachen Kilometern und kontrolliertem Beginn ging es über g

18.11.2014Die Menschenmassen konnten nur Gutes bedeuten

"Diese Rundfahrt ist nur leicht wellig und ideal um nach der Pause wieder rein zu kommen", das wurde mir vor der Rundfahrt erzählt. Also machte ich mich nach 4 Wochen Winterpause und nur einer Woche

17.11.2014Ein gelungener Auftakt auf klinisch sauberen Straßen

(rsn) - Die Tour du Rwanda, unsere voraussichtlich letzte Rundfahrt des Jahres 2014, begann am Sonntagmit einem 3,5 km langen Auftaktzeitfahren in Kigali. Speziell für unseren Kapitän Mekseb Debes

Weitere Radsportnachrichten

18.05.2024Radsport live im TV und im Ticker: Die Rennen des Tages

(rsn) – Welche Radrennen finden heute statt? Wo und wann kann man sie live im Fernsehen oder Stream verfolgen? Und wo geht´s zum Live-Ticker? In unserer Tagesvorschau informieren wir über die

18.05.20245.300 Höhenmeter: Königsetappe über den Mortirolo

(rsn / ProCycling) – Die 15. ist nicht nur die längste Etappe dieses 107. Giro d´Italia, sondern führt über gleich fünf Berge, von denen die letzten drei der 1. Kategorie angehören. Insgesamt

18.05.2024Hellas: Schiffer stürmt mit Dorns Hilfe ins Bergtrikot

(rsn) - Während der Österreicher Riccardo Zoidl (Felt - Felbermayr) auf der 4. Etappe der Tour of Hellas (2.1) seine Gesamtführung verteidigte und mit 46 Sekunden Vorsprung auf seinen Landsmann un

18.05.2024Martinez: “Der beste Teil des Giro liegt noch vor uns“

(rsn) – Das zweite Einzelzeitfahren des Giro d´Italia fand in der Nähe des Gardasees statt und endete mit dem überzeugenden Sieg von Filippo Ganna (Ineos Grenadiers). Der Stundenweltrekordler set

18.05.2024Pogacar ist sich sicher: Entscheidung erst am Monte Grappa

(rsn) – Nach den ersten beiden Dritteln des Giro d´Italia ist in der Regel noch nichts in Stein gemeißelt. Die extrem schweren Bergprüfungen in den Alpen warten in der Schlusswoche und so hat si

18.05.2024Leidert verpasst Ausreißercoup beim Orlen Nations GP

(rsn) - Louis Leidert (Deutsche U23-Nationalmannschaft) hat auf der 4. Etappe des Orlen Nation GP (2.NC) einen Ausreißercoup verpasst. Der 19-Jährige gehörte zur achtköpfigen Gruppe des Tages, di

18.05.2024Ganna kommen am Tag der Glorie die Tränen

(rsn) - Ein Schrei der Erleichterung breitete sich auf der Uferpromenade am Gardasee in Desenzano aus. Tadej Pogacar (UAE Team Emirates) war gerade ins Ziel gekommen. Doch der Mann in Rosa hatte die b

18.05.2024Highlight-Video der 14. Etappe des Giro d´Italia

(rsn) – Filippo Ganna (Ineos Grenadiers) hat das zweite Einzelzeitfahren des 107. Giro d’Italia für sich entschieden. Der 27-jährige Italiener setzte sich auf der 14. Etappe über 31,2 Kilometer

18.05.2024Bennett krönt in Cassell perfektes Decathlon-Teamwork

(rsn) – Sam Bennett (Decathlon – AG2R La Mondiale) hat seinen Erfolgslauf bei den 4 Tagen von Dünkirchen (2.Pro) eindrucksvoll fortgesetzt. Der 33-jährige Ire entschied auch die schwere 5. Etapp

18.05.2024Liste der ausgeschiedenen Fahrer / 14. Etappe

(rsn) - 176 Profis aus 22 Teams sind am 4. Mai zum 107. Giro d’Italia (2.UWT) angetreten, darunter auch zwölf Deutsche, vier Österreicher, zwei Schweizer und ein Luxemburger. Hier listen wir a

18.05.2024Ganna im zweiten Giro-Zeitfahrduell schneller als Pogacar

(rsn) – Filippo Ganna (Ineos Grenadiers) hat beim 107. Giro d’Italia das zweite Zeitfahrduell gegen Tadej Pogacar (UAE Team Emirates) für sich entschieden. Nach 31,2 meist flachen Kilometern von

18.05.2024Van Aert: “Es war nicht einfach, auf der Bank zu sitzen“

(rsn) – Ein schwerer Sturz bei Dwars door Vlaanderen mit Frakturen am Schlüsselbein, am Brustbein sowie an den Rippen bedeutete nicht nur das Aus für  die Flandern-Rundfahrt und Paris-Roubaix, so

RADRENNEN HEUTE

    WorldTour

  • Giro d´Italia (2.UWT, ITA)
  • Radrennen Männer

  • 4 Jours de Dunkerque / Grand (2.Pro, FRA)
  • Tour d´Algérie (2.2, DZA)
  • Tour of Hellas (2.1, GRE)
  • Tour of Sakarya (2.2, TUR)