Mit 48 Jahren ältester Fahrer der Tour de San Luis

Jorge Bravo: Der Über-Jensie aus Uruguay

Von Tom Mustroph aus San Luis

Foto zu dem Text "Jorge Bravo: Der Über-Jensie aus Uruguay"
Tour de San Luis 2015 | Foto: Cor Vos

23.01.2016  |  (rsn) - An die Kategorie Ü40 hat man sich bei großen Rundfahrten inzwischen gewöhnt. Bei der Tour San Luis fordert aber ein Mann die Herren Nibali, Quintana, Majka und Sagan heraus, der stramm auf die Ü50 zusteuert und damit selbst die Methusalem-Marken eines Jens Voigt jugendfrisch aussehen lässt.

Jorge Bravo, im November 1967 im Städtchen Trinidad geboren, nimmt als Kapitän der Nationalmannschaft Uruguays an der Tour de San Luis teil. Gut, als einen ernsthaften Herausforderer für Quintana & Co. würde sich Bravo selbst nicht bezeichnen. Da ist er realistisch genug. "Wir wollen als Mannschaft hier eine gute Rolle spielen. Aber in den Bergen können wir nicht mithalten", meinte er zu radsport-news.com.

Die einfache Erklärung: "Uruguay hat einfach keine Berge, in denen wir trainieren könnten. Das Land ist flach, es ist sehr windig. Das macht es für ausländische Fahrer bei Rennen in Uruguay sehr schwer. Andererseits tun Radsportler aus Uruguay sich schwer bei Rennen im Ausland", erklärte Bravo. Er selbst ist der beste Beleg dafür.

Vor ein paar Wochen gewann Bravo den Giro por la Hermandad, eines der wichtigsten Etappenrennen in Uruguay und Argentinien. "Das war mein Saisonhöhepunkt", sagte er lächelnd. Bei der Tour de San Luis hingegen ließ er sich am Cerro El Amago viereinhalb Minuten vom Tagessieger Sépulveda abnehmen. Das war zwar immer noch besser als Ex-Toursieger Vincenzo Nibali. Für große Sprünge im Klassement der Tour de San Luis reicht das aber nicht.

Immerhin: Der "Opa", wie ihn die hiesige Radsportpresse nennt, manchmal auch liebevoll "Rolling Stone" - im Hinblick auf das stattliche Lebensalter von Mick Jagger & Co. - kann mit seinen "Enkeln" noch erstaunlich gut mithalten. "Immer richtig essen, viel schlafen und gut trainieren" sowie "Leidenschaft und Disziplin" lauten seine Rezepte für Wettkampffähigkeit bis in dieses Alter hinein.

30 Jahre habe er Radsport auf diesem Niveau betrieben, erzählte er weiter. Etwa 21 Erdumrundungen in Training und Wettkampf seien dabei herausgekommen, rechnete er vor. Geändert habe sich während dieser Zeit viel, fast alles eigentlich: "Das Material ist besser geworden, die Laufräder, die Rahmen. Am wichtigsten war die elektronische Gangschaltung. Auch die Ernährung hat sich radikal geändert."

Gewandelt habe sich ebenfalls die Qualität des Radsports in Lateinamerika. "Zu meinen Anfangszeiten gab es allenfalls eine Handvoll Kolumbianer, die es nach Europa geschafft haben. Aus den anderen Ländern aber so gut wie niemand. Jetzt erlebt der kolumbianische Radsport mit Männern wie Nairo Quintana und Rigoberto Uran seine goldene Ära. Aber auch Sportler aus anderen Ländern schaffen den Sprung", stellte er fest. "Sogar einer aus Uruguay hat es nach Europa geschafft", sagt er stolz und verweist auf Fabricio Ferrari (Caja Rural, 121. bei der Vuelta 2013).

Noch eine Veränderung hat er in all den Jahren beobachtet: "Bei den wichtigen Rennen in Lateinamerika gibt es seit einigen Jahren regelmäßig Dopingkontrollen. Es hat einige positive Tests gegeben, und jetzt ist das Feld sauberer geworden", meinte der Nestor des lateinamerikansichen Radsports. Trainingskontrollen sind ihm dabei aber noch nicht untergekommen, weder selbst erlebt noch vom Hörensagen. "Ja, daran mangelt es", bedauerte er - und schob sofort den Standardsatz eines jeden europäischen Profis hinterher, den vom Radsport als der "am stärksten kontrollierten Sportart überhaupt". Nun ja, die Kontrolldichte variiert.

Wie lange Bravo, übrigens ohne posiven Test in seiner Karriere, dem Radsport als Athlet treu bleiben wird, weiß er nicht. Da hält er es wie einst Jens Voigt. "Ich schaue von Jahr zu Jahr. Im März geht bei uns die Saison zu Ende. Dann höre ich darauf, was die Beine sagen", kündigte er an.

Mehr Informationen zu diesem Thema

24.02.2016"Den deutschen Radsport aus dem Dornröschenschlaf wecken"

(rsn) - Am Donnerstag präsentiert das Team Stölting Service Group im Düsseldorfer Kesselhaus sein Aufgebot für die Saison 2016. Wie es der neuformierte deutsche Zweitligist (s. Team-Vorstellung) i

23.02.2016Das russische Sportsystem ist absurd

(rsn) - Russland gibt 20 Millionen Euro allein für das Profi-Team Katusha aus – und muss wegen finanzieller Probleme alle seine Rennen aus dem internationalen Kalender nehmen. Das zeigt vor allem e

15.02.2016Ciolek: "Das ganze Jahr über gut und konkurrenzfähig sein"

(rsn) - Drei Jahre nach seinem Sieg bei Mailand-Sanremo fängt Gerald Ciolek beim deutschen Zweitligisten Team Stölting Service Gruop fast noch mal von vorne an. Mit radsport-news.com sprach der 29-j

21.01.2016"El Flaco" schlug Basso auf einem Secondhand-Alu-Rahmen

(rsn) - Bei der Tour de San Luis ist vieles möglich, sogar, dass ein Amateur auf einem gebraucht erworbenen Rad mit Alu-Rahmen und Karbonrädern ausgerüstete Profis besiegt.Alfredo "El Flaco" Lucero

20.01.2016Robert Förster: "Irgendwann muss man mal den Stecker ziehen"

(rsn) - 43 Siege, darunter Etappenerfolge beim Giro und der Vuelta, sowie unzählige Podiumsplätze gelangen Robert Förster in seiner Profikarriere. In die Herzen der Radsport-News-Leser schrieb er s

20.01.2016Retro-avantgardistische Momente bei der Tour de San Luis

(rsn) - Die Tour de San Luis mutet in manchen Aspekten wie eine Zeitreise in frühere Radsportepochen an. So sind alle Mannschaften im gleichen Hotel untergebracht - ein Umstand, den zu alten Friedens

19.01.2016Die Tour de San Luis in Argentinen beschreitet neue Wege

(rsn) - Die Sonne brennt, der Asphalt flimmert, und der Mann, der aus seinem Handkarren eisgekühlte Getränke verkauft, findet reißenden Absatz. Bei der Tour de San Luis macht sich nicht nur des Som

Weitere Radsportnachrichten

20.05.2024Radsport live im TV und im Ticker: Die Rennen des Tages

(rsn) – Welche Radrennen finden heute statt? Wo und wann kann man sie live im Fernsehen oder Stream verfolgen? Und wo geht´s zum Live-Ticker? In unserer Tagesvorschau informieren wir über die

20.05.2024Weitere Einschränkungen für die 16. Giro-Etappe drohen

(rsn) – Bereits in der vergangenen Woche wurde der Streckenverlauf der über den Stelvio führenden 16. Giro-Etappe entschärft. Wegen Lawinengefahr nahm RCS Sport die Überquerung des 2.757 Meter

20.05.2024Algerien: Peschges wird auf neutralisierter Etappe Dritter

(rsn) - Marcel Peschges hat dem Team Embrace The World auf der 9. Etappe der Algerien-Rundfahrt (2.2) die nächste Podiumsplatzierung beschert. Der 27-Jährige sprintete Peschges in Annaba hinter dem

20.05.2024Müller sprintet bei Paris-Troyes aufs Podium

(rsn) – Tobias Müller (rad-net Oßwald) hat bei Paris – Troyes (1.2) sein erstes UCI-Podium der Saison eingefahren. Der 20-Jährige musste sich in Troyes nach 180 Kilometern im Sprint nur dem Au

20.05.2024Die Tour im Blick: Hält sich Pogacar in dritter Giro-Woche zurück?

(rsn) – Spätestens seit seiner Vorstellung auf der Königsetappe des 107. Giro d’Italia bestehen keinerlei Zweifel mehr daran, dass nur noch ein Sturz oder eine Krankheit den Gesamtsieg von Tadej

20.05.2024Umbrailpass zu Beginn, steile Rampe zum Schluss

(rsn / ProCycling) – Nachdem sich die Teilnehmer des Giro am Vortag etwas Ruhe gönnen konnten, geht es auf der 16. Etappe mit aller Härte weiter. Die Fahrer werden mit gnadenloser Berggewalt konf

20.05.2024Nur Groenewegen in Tongeren schneller als Ballerstedt

(rsn) – Maurice Ballerstedt (Alpecin – Deceuninck) hat bei der Ronde van Limburg (1.1) nur knapp seinen ersten Profisieg verpasst. Der 23-jährige Berliner musste sich bei dem belgischen Eintagesr

20.05.2024Weniger Stürze mit Hilfe von Künstlicher Intelligenz?

(rsn) - Der Radsport wird technologisch immer ambitionierter. Das betrifft etwa die Materialentwicklung. Fünf Ingenieure sitzen etwa bei Colnago ganzjährig daran, die Arbeitsgeräte von Tadej Pogaca

20.05.2024Bora - hansgrohe: In der dritten Giro-Woche alle für Martinez

(rsn) – Bisher läuft der 107. Giro d´Italia für Daniel Felipe Martinez (Bora – hansgrohe) voll nach Plan. Der Neuzugang aus Kolumbien hat sich bei der ersten Grand Tour des Jahres voll auf die

20.05.2024Quinn und Faulkner gewinnen US-Meisterschaften im Straßenrennen

(rsn) - Gianni Vermeersch (Alpecin – Deceuninck) hat sich bei einem Sturz im Verlauf des Port Epic eine Fraktur des Ellenbogens zugezogen, wie sein Team auf der Plattform X mitteilte. Der Belgier mu

20.05.2024Vollering will nach “großartigem Mai“ ihre Form weiter verbessern

(rsn) – Nachdem sie lange auf ihren ersten Saisonsieg hatte warten müssen, ist bei Demi Vollering (SD Worx – Protime) in Spanien der Knoten geplatzt. Innerhalb von gerade mal drei Wochen entschie

20.05.2024Mattheis: Nach acht Jahren Pause ein spätes Comeback

(rsn) – Sonderlich viele Kontinental-Jahre hat Oliver Mattheis (Bike Aid) noch nicht auf dem Buckel. Dies liegt auch daran, dass der heute 29-Jährige seine aktive Radsportkarriere in seiner zweiten

RADRENNEN HEUTE

    WorldTour

  • Giro d´Italia (2.UWT, ITA)
  • Radrennen Männer

  • Tour d´Algérie (2.2, DZA)