Brite gewinnt Fléche Wallonne vor Vauquelin

Williams genießt Regen und Kälte und triumphiert an der ´Mur´

Von Kevin Kempf

Foto zu dem Text "Williams genießt Regen und Kälte und triumphiert an der ´Mur´"
Stephen Williams (Israel - Premier Tech) hat den 88. Flèche Wallonne gewonnen. | Foto: Cor Vos

17.04.2024  |  (rsn) – In einer wahren Regenschlacht kämpfte sich Stephen Williams (Israel - Premier Tech) beim 88. Flèche Wallonne an der berühmten Mauer von Huy als Erster über den Zielstrich. Beim zweiten Ardennenklassiker, den aufgrund der extremen Kälte viele Fahrer aufgaben, wurde der Franzose Kevin Vauquelin (Arkea – B&B Hotels) nach knapp 200 Kilometern von Charleroi nach Huy zeitgleich mit dem Briten Zweiter.

Der Belgier Maxim van Gils (Lotto – Dstny) komplettierte drei Sekunden hinter dem Sieger das Podium. Vauquelins Landsmann Benoit Cosnefroy (Decathlon – AG2R La Mondiale) wurde vor dem Kolumbianer Santiago Buitrago (Bahrain Victorious) Vierter.

Eingewickelt in eine dicke Jacke und kreidebleich starrte Williams mit leerem Blick in die Ferne, bevor er im Ziel-Interview den größten Erfolg seiner bisherigen Karriere kommentierte. “Was für ein Tag. Was für ein Tag“, lauteten seine ersten, fast ungläubigen Worte. Schneeregen, Kälte und eisiger Wind hatten den Fahrern zu schaffen gemacht, nur 44 erreichten das Ziel, darunter als einziger Bora-hansgrohe-Profi Roger Adria, der mit 43 Sekunden Rückstand Rang 26 belegte.

Skjelmose und Hirschi steigen zitternd vor Kälte aus

“Ich kann nicht glauben, dass ich gerade den Flèche gewonnen habe. Ich habe das Rennen jahrelang angeschaut und wollte schon immer hier einmal mit guten Beinen dabei sein“, so der der 27-jährige Williams, dessen Meinung zu den Witterungsbedingungen nicht viele seiner Kollegen zugestimmt haben dürften.

“Ich genieße es, bei so einem Wetter zu fahren. Jetzt den Sieg geholt zu haben, das macht mich einfach überglücklich. Die Jungs haben mich den ganzen Tag unterstützt“, so der Schotte, der als einziger Fahrer seiner Mannschaft das Ziel sah. Sein nomineller Kapitän Dylan Teuns war schon bei der zweiten von vier Passagen an der Mur vom Rad gestiegen. Mit Mattias Skjelmose (Lidl – Trek), Tom Pidcock (Ineos Grenadiers) und Marc Hirschi (UAE Team Emirates) taten es ihm weitere Favoriten in jenem Moment gleich.

Schon bei der vorletzten Überfahrt zeigte Williams, dass er an diesem denkwürdigen Tag die wohl besten Beine hatte. Im bis zu 20 Prozent steilen Schlussanstieg ließ er seine Konkurrenten dann 250 Meter vor dem Ziel stehen. “Die Straße vor mir war versperrt, beim 300-Meter-Schild hat sich dann eine Lücke aufgetan und ich dachte, dass das meine Chance ist. Ich habe angetreten und so fünf bis zehn Sekunden zwischen mich und die Gruppe gebracht“, blickte er auf die letzten Meter zurück.

Mit dem Ziel schon vor Augen wurde es dann aber doch noch spannend, denn Vauquelin kam mächtig auf, während Williams sich etwas übernommen hatte. “Ich habe mich umgeschaut, denn die Beine waren leer. Aber ich bin einfach froh, dass ich es durchziehen konnte. Ich bin völlig kaputt. Und mir fehlen die Worte. Es ist ein harter Sport. Radrennen zu gewinnen ist schwer, gerade bei den Klassikern“, bilanzierte Williams, der seinen zwölften Sieg als Profi und nach der Gesamtwertung sowie einem Tageserfolg bei der Tour Down Under (2.UWT) seinen dritten des Jahres feierte.

Von den deutschsprachigen Fahrern, darunter auch Alpecin-Neuzugang Juri Hollmann, erreichte keiner das Ziel.

So lief der Flèche Wallonne:

Unmittelbar nach dem Start lösten sich Lilian Calmejane (Intermarché – Wanty), Alan Jousseaume (TotalEnergies), James Whelan, Txomin Juaristi (Euskaltel – Euskadi), Johan Meens (Bingoal – WB) und Igor Chzhan (Astana Qazaqstan) vom Feld. Rund 100 Kilometer vor dem Ziel sorgte Schneeregen für extreme Bedingungen, wenig später musste Jousseaume seine Weggefährten ziehen lassen.

Das gleiche Schicksal ereilte 25 Kilometer später auch Whelan und Chzhan. Zu diesem Zeitpunkt lag das Peloton allerdings nur noch 25 Sekunden zurück. Dort sorgte EF Education – EasyPost mit hohem Tempo dafür, dass die ehemaligen Flèche-Sieger Dylan Teuns (Israel - Premier Tech) und Marc Hirschi (UAE Team Emirates) sowie weitere Favoriten wie David Gaudu (Groupama – FDJ) und Pello Bilbao (Bahrain Victorious) zurückfielen. Weitere fünf Kilometer später wurden auch die restlichen Ausreißer eingeholt.

Nur noch rund 40 Fahrer gingen auf die letzten 70 Kilometer, vor der nächsten Passage der Mur wuchs das Feld aber wieder auf die rund doppelte Anzahl an Profis an, ehe im Anstieg unter anderem Mattias Skjelmose (Lidl – Trek) und Hirschi unterkühlt ausstiegen. Amstel-Sieger Tom Pidcock (Ineos Grenadiers) wurde abgehängt, letztlich blieben 60 Kilometer vor dem Ziel noch rund 30 Fahrer an der Spitze übrig.

Das Streckenprofil des 88. Flèche Wallonne der Männer | Foto: ASO

Kurz darauf setzte sich Sören Kragh Andersen (Alpecin - Deceuninck) mit einer Attacke schon weit vor dem Ziel geschwind ab. Maximal 1:25 Minuten fuhr der Däne heraus und mit diesem Vorsprung nahm er auch die dritte und vorletzte Passage über der Mur in Angriff. Im Feld löste sich hier erstmals Williams und holte 20 Sekunden auf den Spitzenreiter auf. Zum Schotten schlossen Buitrago, Vauquelin, van Gils und Richard Carapaz (EF Education – EasyPost) auf.

16 Kilometer vor dem Ziel musste das Quintett aber die Waffen strecken. Das lag vor allem an Uno-X Mobility, das in fast voller Teamstärke die Verfolgung organisierte und zwei Kilometer später schließlich auch Andersen einholte.

Anschließend übernahm Johannes Staune-Mittet (Visma – Lease a Bike) bis zum Fuß des Schlussanstiegs die Führungsarbeit. Im unteren Teil der 1,3 Kilometer langen ’Mur‘ schlugen verschiedene Fahrer ein hohes Tempo ein, ehe Williams 250 Meter vor dem Ziel angriff und sofort ein große Lücke riss.

Doch der sicher geglaubte Sieg geriet nochmals in Gefahr, weil dem Israel-Profi die Kräfte ausgingen und Vauquelin stark aufkam – doch der Franzose schaffte es nicht mehr, die Lücke zu schließen und musste sich zeitgleich hinter Williams mit Rang zwei begnügen.

Results powered by FirstCycling.com

Mehr Informationen zu diesem Thema

19.04.2024Skjelmose erklärt seine Unterkühlung beim Flèche Wallonne

(rsn) - "Skjelmose wird hier gerade vom Rad getragen und ist vollkommen am Zittern. Komplett kalt. Komplett im Arsch", hieß es nach einem Augenzeugenbericht unseres Mannes vor Ort am Mittwoch in unse

18.04.2024Hartmann: Aus “nur durchkommen“ wurden 74 km an der Spitze

(rsn) – Elena Hartmann bekam ihre völlig durchnässten Handschuhe kaum mehr von ihren frierenden Fingern. Als die 33-Jährige vom Team Roland oben auf der Mur de Huy 5:41 Minuten nach Siegerin Kata

18.04.2024Extrembedingungen beim Flèche, aber kein Schlechtwetterprotokoll

(rsn) – Zwei Rennen unter Extrembedingungen hart an der Grenze des Schlechtwetterprotokolls der UCI bot der Flèche Wallonne am Mittwoch: Nachdem beim Start der Männer um 11:15 Uhr in Chareleroi no

18.04.2024Trotz wenig Schlaf: Benoot holt ein “exzellentes Ergebnis“

(rsn) – Vor dem Start des 88. Flèche Wallonne in Charleroi hatte Tiesj Benoot (Visma – Lease a Bike) noch mehr über die Geburt von Töchterchen Loes gesprochen, die am Abend zuvor zur Welt gekom

17.04.2024Highlight-Video des 27. Flèche Wallonne Femmes

(rsn) – Nach einem dritten (2017) und einem zweiten Platz (2021) hat Kasia Niewiadoma (Canyon – SRAM) erstmals in ihrer Karriere den Flèche Wallonne Femmes gewonnen. Bei der 27. Ausgabe des Arden

17.04.2024“Auf dieses Wetter vorbereitet“: Uno-X imponiert beim Flèche

(rsn) – Ineos Grenadiers, UAE Team Emirates und Jayco – AlUla brachten keinen ihrer einzigen Fahrer ins Ziel der 88. Ausgabe des Flèche Wallonne (1.UWT), bei neun weiteren Teams beendete nur jewe

17.04.2024Highlight-Video des 88. Flèche Wallonne

(rsn) – Auch Kälte und Regen konnten ihn nicht stoppen: Stephen Williams (Israel - Premier Tech) hat beim Flèche Wallonne den größten Erfolg seiner Karriere eingefahren. Der 27-jährige Brite ge

17.04.2024Nach fast fünf Jahren bricht Niewiadoma an der ´Mur´ den Bann

(rsn) – Fast fünf Jahre musste Kasia Niewiadoma (Canyon – SRAM) auf den 19. Sieg ihrer Profikarriere warten. Bei der 27. Ausgabe des Flèche Wallonne Femmes war es soweit. Nach 146 Kilometern mit

17.04.2024Benoot: “Muss meine Energie heute von woanders hernehmen“

(rsn) - Tiesj Benoot (Visma – Lease a Bike) startet heute beim 88. Flèche Wallonne. Ob der Belgier beim zweiten der drei Ardennenklassiker allerdings im Vollbesitz seiner Kräfte sein wird, darf be

17.04.2024Vlasov: “Wenn alles in Stücke zerfällt, muss ich mitgehen“

(rsn) - Mit dem Flèche Wallonne steht am Mittwoch der ’kleinste‘ der drei Ardennenklassiker auf dem Programm. Die 88. Austragung des ´Wallonischen Pfeils´, der in Charleroi beginnt und nach 19

17.04.2024Ludwig: “Vielleicht wird der Wind einer Gruppe in die Karten spielen“

(rsn) – Erstmals in der Geschichte des Flèche Wallonne starten die Frauen nach den Männern. Auf den 146 Kilometern rund um Huy müssen sieben kategorisierte Anstiege bewältigt werden, die berühm

16.04.2024Es gilt nur eins: Wer erklimmt die Mur de Huy am schnellsten?

(rsn) – Sieben Mal Anna van der Breggen, fünf Mal Marianne Vos, fünf Mal Alejandro Valverde und drei Mal Julian Alaphilippe: Kein Rennen wurde in den letzten 20 Jahren so oft von denselben Fahreri

Weitere Radsportnachrichten

17.05.2024Vollering auch in Burgos die beste Bergfahrerin

(rsn) - Demi Vollering (SD Worx – Protime) hat die 2. Etappe der Vuelta a Burgos Feminas (2.WWT) gewonnen. Nach 123 Kilometern war sie auf dem Alto de Rosales vier Sekunden schneller als Evita Muzi

17.05.2024Milan: “…aber das Finale ist kompliziert“

(rsn) – Nach topografischen Schwierigkeiten sucht man auf der 13. Etappe des 107. Giro d’Italia vergeblich. Auf den 179 Kilometern zwischen Riccione und Cento werden die Sprinter erneut eine Chanc

17.05.2024Brand und Co. stoppen bei Sturzopfern und verlieren viel Zeit

(rsn) – Nach dem schweren Sprint-Crash im Finale der 1. Etappe der Vuelta a Burgos Femina haben vier Fahrerinnen angehalten, um nach den Gestürzten Elisa Balsamo (Lidl – Trek) und Sofia Bertizzol

17.05.2024Bertizzolo bricht sich bei Sprint-Crash in Burgos den Arm

(rsn) – Neben Elisa Balsamo (Lidl – Trek) hat sich auch das zweite Opfer des furchtbaren Sturzes im Sprint-Finale der 1. Etappe bei der Vuelta a Burgos Femina Knochenbrüche zugezogen: Sofia Berti

17.05.2024Der große Befreiungsschlag des Julian Alaphilippe

(rsn) - Die Freude war riesig beim Rennstall Soudal – Quick-Step. Das gesamte Wolfsrudel – Eigenwerbung des etwas rustikal veranlagten Teamchefs Patrick Lefevere – war unterhalb der Siegertribü

17.05.2024Radsport live im TV und im Ticker: Die Rennen des Tages

(rsn) – Welche Radrennen finden heute statt? Wo und wann kann man sie live im Fernsehen oder Stream verfolgen? Und wo geht´s zum Live-Ticker? In unserer Tagesvorschau informieren wir jeden Morgen

16.05.2024Ohne Hindernisse durch die Po-Ebene

(rsn / ProCycling) – Vor etwa 15 Jahren gab es bei den großen Rundfahrten noch eine Handvoll Etappen, die kaum sehenswert waren – lange und langweilige Sprintetappen, die scheinbar kein Ende nahm

16.05.2024Algerien: Sarnowski hätte “das Ding auch holen können“

(rsn) - Tillman Sarnowski (Embrace The World) hat wie am Vortag, so auch auf der 5. Etappe der Algerien-Rundfahrt (2.2) den zweiten Rang herausgefahren. Im Sprint nach 129 Kilometern in Bouira musste

16.05.2024Van Bondt: “Unglaublich, was Julian gemacht hat“

(rsn) – Die 12. Giro-Etappe entwickelte sich zum erwarteten Tag der Ausreißer und speziell der des Julian Alaphilippe (Soudal – Quick Step). Nach einem Tagessieg bei der Vuelta a Espana sowie sec

16.05.2024Balsamo mit Gehirnerschütterung und Frakturen

(rsn) – Elisa Balsamo (Lidl – Trek) hat sich bei ihrem schweren Sturz auf der 1. Etappe der Vuelta a Burgos Feminas (2.WWT) Frakturen und eine Gehirnerschütterung zugezogen. Das gab ihr Team am A

16.05.2024Hellas: Ritzinger erst ganz hinten und dann mit Doppelschlag

(rsn) – Beim zweigeteilten Auftakt der Tour of Hellas (2.1) war Felix Ritzinger (Felt - Felbermayr) als Vierter des Einzelzeitfahrens und mit dem auf der zweiten Halbetappe hauchdünn verpassten Ber

16.05.2024Bennet bejubelt zweiten Sieg in Folge, Ackermann Fünfter

(rsn) – Mit seinem zweiten Sieg in Folge hat Sam Bennett (Decathlon – AG2R La Mondiale) seine Führung bei der 4 Tagen von Dünkirchen (2.Pro) ausgebaut. Der 33-jährige Ire entschied die 3. Etapp

RADRENNEN HEUTE

    WorldTour

  • Giro d´Italia (2.UWT, ITA)
  • Radrennen Männer

  • 4 Jours de Dunkerque / Grand (2.Pro, FRA)
  • Tour d´Algérie (2.2, DZA)
  • Tour of Hellas (2.1, GRE)
  • Tour of Sakarya (2.2, TUR)