Bichlmanns Tour du Faso-Tagebuch

Das Rennen auf der Felge zu Ende gefahren

Von Daniel Bichlmann und Dominik Merseburg

Foto zu dem Text "Das Rennen auf der Felge zu Ende gefahren"
Daniel Bichlmann bei der Tour du Faso | Foto: Bichlmann

02.11.2021  |  p> (rsn) - Auf der 4. Etappe standen zwischen Laye und Ouahigouya 156km auf dem Programm. Es ging dabei in den nördlichsten Teil des zentralafrikanischen Binnenlandes. Hier in der staubtrockenen Savanne war die größte Hitze zu erwarten. Gegen sieben Uhr morgens machten sich die 76 verbliebenen Rennfahrer mit zwei Busen (insgesamt 70 Sitzplätze) nach einer kurzen "Reise nach Jerusalem“ als Teil des Riesen-Konvois aus den Busen, Renndienstwägen, Offiziellen, Krankenwägen, Presse, Sicherheitsdienst und vielen mehr auf in Richtung Norden.

Nach etwa einer Fahrstunde waren wir also am Startort des heutigen vierten Tagesabschnitts angekommen. Uns fällt die Totenstille auf. Die Sonne glüht und zaubert Hitzewellen über das Land, in denen alles zu vibrieren scheint. Das Peloton und Fahrzeuge muten an, als hüpfen sie in der Hitze und erscheinen grotesk verzerrt. Definitiv eine scheinbar ungeeignete Umwelt für ein Radrennen.

Ein leichter Wind aus Westen war Motivation genug für alle Belgier und Holländer ihr Glück mit einer direkt nach dem Start eröffneten Windkante zu versuchen. Nie gelang es das Feld tatsächlich zu teilen, dennoch empfand ich es als angenehm kontrolliert, mit durch die Reihe zu gehen, um den Sicherheitsfaktor des Blickes nach vorne zu nutzen.

Die 50 Rennkilometer zwischen zwei Sprintwertungen waren eine reine Buckelpiste, die lediglich einige "Sektoren“ besseren Untergrunds aufwies. Die Richtung sollte sich pfeilgerade über die komplette Distanz kein wenig ändern. Ein mit äußerster Härte ausgefahrenes Finale über die letzten 25 Kilometer ließ nach dem Zieleinlauf jegliche Teamzugehörigkeit oder Nationalität bedeutungslos werden. Kalte Getränke und Eis wurde regelrecht aus allen Kühlboxen geplündert. Bei Temperaturen um die 45 Grad sind alle Regeln Makulatur!

Auch wenn es heute nicht ganz einfach war, sind wir immer noch vollzählig im Rennen und guter Dinge weiterhin aktiv als einwandfrei funktionierende Truppe erfolgreich zu sein und ein besondere Zeit gemeinsam zu verbringen.

Welch Schicksal einen Rennfahrer am Ende des Rennens ereilen kann schildert euch nun in einem kurzem Gastbeitrag mein Zimmer- und hitzegeplagter Leidensgenossen Dominik Merseburg:

Nach drei guten Etappen hier für mich persönlich erlebte ich heute einen der schlimmsten Tage auf dem Rad. Knapp 90km lief alles gut: Gruppe raus, wir (nach langem Kampf) doppelt dabei. Im Feld alles im Griff. Dann wurde mir der vorher angekündigte sehr schlechte Belag von Rennkilometer 50 bis 110 zum Verhängnis. Hinterrad platt und kein Auto mehr dahinter, neutrales Fahrzeug Fehlanzeige, glücklicherweise hielt das Embrace The World -Auto und bot mir Hilfe an. Erste Ernüchterung: Scheibenbremse.

Wir wechselten ohne entsprechendes Werkzeug den Schlauch. Dieser platzte leider, da der Reifen seitlich aufgeschnitten war. Der zweite Versuch gelang dann mit anderem Reifen. Beim Einspannen des Hinterrades offenbarte sich das nächste Problem. Das Laufrad hatte eine riesige Acht, eine Speiche war gerissen, es schleifte an der Ketten- und Sitzstrebe meines Stradalli Boliden. Hilft ja nichts, ich musste los. Ich wusste zwar um reichlich Karenzzeit, aber gefühlt stand ich schon Ewigkeiten am Straßenrand. Es lief "geht so“-gut, aber ich bemerkte bald viel Abrieb an der Strebe. Es hielt erstaunlich lange, aber die entstehende Hitze ließ den Schlauch irgendwann platzen.

Ohne Alternativen fuhr ich das Rennen auf der Felge zu Ende mit reichlich Rückstand zwar, aber Hauptsache noch irgendwie dabei. Morgen kann’s nur besser werden. Merci nochmal ans Team ETW, ohne die heute alles verloren gewesen wäre. Viele Grüße nach Zentraleuropa! Jetzt haben wir also die längste, die "bergigste“ und die (hoffentlich) heißeste Etappe bereits gemeistert.

Mal schauen was noch kommt…

Viele Grüße
Daniel und Dominik

Mehr Informationen zu diesem Thema

23.11.2021Schlaglöcher, neue Freunde und ein unerwünschtes Souvenir

(rsn) - Die seit 1987 ausgetragene Tour du Faso ist Afrikas größtes Radrennen und gilt als kleinere - und sympathischere - Tour de France! Aber wollte ich das wirklich? Nochmal diese Strapazen wie

10.11.2021“Ich bin unerwartet auf meinen persönlichen Olymp geklettert“

(rsn) - Mit dem Gesamtsieg bei der Tour du Faso hat Daniel Bichlmann den größten Erfolg seiner Laufbahn gefeiert. Gegenüber radsport-news.com äußerte sich der 33-Jährige von den Maloja Pushbiker

08.11.2021Es ist vollbracht!

(rsn) - Leider habe ich gestern wirklich keine freie Minute gefunden, meinen Triumph zu genießen oder gar Tagebuch zu führen. Erst auf dem Heimflug konnte ich nochmals einige Gedanken sammeln und mÃ

06.11.2021Das Gelbe Trikot bleibt fest auf meinen Schultern

(rsn) - Morgens alles wie immer. Ich frühstücke alleine auf meinem Zimmer auf dem Schaumstoff-Stück, das als Matratze dient. Haferflocken mit Wasser und etwas Eiweißpulver gibt es. Kulinarisch ei

06.11.2021Ausreißer-Tag spielt Bichlmann in die Karten: Führung verteidigt

(rsn) - In der Rubrik Ergebnisse liefern wir in kompakter Form und unmittelbar nach Zieleinlauf einen kurzen Überblick über die Ergebnisse der wichtigsten UCI-Rennen unterhalb der WorldTour.Tour du

06.11.2021Das Undenkbare - der Gesamtsieg - ist zum Greifen nahe

(rsn) - 05:15 Uhr - üblicher früher Weckruf durch unseren sportlichen Leiter „JJ“. Selbst einen Wecker stellen würde keinen Sinn machen - der Tagesplan obliegt bis in die Nacht aus unerfindlic

05.11.2021Von der 15.000-Euro-Maschine zum selbstgebauten Holz-Auflieger

(rsn) - "Sind die bescheuert?" Mein erster Gedanke des Tages. Noch schläfrig mit halbgeöffneten Augen, dann aber auch anstelle eines "Guten Morgen" so ausgesprochen. 34 Grad hat es draußen - im Zim

05.11.2021Bichlmann rückt im Teamzeitfahren auf Gesamtrang 4 vor

(rsn) - In der Rubrik Ergebnisse liefern wir in kompakter Form und unmittelbar nach Zieleinlauf einen kurzen Überblick über die Ergebnisse der wichtigsten UCI-Rennen unterhalb der WorldTour. Tour d

03.11.2021Es wurde mit Rädern regelrecht aufeinander eingedroschen

(rsn) - Früh morgens um halb sechs schlemme ich mich durch alle Leckereien: Vollkornbrot, Erdnussbutter, Nutella, Porridge mit Apfelmus, Café mit Sahne. Natürlich alles selbst von zu Hause mitge

02.11.2021Dank des Einmaleins des Sprints den Sieg eingefahren

(rsn) - Höt esch de Start mou usnahmswis früecher gse aus ahköndet. Im Jan Freuler wär das fasch zom verhängniss worde. Chorz vorem Start heder no mösse ofs Ersatzvelo wächsle, wöu ah sim eig

01.11.2021Bichlmann mit nächster Spitzenplatzierung

(rsn) – In der Rubrik Ergebnisse liefern wir in kompakter Form und unmittelbar nach Zieleinlauf einen kurzen Überblick über die Ergebnisse der wichtigsten UCI-Rennen unterhalb der WorldTour. Tou

01.11.2021Eine Schar Journalisten hatte mir schon zum Sieg gratuliert...

(rsn) - Auch zur 3. Etappe klingelte der Wecker früh (05:30 Uhr). Routiniert machten wir uns alle fertig für das Teilstück, das von Dedougou nach Koudougou über 142 Kilometer führte. Gestartet

Weitere Radsportnachrichten

26.04.2024Van den Broek nach Sieg auf Königsetappe neuer Spitzenreiter

(rsn) – Mit seinem Sieg auf der Königsetappe hat Frank van den Broeck (dsm-firmenich – PostNL) die Führung im Gesamtklassement der 59. Türkei Rundfahrt (2.Pro) übernommen. Der 23-jährige Nie

26.04.2024Türkei: Van Poppel zur Königsetappe nicht mehr angetreten

(rsn) – Danny van Poppel (Bora – hansgrohe) ist nicht mehr zur Königsetappe der Türkei-Rundfahrt angetreten. Wie sein Team auf X meldete, haben sich der Niederländer am Morgen unwohl gefühlt.

26.04.2024Die Startliste des Einzelzeitfahrens der Tour de Romandie

(rsn) – Der Belgier Stan Van Tricht (Alpecin – Deceuninck) eröffnet um 14.24 Uhr das Einzelzeitfahren der 77. Tour de Romandie, bei dem rund um Oron 15,5 Kilometer auf dem Programm stehen. Die S

26.04.2024Vollering, ´ELB´ & Niewiadoma kämpfen um erste GT der Saison

(rsn) – Die erste Grand Tour der Saison beginnt nicht erst am 4. Mai in Italien, sondern bereits am Sonntag in Valencia. Zugegeben: Die Vuelta Espana Femenina (28. April - 5. Mai) ist keine dreiwöc

26.04.2024Evenepoel nach schwerem Sturz auf dem Weg zurück

(rsn) – Drei Wochen nach seinem schweren Sturz bei der Baskenland-Rundfahrt hat Remco Evenepoel (Soudal – Quick-Step) erstmals wieder im Freien trainiert. Wie der Zeitfahrweltmeister auf der Train

26.04.2024Vermeersch von Lotto - Dstny zum UAE Team Emirates?

(rsn) - In unserem ständig aktualisierten Transferticker informieren wir Sie regelmäßig über Personalien aus der Welt des Profiradsports. Ob es sich um Teamwechsel, Vertragsverlängerungen oder RÃ

26.04.2024Radsport live im TV und im Ticker: Die Rennen des Tages

(rsn) – Welche Radrennen finden heute statt? Wo und wann kann man sie live im Fernsehen oder Stream verfolgen? Und wo geht´s zum Live-Ticker? In unserer Tagesvorschau informieren wir jeden Morg

25.04.2024Highlight-Video der 2. Etappe der Tour de Romandie

(rsn) – Thibau Nys (Lidl – Trek) hat auf der 2. Etappe der Tour de Romandie (2.UWT) seinen bisher größten Sieg auf der Straße gefeiert. Der 21-jährige Belgier setzte sich über 171 Kilometer

25.04.2024Die Aufgebote für den 107. Giro d´Italia

(rsn) – Am 4. Mai beginnt in Venaria Reale nördlich von Turin mit dem Giro d’Italia (2.UWT) die erste Grand Tour des Jahres. Insgesamt 176 Fahrer aus 22 Teams nehmen die 107. Ausgabe der Italien-

25.04.2024Teutenberg jubelt zum Auftakt der Tour de Bretagne

(rsn) - Nachdem er in seinen ersten drei U23-Jahren vergeblich einem UCI-Sieg hinterhergejagt war, eilt Tim Torn Teutenberg (Lidl - Trek Future Racing) in dieser Saison von Erfolg zu Erfolg. Nach sei

25.04.2024Lechner sorgt für den ersten UCI-Saisonsieg einer Deutschen

(rsn) – Corinna Lechner vom Bundesliga-Team Wheel Divas aus Berlin hat für den ersten Saisonsieg einer deutschen Frau auf UCI-Niveau gesorgt. Die 29-Jährige, die am 14. April bereits Dritte beim e

25.04.2024Romandie-Prologsieger Zijlaard bricht sich Ellenbogen

(rsn) – Nur zwei Tage nach seinem Triumph im Prolog der Tour de Romandie (2.UWT) hat Maikel Zijlaard (Tudor) einen heftigen Rückschlag hinnehmen müssen. Wie der 24-jährige Niederländer gegenüb

RADRENNEN HEUTE

    WorldTour

  • Tour de Romandie (2.UWT, SUI)
  • Radrennen Männer

  • Presidential Cycling Tour of (2.Pro, TUR)
  • Gracia Orlová (2.2, CZE)
  • Tour de Bretagne (2.2, FRA)
  • Tour of the Gila (2.2, USA)